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HauptseiteBänder4JahresübersichtII. Aussenwirtschaftspolitik

Volltext

2.1. Bankeninitiative

1Die Bankeninitiative der SP, von entwicklungspolitischen Kreisen unterstützt, wurde in der Abstimmung klar verworfen. Eine Analyse des Ergebnisses zeigt den Zusammenhang Information/Stimmverhalten.

2Am 20. Mai 1984 hat das Schweizer Volk die Bankeninitiative (Initiative gegen den Missbrauch des Bankengeheimnisses und der Bankenmacht) abgelehnt. Bei einer Stimmbeteiligung von 41,9 Prozent wurde die Initiative mit einer Nein-Mehrheit von 73 Prozent klar verworfen.

3Die 1979 von der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz eingereichte Bankeninitiative verlangte eine Lockerung des Bankgeheimnisses in Steuer- und Strafsachen, eine schärfere Kontrolle der Banken und eine Versicherung für Guthaben von Bankkunden. Die Initiative verfolgte u.a. auch entwicklungspolitische Ziele. Sie wollte die Rechtshilfe an ausländische Staaten auf Steuer- und Währungsdelikte ausweiten. Diese Bestimmung richtete sich gegen Fluchtgelder aus anderen Ländern und insbesondere aus der Dritten Welt.

4Die Initianten erhielten deshalb von Beginn weg Unterstützung von der Aktion Finanzplatz Schweiz – Dritte Welt, in der verschiedene Hilfswerke und entwicklungspolitische Organisationen zusammengeschlossen sind. Die Initiative wäre geeignet, den Teufelskreis von Kapitalflucht und Verschuldung zu durchbrechen, argumentierte die Aktion Finanzplatz. Auch die Arbeitsgemeinschaft Swissaid / Fastenopfer / Brot für Brüder / Helvetas bewertete die Bankeninitiative insofern positiv, „als sie die Auskunftspflicht der Banken gegenüber den Behörden erweitert und die internationale Rechtshilfe auch auf Steuer- und Währungsdelikte ausdehnt”.

5Ein kurz vor der Abstimmung gegründeter Arbeitskreis Zusammenarbeit Schweiz – Dritte Welt wandte sich hingegen gegen die Initiative. Eine Annahme hätte zur Folge, „dass beträchtliche Geldsummen aus der Schweiz ins Ausland abfliessen beziehungsweise gar nicht mehr in die Schweiz gebracht würden. Damit aber würden der Schweiz weniger Mittel zur Verfügung stehen, was zur Verteuerung der Kredite führen müsste. Davon wären ganz besonders die Drittweltstaaten hart betroffen”, führte der Arbeitskreis aus.

6Die Schätzungen über den Umfang von Fluchtgeldern aus der Dritten Welt, die sich in der Schweiz befinden, gehen weit auseinander. Der Schweizerische Evangelische Kirchenbund rechnet in einer Studie mit einer jährlichen Kapitalflucht aus Entwicklungsländern in die Schweiz von ein bis zwei Mia Franken. Die katholische Kommission Justitia et Pax kommt auf etwa zwei Mia. Der Hauptdirektor der Schweizerischen Kreditanstalt, Hans J. Mast, bezifferte die Konto- und Treuhandeinlagen von Privaten aus der Dritten Welt auf maximal zehn Mia Franken.

7Die Aktion Finanzplatz Schweiz – Dritte Welt schätzte hingegen die Fluchtgelder in der Schweiz, die aus Entwicklungsländer stammen, auf über 100 Mia Fr. Sie berücksichtigte dabei nicht nur die Kontoeinlagen (rund 10 Mia Fr.) und Treuhandgelder (rund 35 Mia), sondern auch Wertschriftendepots (rund 40 Mia) sowie über Strohmänner eingeflossene Summen (rund 35 Mia Fr.)

Analyse des Abstimmungsergebnisses

8Mit einer nachträglichen Befragung einer repräsentativen Gruppe von Stimmberechtigten gaben das Forschungszentrum für schweizerische Politik an der Universität Bern und die Schweizerische Gesellschaft für praktische Sozialforschung näheren Aufschluss über das Abstimmungsergebnis. Laut dieser Vox-Analyse war nur ein Drittel der Urnengänger gut über die Vorlage informiert. Je besser sie informiert waren, um so eher stimmten sie ja. Auch wurde die Bankeninitiative verworfen, obschon die Mehrheit der Stimmberechtigten die meisten ihrer Grundanliegen gutheisst.

9Laut dieser Analyse befürworten 60 Prozent Massnahmen gegen den Zufluss von Fluchtgeld aus dem Ausland. Sogar die Sympathisanten der bürgerlichen Parteien stellen sich zu 58 Prozent hinter dieses Anliegen.

10Die Frage der internationalen Solidarität war zwar nicht wichtigstes Motiv der Befürworter. Es haben aber 28 Prozent aus diesem Grund für die Initiative gestimmt. Bei 36 Prozent der Ja-Stimmen stand die inländische Steuergerechtigkeit im Vordergrund. 8 Prozent erstrebten eine Kontrolle der Bankenmacht. Ein Viertel der Befürworter äusserten sich undifferenziert.

2.2. Beitritt der Schweiz zu den Allgemeinen Kreditvereinbarungen

11Der Beitritt der Schweiz zu den Allgemeinen Kreditvereinbarungen führte zu einer Debatte über Währungs- und Entwicklungspolitik. Künftig sollen entwicklungspolitische Grundsätze bei währungspolitischen Entscheiden nicht unberücksichtigt bleiben.

12Der Bundesbeschluss über den Beitritt der Schweiz zu den Allgemeinen Kreditvereinbarungen (AKV) vom August 1983 führte sowohl ausserhalb des Parlamentes als auch im National- und Ständerat in der Winter-Session 1983 zu einer Kontroverse über die Vereinbarkeit von Währungs- und Entwicklungspolitik. (Zur Erweiterung der AKV und der Haltung der Schweiz vgl. Jahrbuch 83 und Jahrbuch 84, Kapital Internationale Finanzinstitutionen).

