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HauptseiteBänder20Jahresübersicht5. Innenpolitik/Aussenpolitik

Jahresübersicht

5. Innenpolitik/Aussenpolitik

Rosita Fibbi und Catherine Schümperli Younossian
p. 263-325

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Volltext

5.1. Aussenpolitik der Schweiz

1Herausragendes Ereignis im Jahr 2000 war zweifellos die Präsentation der aussenpolitischen Ziele des Bundesrats und insbesondere des neuen Aussenpolitischen Berichts der Landesregierung. Im Laufe der 90er Jahre war eine Reihe von Berichten veröffentlicht worden, welche den Rahmen der schweizerischen Aussenpolitik für die ersten zehn Jahre des neuen Jahrtausends absteckten. Im Bericht über die Legislaturplanung 1999-2003 werden die Prioritäten für die kommenden vier Jahre festgelegt. Im Zusammenhang mit den Beziehungen der Eidgenossenschaft mit den Ländern der Dritten Welt sind vor allem das Ziel des UNO-Beitritts der Schweiz sowie die Ausdehnung der Aussenpolitik auf die Bereiche Friedensförderung, Umsetzung der neuen Sicherheitspolitik und Entwicklungszusammenarbeit zu nennen. Auch die Menschenrechte nehmen in der schweizerischen Aussenpolitik einen wichtigen Stellenwert ein. Der Bundesrat veröffentlichte einen Bericht über die politische Haltung der Schweiz auf diesem Gebiet, der nach lebhafter Debatte vom Parlament angenommen wurde. Die Regierung wurde von den Eidgenössischen Räten beauftragt, künftig alle vier Jahre einen Bericht zu diesem Thema auszuarbeiten.

5.1.1. Legislaturplanung 1999-2003

  • 1 Bericht über die Legislaturplanung 1999-2003 vom 1. März 2000, in Bundesblatt Nr. 15, 18. April 2 (...)

2In seinem Bericht über die Legislaturplanung 1999-20031 präsentierte der Bundesrat die drei wichtigsten politischen Tätigkeitsfelder für die kommenden vier Jahre. Zu diesen Schwerpunktthemen gehören der Wille der Regierung zu einer Öffnung der Schweiz gegen aussen, die Förderung der Attraktivität und Innovationskraft des Wirtschaftspols Schweiz und schliesslich sämtliche Elemente, die dazu beitragen, die Lebensqualität in der Schweiz zu fördern.

3Das Kapitel zur Öffnung der Schweiz trägt den Titel „Die Schweiz als Partnerin in der Welt – Chancen einer offenen und zukunftsorientierten Schweiz wahrnehmen”. In einer kurzen Einführung erinnert der Bundesrat daran, dass mehrere der heute beobachteten Phänomene ihren Ursprung in zahlreichen verschiedenen Ländern haben und sich weit über die Landesgrenzen hinaus auswirken können. Angesichts dieser Tatsache sei eine Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit unabdingbar. Auch in Bezug auf die Sicherheit habe sich die Situation grundlegend gewandelt, wodurch die Definition einer neuen Sicherheitspolitik notwendig geworden sei.

4Im Bereich der Aussenpolitik nennt der Bundesrat im Bericht folgende Zielsetzungen :

5Ziel 1 :
Verbesserung der internationalen Mitwirkungsmöglichkeiten

  • UNO-Beitritt

  • Mitwirkung der Schweiz am europäischen Integrationsprozess

6Ziel 2 :
Ausbau der aussen- und sicherheitspolitischen Präsenz in den Bereichen Friedensförderung, Schutz der Menschenrechte und Entwicklungszusammenarbeit

  • Verbesserte Stellung und Wahrnehmung der Schweiz im internationalen Umfeld

  • Multilateraler und bilateraler Einsatz zur Friedensförderung und Konfliktbearbeitung – Schweizerisches Engagement im Balkan (inkl. Rückkehrhilfe)

  • Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe

  • Erneuerung des Solidaritätsgedankens sowohl innerhalb der Schweiz als auch nach aussen

7Ziel 3 :
Einsatz zu Gunsten einer offenen und nachhaltigen Weltwirtschaftsordnung

  • Weiterentwicklung einer nachhaltigen Aussenwirtschaftspolitik

  • Weiterentwicklung der internationalen Umweltpolitik

8Ziel 4 :
Umsetzung der neuen Sicherheitspolitik „Sicherheit durch Kooperation”

  • Neue Leitbilder für die Armee und den Bevölkerungsschutz

  • Intensivierung der internationalen Justiz- und Polizeizusammenarbeit als Grundlage für die innere Sicherheit

9Die in der Legislaturplanung genannten aussenpolitischen Ziele wurden im neuen Aussenpolitischen Bericht des Bundesrates vom November 2000 weiter präzisiert.

5.1.2. Aussenpolitischer Bericht 2000

10Anlässlich der Sondersitzung vom 15. November 2000 in Lugano verabschiedete der Bundesrat einen neuen Bericht zur Aussenpolitik der Schweiz mit dem Titel „Aussenpolitischer Bericht 2000 – Präsenz und Kooperation : Interessenwahrung in einer zusammenwachsenden Welt”2. Dieser Bericht ersetzt den am 29. November 1993 veröffentlichten „Bericht über die Aussenpolitik der Schweiz in den 90er Jahren”.

11In der Einleitung zum Bericht wird eine Bilanz über die aussenpolitischen Aktivitäten der Schweiz in den 90er Jahren gezogen. Der zweite Teil bietet einen Überblick über die in den vergangenen zehn Jahren stattgefundenen Veränderungen des internationalen und europäischen Umfelds sowie über deren Auswirkungen auf die Schweiz. Analysiert werden dabei die internationalen Herausforderungen in der Zeit nach dem Kalten Krieg, die globalisierungsbedingten strukturellen Veränderungen, die Deregulierung der Märkte und der Vormarsch der neuen Technologien, verschiedene globale Probleme wie Armut, Sicherheit, Umwelt und Migration, die zunehmende Zahl der nichtstaatlichen Akteure sowie die Herausforderungen der Zukunft (Erhaltung des Friedens, Wohlstand und Armut und Leben im digitalen Zeitalter).

12Im dritten Teil schliesslich werden die Leitlinien, Ziele und Schwerpunkte der schweizerischen Aussenpolitik im neuen Jahrzehnt dargelegt. Im Anhang wird ein Rückblick über die Aussenpolitik der 90er Jahre geboten, in dem die Aktivitäten der schweizerischen Aussenpolitik im vergangenen Jahrzehnt präsentiert und mit Beispielen illustriert werden.

Leitlinien – Zielsetzungen und Schwerpunkte

13Als Grundlage für die neuen Leitlinien dient die revidierte Bundesverfassung. Mit der Formulierung dieser Leitlinien wollte der Bundesrat dazu beitragen, die Frage nach der Verankerung der Aussen- in der Innenpolitik zu vertiefen, die Spannungen zwischen verschiedenen Interessen zu analysieren, die Neutralität und die internationale Verantwortung der Schweiz zu untersuchen und die Vorgehensweisen der Aussenpolitik zu veranschaulichen.

  • 3 In der Bundesverfassung vom 18. April 1999, welche seit dem 1. Januar 2000 in Kraft ist, wurden d (...)

14Am 1. Januar 2000 trat die neue Bundesverfassung in Kraft, welche die Grundsätze und Mittel der schweizerischen Aussenpolitik definiert3. Oberstes Ziel der Verfassung ist die Wahrung der Unabhängigkeit und der Wohlfahrt der Schweiz. Im Hinblick auf die Aussenpolitik nennt die Verfassung folgende Verpflichtungen für den Bund :

    • 4 Siehe in diesem Zusammenhang auch Kapitel 5.2. des vorliegenden Jahrbuchs (Friedenspolitik).