13Die Arbeitsgemeinschaft Swissaid / Fastenopfer / Brot für Brüder / Helvetas verlangte, dass die Nationalbank verpflichtet wird, bei jeder einzelnen AKV-Aktion zu prüfen, ob diese mit den Zielen der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit vereinbar ist. Die Erklärung von Bern trat grundsätzlich gegen einen Beitritt zur AKV ein. Es handle sich um einen „unmenschlichen, unsolidarischen und undemokratischen” Schritt, der einer Sanierungspolitik „auf dem Buckel der Aermsten” in der Dritten Welt Vorschub leiste. Die entwicklungspolitischen Kreise traten zudem dafür ein, dass der Beschluss dem fakultativen Referendum unterstellt werde.

Die Debatte im Parlament

14Die ausserparlamentarisch geführte Kontroverse schlug sich in den Debatten von National- und Ständerat nieder. In der Nationalratsdebatte stellte die POCH / PdA / PSA-Fraktion einen Nichteintretensantrag. Der Beitritt trage nichts zur Lösung der immensen Schuldenkrise der Dritten Welt bei, sondern leiste nur einer weiteren Verschärfung der Probleme Vorschub, führte der Fraktionssprecher an. Die Schweiz würde des weiteren den Internationalen Währungsfonds in seiner unsozialen Politik unterstützen sowie die Risiken der Privatbanken mit öffentlichen Geldern abdecken. Der Vertreter der NA / Vigilance-Fraktion trat ebenfalls für Nichteintreten ein. Die SP-Fraktion hatte für den Nichteintretensantrag Enthaltung ausgegeben. Einige Mitglieder der SP unterstützten den Nichteintretensantrag, der jedoch mit 22 Stimmen klar abgewiesen wurde. Entsprechend den Hilfswerk-Vorschlägen gab es im Nationalrat Aenderungsanträge gegenüber der Bundesrats-Vorlage. Lilian Uchtenhagen (SP/ZH) beantragte für eine Minderheit der Nationalratskommission, dass die Nationalbank ihre Zustimmung zur Aktivierung der AKV im Falle von Entwicklungsländern nur dann gibt, wenn die Bedingungen nicht den Zielen des Bundesgesetzes über internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe widersprechen.

15Elisabeth Blunschy (CVP/SZ) unterbreitete einen Eventualantrag mit einer „etwas milderen Fassung” für den Fall der Ablehnung des Antrages von Lilian Lichtenhagen. Danach sollte der Bundesrat und die Nationalbank verpflichtet werden, die Grundsätze der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit in jedem Fall geltend zu machen.

16Die beiden Anträge wollten verhindern, dass währungspolitische Massnahmen sich gegen Bestrebungen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit richten und ohne Rücksicht auf unsoziale Folgen für die armen Bevölkerungsschichten ergriffen würden.

17Die beiden Anträge von Lichtenhagen und Blunschy wurden abgelehnt. Auf sie entfielen 56 bzw. 60 Stimmen. Zustimmung fand der Antrag der Kommissionsmehrheit. Er verlangte, dass der Bundesrat in seiner Beitrittserklärung auf die Grundsätze der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit hinweise, die bei Aktionen zugunsten von Entwicklungsländern beachtet werden sollen. Mit diesem Zusatz wurde erstmals unmissverständlich der Zusammenhang zwischen den Sanierungsmassnahmen des Internationalen Währungsfonds und entwicklungspolitischen Aspekten anerkannt, nachdem dies jahrelang bestritten worden war.

18Unterlegen ist schliesslich in der Ratsdebatte der Antrag auf Unterstellung des Beitritts unter das fakultative Staatsvertragsreferendum.

19Der Ständerat ist den Beschlüssen des Nationalrates gefolgt. Oppositionslos übernahm er den Zusatz, wonach der Bundesrat anlässlich der Beitrittserklärung auf die Grundsätze schweizerischer Entwicklungszusammenarbeit hinweisen solle. Einen Antrag von Carl Miville (SP/BS) für die Unterstellung des Geschäfts unter das fakultative Referendum wies er gegen fünf Stimmen deutlich ab.

2.3. Revision des Asylgesetzes

20Unter dem Eindruck zunehmender und vermehrt aus Entwicklungsländern stammender Flüchtlingsströme in die Schweiz stimmte das Parlament einer Revision des Asylgesetzes zu. Zwei Motionen im Nationalrat und Ständerat fordern kurz darauf eine engere Gestaltung des Asylgesetzes. Das revidierte Asylgesetz ist seit dem 1. Juni 1984 in Kraft.

21Seit Oktober 1981 ist zum ersten Mal ein einheitliches Asylgesetz in Kraft. Die Zunahme der Asylgesuche seit 1980, mit der die Behandlung nicht Schritt halten konnte, veranlasste den Bundesrat in einer Botschaft vom Juli 1983, dem Parlament eine Revision dieses Gesetzes zu beantragen. Damit sollte der Kern des Asylgesetzes materiell nicht angetastet werden, die Anzahl der Asylgesuche und die Behandlungsdauer jedoch erheblich vermindert werden. Gegenwärtig dauert die normale Behandlung eines Asylgesuchs bis zu einem rechtsgültigen Entscheid 4-6 Jahre.

22In der Botschaft sind drei Massnahmenbündel ausgeführt, welche eine beschleunigte Behandlung der Asylgesuche erlauben sollen : administrative und organisatorische Massnahmen, Revision des Asylgesetzes, Erhöhung des Personalbestandes der zuständigen Bundesstellen.

23Bei der Revision geht es um die folgenden Hauptpunkte : Es wird auf die bisherige zweite Beschwerdeinstanz verzichtet. Künftig soll nur noch das EJPD und nicht mehr der Bundesrat letzte Beschwerdeinstanz sein. Ausserdem soll das Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) bei offensichtlich unbegründeten Fällen nach der Befragung auf Kantonsebene nur noch aufgrund von Akten entscheiden können.

24Ist ein Gesuch einmal rechtskräftig abgelehnt, soll die Wegweisung aus der Schweiz angeordnet werden. Von dieser wird abgesehen, wenn der zuständige Kanton dem Asylbewerber mit einer ordentlichen fremdenpolizeilichen Bewilligung Aufenthaltserlaubnis erteilt. Ist eine Wegweisung nicht möglich, erfolgt die Internierung in Form einer freien Unterbringung, unter bestimmten Voraussetzungen ist ev. auch eine geschlossene Internierung möglich.

25Während der Behandlung des Asylgesuchs wurde bisher in der Regel eine vorläufige unselbständige Erwerbstätigkeit erlaubt. Diese Arbeitsbewilligung kann künftig weiterhin erteilt werden, muss aber nicht die Regel sein.

26Neben dieser Revision wurde eine Erhöhung des Personals der zuständigen Bundesbehörden dem Parlament im Budget 1984 beantragt. Das Parlament hat 80 zusätzliche Stellen bewilligt.

Veränderte Flüchtlingsströme

27Hinter der notwendigen Revision des Asylgesetzes stand die Erhöhung und Veränderung der Flüchtlingsströme in die Schweiz und eine regional starke, ablehnende Haltung der Schweizer Bevölkerung gegenüber Flüchtlingsgruppen aus fremden Kulturen. Angesichts einer ebenfalls angespannten Arbeitsmarktsituation führte dies sogar zu xenophoben Reaktionen.

281980 stieg die Zahl der Asylgesuche erstmals über 3000, 1983 betrug sie 7886. Bis 1981 kam die grosse Mehrzahl der Asylbewerber – mit Ausnahme der asiatischen Flüchtlinge Mitte der 70er Jahre – aus osteuropäischen Staaten, 1983 kamen aus diesen Ländern noch 41 % aller Asylbewerber. Von Januar bis Ende August 1984 wurden 4854 Asylgesuche eingereicht. Davon stammen 1669 von Staatsangehörigen aus der Türkei, 727 aus Sri Lanka, 560 aus Zaire, 406 aus Chile und 236 aus Pakistan. Insgesamt wurden 74,1 % (3548) aller Asylgesuche in diesem Zeitraum von Staatsangehörigen dieser fünf Entwicklungsländer gestellt. Je über 500 Asylgesuche wurden in den vier Kantonen Basel-Stadt (891), Bern (728), Zürich (631) und Genf (544) eingereicht.

29Prozentual stark zugenommen haben Asylgesuche aus einzelnen Staaten Afrikas (Zaire) und Asiens (Türkei, Sri Lanka). Gleichzeitig hat sich die Motivation der Asylbewerber verändert. Sind den Flüchtlingen aus Osteuropa eindeutig politische Motive zuerkannt worden, so verbindet sich bei den Flüchtlingen aus Entwicklungsländern aufgrund des Nord/Süd-Gefälles eine Flucht vor politischer Verfolgung mit der Flucht aus einer Armutssituation.

30In der ausführlichen Diskussion im Nationalrat in der Wintersession 1983 wurde von der POCH / PdA / PSA-Fraktion ein Nichteintretensantrag auf die Vorlage gestellt. Bei den einer Revision zustimmenden Parteien wurde Kritik aus verschiedenen Gründen geübt. Während die SP sich gegen eine Abschwächung der Rechtsstellung der Asylbewerber wandte und für die Einführung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz eintrat, trat die Fraktion der NA / Vigilants für eine verstärkte Abschreckung der Asylanten durch eine strengere Prüfung auf mögliche Wirtschaftsflüchtlinge und durch die Ablehnung der Arbeitsmöglichkeit ein.

31Ein Antrag Kopp (FdP/ZH), welcher vom Nationalrat angenommen wurde, will die Kategorien der offensichtlich unbegründeten Gesuche in einer Verordnung abschliessend festlegen. Das revidierte Asylgesetz wurde vom Nationalrat mit 121 : 19 Stimmen und vom Ständerat in der gleichen Session einstimmig angenommen.

32Die Schweizerische Zentrale für Flüchtlingshilfe (SFH), die Dachorganisation der Schweizerischen Flüchtlingshilfswerke, hatte sich gegen die Revision ausgesprochen, die Erhöhung des Personals jedoch für erforderlich gehalten. Sie war insbesondere mit der Schwächung der Rechtsstellung der Asylbewerber durch die Revision nicht einverstanden.

Zweite Revision beantragt

33Nachdem im ersten Halbjahr 1984 sowohl die Zahl der Asylgesuche anstieg als auch die politische Diskussion und die Berichterstattung in den Medien sich weiter intensivierte, behandelten die Eidg. Räte in der Sommersession 1984 verschiedene Vorstösse zur schweizerischen Asylpolitik.

34Der Ständerat akzeptierte mit 19 : 16 Stimmen eine Motion Hefti (FdP/GL). Diese fordert die Ersetzung der Verpflichtung zur Asylgewährung, wenn die Voraussetzungen dazu erfüllt sind, durch die Möglichkeit zur Asylgewährung. Weiter soll den Anliegen der Kantone vermehrt Rechnung getragen werden. Das gegenwärtige Gesetz, so der Motionär, lade geradezu zu Missbräuchen ein. Bundesrat Friedrich war bereit, die Motion entgegenzunehmen. Er hielt von sich aus eine Revision für nötig, um die Attraktivität der Schweiz als Asylland zu vermindern. Eine starke Minderheit des Ständerats fand eine Revision für verfrüht und wollte vor allem am materiellen Gehalt des Asylgesetzes nicht ändern.