    Förderung des friedlichen Zusammenlebens der Völker durch die Unterstützung von Aktivitäten im Zusammenhang mit der Friedenspolitik, insbesondere bei der Konfliktverhütung und beim Wiederaufbau sowie durch Dialogbereitschaft mit den Kulturen und Zivilisationen der ganzen Welt4 ;

  • Achtung der Menschenrechte und Förderung der Demokratie durch eine humanitäre Politik, welche bestrebt ist, den Menschenrechten, den Regeln der Demokratie und den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit weltweit zur Geltung zu verhelfen ;

  • Linderung von Not und Armut in der Welt durch eine erhöhte finanzielle Unterstützung im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit (als Ziel für die kommenden zehn Jahre wird ein Anteil von 0,4% des BSP genannt), wobei die Armutsbekämpfung höchste Priorität geniessen soll ;

  • Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen durch die Bekräftigung der Absicht, sich für die Erarbeitung eines internationalen juristischen Rahmens im Umweltbereich einzusetzen, durch den Ausbau der bestehenden Übereinkommen in den Bereichen Klima, biologische Vielfalt und Chemikalien, sowie durch die Schaffung internationaler Regeln über den Schutz der Wälder und des Wassers.

    • 5 Siehe dazu Kapitel 6 „Aussenwirtschaftspolitik” im vorliegenden Jahrbuch (6.1. Überblick über die (...)

    Wahrung der Interessen der schweizerischen Wirtschaft im Ausland5 durch die Sicherung bestmöglicher Rahmenbedingungen für die Schweizer Wirtschaft im Inland und damit der Voraussetzungen für ihren Erfolg auf internationaler Ebene, etwa durch die KMU-Exportförderung, durch die Förderung eines leistungs- und wettbewerbsfähigen Finanzplatzes, durch die Aufrechterhaltung des hohen Bildungs- und Forschungsniveaus sowie durch die Unterstützung eines auf dem Freihandel basierenden internationalen Wirtschaftssystems.

15Die fünf Ziele weichen nur geringfügig von jenen ab, die im Bericht von 1993 genannt wurden. Dennoch fällt auf, dass die letzte Zielsetzung neu formuliert wurde : Während im früheren Bericht das wirtschaftliche Ziel eher allgemein als „Förderung der Wohlfahrt” umschrieben wurde, wird im Aussenpolitischen Bericht 2000 die „Wahrung der Interessen der schweizerischen Wirtschaft im Ausland” genannt, eine Formulierung, die dem Artikel 101 der neuen Bundesverfassung entspricht.

  • 6 Aussenpolitischer Bericht 2000 – Präsenz und Kooperation : Interessenwahrung in einer zusammenwac (...)

16Der Bericht betont, dass „die Umsetzung der schweizerischen Aussenpolitik […] erhebliche Anforderungen an deren Kohärenz [stellt]”, und präzisiert : „Der Bundesrat ist bestrebt, die entsprechenden Verfahren so zu verbessern, dass Widersprüche zwischen einzelnen Sachbereichen verringert werden, damit die Glaubwürdigkeit seiner Aussenpolitik im In- und Ausland erhalten bleibt.” Der Bundesrat will deshalb vermehrt überprüfbare Vorgaben für die Aussenpolitik formulieren, wobei die Lösung einer aussenpolitischen Sachfrage mit den massgeblichen Verfassungsnormen im Einklang stehen muss. Der Bundesrat hat sich zum Ziel gesetzt, bereichsübergreifendeGesamtstrategien zu formulieren, die den Orientierungsrahmen für die verschiedenen Akteure bilden sollen, und anerkennt, dass diese zusammen mit der Transparenz der Entscheidungsverfahren geeignete Mittel einer kohärenten Aussenpolitik darstellen6.