35Im Nationalrat gab eine Motion Lüchinger (FdP/ZH) zur Revision des Asylgesetzes, welche von 104 Mitunterzeichnern getragen wird, Anlass zur eingehenden Diskussion. Die Motion Lüchinger wünscht eine weitere Vereinfachung bei der Behandlung der Asylgesuche und eine grössere Kompetenz des Bundesrats bei der „Meisterung ausserordentlicher Situationen”. Sie wurde mit 89 : 52 Stimmen an den Bundesrat überwiesen. Gleichzeitig mit dieser Motion wurden weitere Motionen der Fraktion NA/Vigilants sowie eine Interpellation Hoffmann (SVP/BE) Asylantenflut” eingerecht, welche schärfere Massnahmen des Bundesrats gegen die wachsende Zahl von Asylgesuchen und eine Einengung des Flüchtlingsbegriffs verlangen. Diese Motionen wurden mit offensichtlichem Mehr abgelehnt. Eine Motion Günter (LdU/BE), welche gegen Schlepperorganisationen gerichtet ist, wurde als Postulat angenommen. In der Diskussion wandte sich die Fraktion der PDA/POCH/PSA gegen eine neuerliche Revision. Bundesrat Friedrich wollte bei einer zweiten Revision den Flüchtlingsbegriff nicht geändert wissen, die Attraktivität der Schweiz für die Asylbewerber jedoch mindern und eine bessere Verteilung der Asylbewerber auf die Kantone ermöglichen.

36Die SFH wandte sich in einem Brief an die Parlamentarier gegen eine zweite Revision des Asylgesetzes, schlägt jedoch Massnahmen innerhalb des geltenden Gesetzes zur schnelleren Behandlung der Gesuche vor und tritt weiterhin für eine Erhöhung des Personals der zuständigen Bundesstelle ein.

2.4. Exportrisikogarantie und Investitionsrisikogarantie

37Die Exportrisikogarantie (ERG) war 1983 erneut nicht selbsttragend und musste den Vorschuss des Bundes in Anspruch nehmen. Wachsende Zahlungsbilanzschwierigkeiten vieler Entwicklungsländer zeitigen hier Rückwirkungen. Die Lieferungen in die einkommensschwachen Länder konzentrieren sich auf wenige Länder. Für zwei umstrittene Grossprojekte in Mali und in der Türkei wurden Garantieverpflichtungen eingegangen. Die Investitionsrisikogarantie (IRG) wird weiterhin nur in geringem Umfang beansprucht.

38Die ERG, mit welcher die schweizerische Exportwirtschaft ihre Lieferungen gegen politische, Fabrikations- und Währungsrisiken versichern kann, hat 1983 wiederum mit einem Ausgabenüberschuss abgeschlossen. Dieser beträgt 239 Mio Fr. und ist damit das höchste bisher erreichte Defizit. Der Vorschuss des Bundes, welcher das laufende Defizit deckt, hat sich auf 349 Mio Fr. erhöht. Im Prinzip soll die ERG eigenwirtschaftlich arbeiten.

39Die gesamten Ausgaben der ERG beliefen sich 1983 auf 402 Mio Fr., die gesamten Schadenvergütungen auf 390 Mio Fr., wovon 168 Mio Fr. auf Schuldenkonsolidierungen mit acht Entwicklungsländern (Türkei, Togo, Senegal, Madagaskar, Sudan, Zentralafrika, Rumänien, Kuba) entfielen und übrige politische Risiken (z.B. noch nicht konsolidierte Zahlungsunfähigkeit einzelner Länder) mit 132 Mio Fr. ins Gewicht fielen. Bedeutend abgeschwächt haben sich seit der Erhöhung der entsprechenden Gebühren die Versicherungen und Zahlungen für Währungsrisiken.

40Die Einnahmen beliefen sich 1983 auf 163 Mio Fr. Sie setzen sich aus Gebühren sowie Rückzahlungen und Zinsen aufgrund von Schuldenkonsolidierungsabkommen zusammen. Insgesamt bestehen gegenüber 15 Ländern aus 26 Schuldenkonsolidierungsabkommen Guthaben in der Höhe von 473 Mio Fr.

41Im Laufe des Jahres 1983 wurden bei der ERG Exporte in der Höhe von 8,4 Mia Fr. versichert, wobei die gewährten Garantien zu 70,9 % Exporte der Maschinenindustrie und zu 10,6 % Exporte der Chemie betrafen. In zahlreiche Länder erfolgten 1983 die Exporte unter erhöhten politischen Risiken, da viele Länder mit Zahlungsschwierigkeiten zu kämpfen haben. Die ERG will ihre Risikoübernahme nicht vermindern, um die Vollbeschäftigung in der Schweiz aufrecht erhalten zu können. Damit wird es im Zuge der Schuldenkrise noch längerfristig zu weiteren Zahlungsverzögerungen und langfristigen Schuldenkonsolidierungsabkommen kommen. Bei einzelnen hochverschuldeten Ländern werden Einschränkungen jedoch unumgänglich sein. Der Bundeshaushalt wird also bei einem Anhalten der Schuldenkrise weiterhin Vorschüsse zur Deckung der ERG-Defizite leisten müssen.

42Auf diese Sachlage hat die Finanzdelegation der Eidg. Räte in ihrem Tätigkeitsbericht reagiert. Sie vertritt die Auffassung, dass die vorgesehene Eigenwirtschaftlichkeit der ERG in absehbarer Zeit nicht wird erreicht werden können und ist deshalb der Ansicht, dass bei der Gewährung der ERG neben beschäftigungspolitischen auch finanzpolitische Ueberlegungen zu beachten sind. Aus diesen Gründen stellen Garantiezusicherungen für Lieferwerte, die im Einzelfall mehrere hundert Millionen Franken betragen können, unter gewissen Umständen sowohl für die ERG als auch für den Bund unverhältnismässige Risiken dar.

43Nach Abschluss des Rechnungsjahres 1983 wird der Bundesrat im übrigen zur zukünftigen Ausgestaltung der ERG Stellung nehmen.

Die ERG und die Lieferungen nach Entwicklungsländern

44Ende 1983 belief sich das Total der Verpflichtungen, welche für Lieferungen nach Entwicklungsländern eingegangen wurden, auf 13,5 Mia Fr. Dies entspricht 75,2 % der gesamten zu diesem Datum bestehenden Verpflichtungen. Regional teilen sich diese Verpflichtungen zu 24,1 % auf asiatische, zu 19,3 % auf lateinamerikanische, zu 20,5 % auf afrikanische und zu 12,5 % auf europäische Entwicklungsländer auf.

45Aufgrund der seit der ERG-Gesetzesrevision von 1980 notwendigen Mitberücksichtigung der Grundsätze der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit für Garantien für Exporte nach den 67 einkommensschwachen Ländern finden diese besondere Beachtung. 14,4 % (2,4 Mia Fr.) der Garantien bezogen sich Ende 1983 auf Lieferungen in diese Länder. Davon entfallen 1,05 Mia Fr. auf Neuverpflichtungen während des Jahres, insbesondere für Lieferungen nach Aegypten und China. Mit dieser Garantiegewährung werden ca. 50 % der schweizerischen Exporte in diese Länder von der ERG versichert. Die Verpflichtungen für diese einkommensschwachen Länder konzentrieren sich auf wenige Länder unter ihnen. Ueber die Hälfte dieser Verpflichtungen entfallen auf die vier Länder Aegypten, Honduras, Indien und Indonesien, sieben weitere Länder (Pakistan, Togo, Kenia, Sudan, China, El Salvador und Bolivien) weisen jeweils ERG-Verpflichtungen von über 50 Mio Fr. aus.

Der Bund gewährt die ERG für zwei Staudämme in Mali und in der Türkei

46Laut ERG-Verordnung sind „Gesuche von grundsätzlicher Tragweite und besonderer Bedeutung” dem Bundesrat zu unterbreiten. Dieser gewährte im November 1983 der Firma Losinger die ERG für den Bau des Manantali-Staudamms in Mali in der Höhe von 155 Mio Fr. Dies sind 29 % der gesamten Projektsumme, welche durch arabische und europäische Entwicklungshilfegelder finanziert wird.

47Wie in der Begründung durch das EVD ausgeführt wird, soll der Manantali-Damm den Senegalfluss für Bewässerungszwecke und Elektrizitätserzeugung sowie zur Schiffbarmachung stauen. Durch Bewässerungslandwirtschaft soll die Nahrungsmitteleinfuhr Malis gesenkt und die Ernährungslage der Bevölkerung verbessert werden.

48Nach Ansicht des Bundesrats entsprechen diese Ziele des Dammbaus auch den Zielen der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit, auch wenn er sich Bedenken gegenüber der Umstellung der Landwirtschaft nicht verschliesst.

49Für die Arbeitsgemeinschaft Swissaid / Fastenopfer / Brot für Brüder / Helvetas, welche sich bereits 1982 gegen das Staudamm-Projekt aussprach, steht die Garantiegewährung jedoch im Widerspruch zum Geist des ERG-Gesetzes.

50Bereits im Juni 1983 hat der Bundesrat den schweizerischen Anteil am Bau des Gross-Staudamms Atatürk in der Türkei gewährt. In der Zwischenzeit sind im März 1984 das diesbezügliche Finanzierungsabkommen und der Liefervertrag unterzeichnet worden.

51Das erste Gesuch des Firmenkonsortiums (in der Höhe von 1,7 Mia Fr.) war zunächst wegen seines Umfangs und aus Gründen der Risikostreuung abgelehnt worden. Die ERG hat nämlich bereits Lieferungen für den Bau des Karakaya-Staudamms durch die gleichen Firmen versichert. Die Banken wiederum machten ihre Kreditzusicherung von der Gewährung der ERG abhängig.

52Nach dieser Ablehnung wurde der ERG-Kommission ein modifiziertes Projekt unterbreitet, welches schliesslich vom Bundesrat auf Antrag von Bundesrat Furgler, Vorsteher des EVD, die ERG zugesprochen erhielt.

53Ein europäisches, unter schweizerischer Leitung stehendes Industriekonsortium (BBC Baden / Mannheim / Milano, Sulzer-Escher-Wyss Zürich / Ravensburg (BRD), Nöll (BRD), Voest Alpine (Oesterreich)) übernahm die gesamten Lieferungen in der Höhe von 963 Mio Fr. Die Lieferungen aus der Schweiz sollen sich auf 556 Mio Fr. belaufen und der Gesamtanteil der durch ein schweizerisches Bankenkonsortium (fünf Grossbanken unter der Leitung der Schweiz. Bankgesellschaft) zu übernehmenden Kredite auf 573 Mio Fr. Die direkten schweizerischen Lieferungen belaufen sich auf 479,8 Mio Fr., welche zu 80 % durch die ERG gedeckt werden. Die restlichen Kredite werden für die Finanzierung des österreichischen und italienischen Lieferanteils benötigt.

54Während zunächst wegen einer möglichen Zahlungsunfähigkeit der Türkei finanzpolitische Gründe gegen eine Gewährung der ERG für diesen Auftrag sprachen, bewogen beschäftigungspolitische Gründe den Bundesrat schliesslich zur Gewährung der ERG. Unternehmen und Gewerkschaften hatten nämlich auf die prekäre Beschäftigungssituation in der Schweiz beim Bau von elektrizitätserzeugenden Anlagen hingewiesen. Der Atatürk-Auftrag wird in der Schweiz Beschäftigung für ca. 1000 Mannjahre, verteilt auf 5-7 Jahre, sichern.