17In seinem Bericht verweist der Bundesrat erneut auf die politische Konditionalität, welche es ermöglicht, die Zusammenarbeit mit einem Land ganz oder teilweise abzubrechen, und nennt die Kriterien, die für eine solche Entscheidung ausschlaggebend sind.

18Die Realisierung dieser Schwerpunkte setzt gewisse institutionelle Ressourcen voraus. Aus diesem Grund sollen nach dem Willen des Bundesrates die multilateralen Aktivitäten der Schweiz eine Schlüsselrolle spielen. Zentrale Elemente der schweizerischen Aussenpolitik sind deshalb der UNO-Beitritt, der noch in der laufenden Legislaturperiode stattfinden soll, sowie die Vorbereitungsarbeiten zu den Beitrittsverhandlungen mit der EU, welche der Bundesrat spätestens in der nächsten Legislaturperiode aufnehmen möchte.

19Schliesslich will der Bundesrat eine verstärkte geografische Schwerpunktbildung der bilateralen Aussenpolitik herbeiführen, um so den effizienten Einsatz der verwendeten Mittel zu gewährleisten. Diese Massnahmen sollen vor allem mit Blick auf die südosteuropäischen Länder und die Mittelmeerregion ergriffen werden.

Reaktionen der Nichtregierungsorganisationen (NRO)

  • 7 Erklärung von Bern, Pressemitteilung „La Suisse sauvegarde d’abord ses intérêts”, 16. November 20 (...)

20Die Erklärung von Bern übte Kritik am Bericht des Bundesrates und wies dabei besonders darauf hin, dass der Wirtschaft eine vorrangige Bedeutung beigemessen und die Auswirkungen der Globalisierung stark in den Hintergrund gedrängt würden7. Die NRO hebt hervor, dass sich der Bundesrat noch 1993 zum Ziel gesetzt hatte, die allgemeine Wohlfahrt zu fördern, dass diese Zielsetzung im Jahr 2000 jedoch durch die Wahrung der Interessen der schweizerischen Wirtschaft im Ausland ersetzt wurde.

  • 8 Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke, Pressemitteilung „Aussenpolitischer Bericht 2000 – Jetzt müss (...)

21Die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke begrüsste die Absicht des Bundesrates, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit in den kommenden zehn Jahren auf 0,4% des Bruttosozialprodukts zu erhöhen, und äusserte die Hoffnung, dass diese Absicht auch wirklich in die Tat umgesetzt werde8.

Berichte des Bundesrates zur Aussenpolitik

Der Bundesrat informiert das Parlament regelmässig über seine Tätigkeiten im Bereich der Aussenpolitik (Geschäftsberichte, jährliche Zielvorgaben, Legislaturplanungen) und unterbreitet ihm Jahresberichte zu bestimmten Themen (Berichte zur Aussenwirtschaftspolitik, Berichte über die Tätigkeiten der Schweiz im Europarat usw.). Die Botschaften des Bundesrates über die Erneuerung der Rahmenkredite für die Entwicklungszusammenarbeit und für die Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Staaten bieten Gelegenheit, die Aktivitäten der vergangenen Jahre zu präsentieren und die Stossrichtung für die nächsten vier Jahre zu definieren.