55Die Türkei selbst will durch den Bau des Staudamms und des Kraftwerks ihre Eigenversorgung mit Energie erhöhen, eine regionale Bewässerungslandwirtschaft einführen und den Export von Gemüse in die Golfstaaten ermöglichen.

56Aus entwicklungspolitischer Sicht kritisiert die Erklärung von Bern den Entscheid des Bundesrats. Wegen des Baus müssen ca. 50.000 Personen umgesiedelt werden. Ihre Entschädigung ist unklar. Zudem würden wichtige archäologische Funde überflutet. Völkerrechtlich ist die verminderte Wasserführung nach Syrien und Irak aufgrund des Staudamms eine Streitfrage. Der Staudamm selbst wird für ein Prestigeprojekt der regierenden Militärs gehalten. Er wird die Verschuldung der Türkei erhöhen. 1984 leistete die Türkei Schuldendienste im Umfang von 29 % ihrer Exporte und sonstiger Deviseneinnahmen, für 1984 wird der Schuldendienst auf 33 % der Exporterlöse geschätzt.

Investitionsrisikogarantie

571983 wurde die Investitionsrisikogarantie (IRG) etwas stärker als in den Vorjahren in Anspruch genommen. Für fünf Investitionsvorhaben wurde die IRG in der Gesamthöhe von 23,2 Mio Fr. beansprucht.

58Die fünf Investitionsvorhaben verteilen sich auf drei Bauvorhaben in der Elfenbeinküste, ein Bauvorhaben in Nigeria und ein chemisches Investitionsprojekt in Saudi-Arabien. Damit erhöhte sich die Garantiesumme auf 58,0 Mio Fr. Insgesamt verteilt sich diese Summe zu 48 % auf europäische, zu 32 % auf afrikanische und zu 20 % auf asiatische Entwicklungsländer. Da keine Schäden zu decken waren, führten die Gebühreneinnahmen zu einer Erhöhung der Rückstellungen auf 25,3 Mio Fr.

2.5. Investitionsschutzabkommen und Entschädigungsabkommen

59Im Februar 1984 ist der Bundesbeschluss betreffend den Abschluss von Abkommen über Schutz und Förderung von Kapitalinvestitionen in Kraft getreten. Damit kann der Bundesrat zunächst bis 1994 weitere solche Abkommen abschliessen.

60In der Berichtsperiode wurde neu ein Investitionsschutzabkommen mit Panama abgeschlossen. Damit erhöht sich die Zahl dieser Abkommen auf 34, wovon drei mit lateinamerikanischen Ländern (Costa Rica, Ecuador und Panama) abgeschlossen wurden.

61Im Abkommen wurde festgehalten, dass ausländische Unternehmen im jeweiligen Gastland die gleiche Behandlung wie inländische Unternehmen geniessen. Ein Unternehmen kann Erträge aus seinen Investitionen oder einer Kapitalliquidation frei transferieren. Im Falle von Nationalisierungen legt das Abkommen Entschädigungsbestimmungen fest und regelt Streitigkeiten. Die schweizerischen Wirtschaftsinteressen in Panama konzentrieren sich auf den Finanz- und den Nahrungsmittelsektor.

62Die Volksrepublik China zeigt Interesse, mit verschiedenen Industrieländern, darunter der Schweiz, Investitionsschutzabkommen abzuschliessen und führt entsprechende Verhandlungen.

63Am 18. Januar 1984 trat ein von der Schweiz bereits 1980 ratifiziertes Entschädigungsabkommen mit Zaire in Kraft. Damit sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Vergütung der in diesem Land verstaatlichten schweizerischen Vermögenswerte erfüllt. Im Abkommen wurde eine globale und pauschale Entschädigung in der Höhe von 1,8 Mio Fr. festgelegt. Die Zahlung dieses Betrages ist noch offen.

2.6. Doppelbesteuerungsabkommen

64Nach der Wiederaufnahme von bereits in den 60er und 70er Jahren geführten Verhandlungen unterzeichneten die Schweiz und Griechenland am 26. Juni 1983 ein Doppelbesteuerungsabkommen. Dieses folgt im wesentlichen den OECD-Musterabkommen. Damit verzichten die beiden Staaten auf gewisse Steuereinnahmen. Das Abkommen erleichtert die schweizerische Investitionstätigkeit durch tiefere steuerliche Belastung und verbessert die Rechtsgrundlage in Griechenland. Die Höhe der schweizerischen Investitionen in Griechenland wird auf 50 bis 70 Mio US-Dollar geschätzt. Weiter fördert das Abkommen den Handel, dient seiner Liberalisierung und folgt damit den Zielen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik. Der Ständerat stimmte diesem Abkommen in der Wintersession 1983 zu, der Nationalrat in seiner Frühjahrssession 1984.

65Griechenland gehört nach der OECD/CAD-Klassifikation innerhalb der Entwicklungsländer zu der Gruppe der Schwellenländer.

2.7. Schuldenkonsolidierungsabkommen

66Die Schweiz schloss im Jahre 1983 mit acht Ländern (Kuba, Madagaskar, Rumänien, Senegal, Sudan, Togo, Türkei und Zentralafrikanische Republik) Schuldenkonsolidierungsabkommen in der Höhe von 168 Mio Fr. ab. Im Jahre 1982 gab es erst Abkommen für den Betrag von 97,1 Mio Fr. Nach Meinung des Bundesrates lässt sich nicht abschätzen, „was für Schuldenkonsolidierungsaktionen in den nächsten fünf Jahren auf uns zukommen werden und welches ihr Ausmass sein wird”. Es sei aber damit zu rechnen, dass die hochverschuldeten Länder zusätzliches Geld brauchen werden. Die schweizerischen Gläubiger hätten auch Beiträge zu leisten, sei es über weitere Schuldenkonsolidierungsabkommen oder über neue Kredite.

67Mit Togo wurde am 30. Juni 1983 ein zweites Abkommen (ein erstes kam 1981 zustande) in der Höhe von 37 Mio Fr. geschlossen. Am 12. August kam mit Kuba ein Abkommen für die Umschuldung von ebenfalls 37 Mio Fr. zustande. Mit Sambia schloss die Schweiz am 19. August 1983 ein Abkommen für die Konsolidierung von 14 Mio Fr. Am 18. November folgte ein Abkommen mit Senegal für den Betrag von 7,7 Mio Fr., am 23. November bereits das dritte Schuldenkonsolidierungsabkommen mit dem Sudan in der Höhe von 55 Mio Fr. und am 3. Dezember 1983 ein zweites Abkommen (nach 1981) mit der Zentralafrikanischen Republik für die Konsolidierung von 4,2 Mio Fr. Mit Peru kam schliesslich am 28. Dezember 1983 ein Abkommen für 16 Mio Fr. zustande.

681984 gab es bis Jahresmitte Schuldenkonsolidierungsabkommen mit drei afrikanischen, zwei lateinamerikanischen und einem europäischen Land. Am 28. Februar wurde mit Zaire ein Konsolidierungsabkommen in der Höhe von 18 Mio Fr., am 2. April mit dem Senegal für den Betrag von 4,4 Mio Fr. und am 6. April mit Sierra Leone für die Summe von 8,7 Mio Fr. abgeschlossen. Ein Abkommen für 7 Mio Fr. schloss die Schweiz mit Ecuador (30. März) und für 52 Mio Fr. mit Brasilien (3. September) ab. Schliesslich einigte sich die Schweiz mit Jugoslawien (21. Mai) auf ein Konsolidierungsabkommen von rund 60 Mio Fr.

2.8. Zollpräferenzen

691983 importierte die Schweiz aus den Entwicklungsländern Waren im Werte von 5,9 Mia Fr., das heisst 4,6 % mehr als 1982. Die Schweizer Exporte in die Entwicklungsländer gingen im gleichen Zeitraum um 667 Mio Fr. zurück und erreichten 11,5 Mia Fr. Die im Rahmen der Präferenzen zulässigen Importe beliefen sich auf 2,4 Mia Fr. Der Ausnutzungsgrad der gewährten Präferenzen betrug 1983 37 %. Bei Nichtberücksichtigung von Edelsteinen und Edelmetallen, die sehr niedrigen Zöllen unterliegen und für die ganz selten Zollpräferenzen verlangt werden, steigt dieser Anteil jedoch auf 57 % an. Die Schweiz betrachtet diesen Prozentsatz als unzureichend und unterstützt die von der UNCTAD zur besseren Ausnutzung der Zollpräferenzen gewährte technische Hilfe mit finanziellen Mitteln.

70Infolge des Beschlusses der Generalversammlung der Vereinten Nationen, die fünf Länder Djibouti, Aequatorialguinea, Sao Tome, Sierra Leone und Togo unter die am wenigsten entwickelten Länder einzustufen, liess die Schweiz diesen Ländern die besondere Zollfreiheit zukommen, die sie 1982 für die am wenigsten entwickelten Länder einführte. Aufgrund dieser Behandlung geniessen diese Länder Zollfreiheit bei der Ausfuhr industrieller Erzeugnisse, für welche die übrigen Entwicklungsländer lediglich eine beschränkte Präferenz erhalten. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Textilien, Bekleidung und Schuhe. Ferner wurde auf 48 Agrarerzeugnisse Zollfreiheit gewährt, von denen 24 Produkte nicht dem schweizerischen Präferenzsystem angehörten.

71Zum anderen sei vermerkt, dass der Bundesrat 1982 bei der Erneuerung des schweizerischen Zollpräferenzsystems für zehn Jahre die Befugnis zur Anwendung der Graduation erhielt, diese Befugnis jedoch bisher nicht ausgeübt hat.

2.9. Wirtschaftsgespräche

72In der Zeit von Juli 1983 bis Juni 1984 wurden zwischen einzelnen Entwicklungsländern und der Schweiz in verschiedenen Formen Wirtschafts- und Handelsgespräche geführt. Die wichtigsten seien hier kurz erwähnt.

73Vom 19.-23. September 1983 befand sich eine Schweizer Wirtschaftsdelegation im Iran, gleichzeitig war die Schweiz an der Teheraner Handelsmesse mit einem offiziellen Pavillon vertreten. Die Gespräche handelten über die Wirtschaft Irans im allgemeinen und die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen.

Einfuhren der Schweiz der Schweiz und Zollpräferen 1980-1983

Einfuhren der Schweiz der Schweiz und Zollpräferen 1980-1983

a)Ausschluss Spaniens vom schweizerischen Schema, 1. Juli 1980.
b)Einschluss Simbabwes, Ausschluss Griechenlands, 1. Januar 1981.
c)Inkrafttreten der erweiterten Zollpräferenzen für die ärmsten Länder, 1. Juli 1982.

Quelle : Bundesamt für Aussenwirtschaft.

74Die Durchführung der „Tecno Suiza 83 Colombia” im November 1983, in deren Rahmen ein schweizerisches Technologiesymposium abgehalten wurde, bot einer offiziellen Schweizer Delegation Gelegenheit zu Gesprächen über eine Schweizer Beteiligung am laufenden kolumbianischen Investitionsprogramm und über den bilateralen Handelsverkehr. Gespräche gleichen Inhalts wurden anschliessend in Ecuador geführt.

75An der 7. Tagung der Gemischten Wirtschaftskommission Schweiz-Volksrepublik China (9.-10. April 1984, Beijing) wurde über die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen, insbesondere über die Gewährung eines Mischkredits und den Abschluss eines Investitionsschutzabkommens gesprochen.

76Die Teilnahme Jordaniens (zusammen mit Indien und der Elfenbeinküste) am Comptoir Suisse (September 1983) bot einer Delegation aus diesem Land Gelegenheit, Gespräche über die Vertiefung der industriellen Zusammenarbeit zwischen schweizerischen und jordanischen Unternehmen zu führen.

77Schliesslich wurde im Januar 1984 durch einen Notenwechsel das Handelsabkommen Schweiz-Kuba ein weiteres Mal um ein Jahr bis Ende 1984 verlängert.

2.10. Waffenausfuhr

78Die schweizerischen Kriegsmaterialexporte sind 1983 auf 377,2 Mio Fr. zurückgegangen. Im Vorjahr beliefen sie sich noch auf 471,3 Mio Fr. Der Anteil der Waffen- und Sprengstoffausfuhr an den Gesamtexporten verringerte sich damit von 0,89 auf 0,7 Prozent, nachdem er 1981 noch 0,97 Prozent (511,5 Mio Fr.) betragen hatte.

79Nach Ländergruppen aufgeteilt, nahm der Anteil der Entwicklungsländer auf 28 Prozent ab (Vorjahr 46 Prozent). Nigeria war unter den Entwicklungsländern der wichtigste Kunde (59 Mio Fr.). Einzig nach Oesterreich und der Bundesrepublik Deutschland wurden mehr Kriegsmaterialien ausgeführt. Für je über eine Million Franken wurden auch nach den Entwicklungsländern Griechenland, Spanien, Ecuador, Malaysia, Türkei, Arabische Emirate, Singapur und Algerien Waffen verkauft.

80Die Waffenausfuhrpolitik gab wiederholt Anlass zu Auseinandersetzungen. Im Vordergrund standen die Pilatus-PC-7-Flugzeuge. Nationalrat Richard Bäumlin (SP/BE) reichte ein Postulat ein, in welchem er beantragte, den Export von Leichtflugzeugen einer Bewilligungspflicht zu unterstellen oder eventuell einer Meldepflicht mit Verbotsvorbehalt. Der Nationalrat lehnte das Postulat auf Antrag des Bundesrates ab.

81Die Zeitung „Le Matin” erregte grosses Aufsehen mit der Veröffentlichung einer Verkaufsdokumentation der Pilatus-Flugzeugwerke AG, Stans. In dieser Verkaufsdokumentation, die allerdings nie verwendet worden ist, propagieren die Pilatuswerke den PC-7 als „Waffensystem”. Der Prospekt zeigt, dass der PC-7 vom Herstellerwerk bewusst so konstruiert worden ist, dass er auf einfache Weise als Träger von Bomben, Raketen, Granaten und Maschinengewehren verwendet werden kann. Er listet die vom Herstellerwerk empfohlene Aufhängevorrichtung sowie Bomben, Raketen, Granaten, Maschinengewehre und Zielinstrumente auf.

82Pilatus-Generaldirektor Uehlinger bestätigte dem Tages-Anzeiger gegenüber, dass die Schrift 1976 in der Anfangsphase der Verkaufsbemühungen entstanden und schon bald nach Absprache mit dem Eidg. Militärdepartement (EMD) zurückgezogen worden sei. Das EMD will nun die Frage der Klassierung des Leichtflugzeuges einer Neuüberprüfung unterziehen.

83Nicht behelligt vom Kriegsmaterialgesetz werden auch Lizenzgeschäfte. Die Schweizerische Industrie-Gesellschaft (SIG) in Neuhausen konnte deshalb der chilenischen Armee die Lizenz für die Produktion von Sturmgewehren abtreten. Sie lieferte gleichzeitig die Werkzeugmaschinen, mit denen diese Waffen hergestellt werden können.

Schweizerische Kriegsmaterialexporte 1983
(in 1000 Fr. und %)

Schweizerische Kriegsmaterialexporte 1983(in 1000 Fr. und %)

* Abgrenzung der Entwicklungsländer und Gruppenbildungskriterien nach Höhn, Der Schweizerische Aussenhandel mit der Dritten Welt, Adliswil 1980, S. 19 ff. Sämtliche Absatzländer mit über 100.000 Fr. Ausfuhrwert in mindestens einem Jahr werden einzeln aufgeführt, die übrigen zwar genannt aber in der Sammelkategorie „übrige” zusammengefasst.

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Abbildungsverzeichnis

Titel Einfuhren der Schweiz der Schweiz und Zollpräferen 1980-1983
Beschriftung a)Ausschluss Spaniens vom schweizerischen Schema, 1. Juli 1980.b)Einschluss Simbabwes, Ausschluss Griechenlands, 1. Januar 1981.c)Inkrafttreten der erweiterten Zollpräferenzen für die ärmsten Länder, 1. Juli 1982.
Abbildungsnachweis Quelle : Bundesamt für Aussenwirtschaft.
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Titel Schweizerische Kriegsmaterialexporte 1983(in 1000 Fr. und %)
Beschriftung * Abgrenzung der Entwicklungsländer und Gruppenbildungskriterien nach Höhn, Der Schweizerische Aussenhandel mit der Dritten Welt, Adliswil 1980, S. 19 ff. Sämtliche Absatzländer mit über 100.000 Fr. Ausfuhrwert in mindestens einem Jahr werden einzeln aufgeführt, die übrigen zwar genannt aber in der Sammelkategorie „übrige” zusammengefasst.
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Zitierempfehlung

Papierversionen:

Monika Egger, „II. Aussenwirtschaftspolitik“Schweizerisches Jahrbuch für Entwicklungspolitik, 4 | 1984, 69-87.

Online-Version

Monika Egger, „II. Aussenwirtschaftspolitik“Schweizerisches Jahrbuch für Entwicklungspolitik [Online], 4 | 1984, Online erschienen am: 03 Februar 2013, abgerufen am 27 März 2025. URL: http://0-journals-openedition-org.catalogue.libraries.london.ac.uk/sjep/987; DOI: https://0-doi-org.catalogue.libraries.london.ac.uk/10.4000/sjep.987

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Monika Egger

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