Daneben hat sich die Regierung in den vergangenen zehn Jahren intensiv mit verschiedenen Aspekten der schweizerischen Aussenpolitik befasst und die folgenden Berichte vorgelegt :
– Bericht über die schweizerische Aussenpolitik in den 90er Jahren. Der 1993 veröffentlichte Bericht diente als Grundlage für das 1994 erschienene Nord-Süd-Leitbild.
JSDW 1995, Das Nord-Süd-Leitbild der Schweiz – Kohärenz der Politiken in den Beziehungen der Schweiz mit Indonesien, S. 155-235.
JSDW 2000, Analysen und Stellungnahmen : Für eine bessere Kohärenz der schweizerischen Beziehungen mit den Entwicklungsländern, S. 3-120.
– Zwischenbericht zur europäischen Integrationspolitik der Schweiz, 1995
– Botschaft über das Bundesgesetz über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes, vom 15. Dezember 1997
– Bericht über das Verhältnis zwischen der Schweiz und der Organisation der Vereinten Nationen, 1998
JSDW 2001, siehe weiter unten
– Bericht über die europäische Integration (Integrationsbericht), 1999
– Bericht über die humanitären Dimensionen der schweizerischen Aussenpolitik, 1999*
– Bericht über die Sicherheitspolitik 2000,1999
JSDW 2000, Bericht „Sicherheit durch Kooperation”, S. 226-227.
– Bericht über die Menschenrechtspolitik der Schweiz, 2000
JSDW 2001, siehe weiter unten
– Bericht des Bundesrates über die Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik der Schweiz, 2000
JSDW 2001 Kapitel 5.2. Politik der Schweiz im Bereich der internationalen Sicherheit
Siehe dazu auch im Kapitel 6 die Liste der Berichte zur Aussenwirtschaftspolitik.

* Arbeitsgruppe „Humanitäre Politik der Schweiz“, Schlussbericht, Bern, Januar 1999. Dieses Dokument ist auch auf der Website des EDA verfügbar (www.eda.admin.ch/).

5.1.3. Beitritt der Schweiz zur UNO

22Am 16. März 1986 wurde der Beitritt der Schweiz zur UNO vom Volk mit 75,7% Nein-Stimmen massiv abgelehnt. Fünfzehn Jahre später steht die Frage erneut auf der politischen Agenda. Wie aus den Ausführungen im unten stehenden Kasten hervorgeht, wurde die Diskussion von mehreren Seiten neu in Gang gesetzt. Seit 1992 wurden nicht weniger als sieben parlamentarische Initiativen zu dieser Frage eingereicht, und im März 2000 konnten die Unterschriften einer 1998 lancierten Volksinitiative bei der Bundeskanzlei deponiert werden. Der Bundesrat erhob seinerseits den UNO-Beitritt der Schweiz zu einem vorrangigen aussenpolitischen Ziel für die Legislaturperiode 1999-2003.

23Die Schweiz ist zwar nach wie vor nicht Mitglied der UNO, unterhält jedoch seit ihrer Schaffung sehr enge Verbindungen mit dieser Institution. Wie auch der Vatikan geniesst die Schweiz seit 1948 bei den Vereinten Nationen den Beobachterstatus. Zudem nimmt die Schweiz aktiv an den Arbeiten zahlreicher Sonderorganisationen der UNO teil und unterstützt diese finanziell. Aber nur durch eine Vollmitgliedschaft erhielte die Schweiz endlich Zugang zu den weltweit massgebenden Entscheidungsorganen. Schliesslich ist die Schweiz mit Genf als Standort des europäischen Sitzes der UNO der zweitwichtigste Sitzstaat der Welt.

Wichtigste Etappen in der Debatte um einen UNO-Beitritt der Schweiz seit 1986

Die Frage nach dem UNO-Beitritt der Schweiz hat in der Vergangenheit schon öfter zu Debatten geführt. Im Folgenden wird ein chronologischer Überblick über die Diskussion seit der Ablehnung des UNO-Beitritts durch das Stimmvolk im März 1986 geboten.*
– In der ersten Hälfte der 90er Jahre wurden neun parlamentarische Motionen eingereicht, welche den Beitritt der Schweiz zur UNO forderten. Mit Zustimmung beider Kammern des Parlaments nahm der Bundesrat diese Vorstösse in Form von Postulaten an. Vorrangiges Ziel der Landesregierung zu jener Zeit war der Abschluss der bilateralen Verhandlungen mit der Europäischen Union.
– 1997 wurde die Debatte um den UNO-Beitritt der Schweiz erneut aufgegriffen. Im Juni dieses Jahres lancierte Nationalrat Remo Gysin eine Motion, in der der Bundesrat aufgefordert wurde, den Beitritt der Schweiz zu den Vereinten Nationen vorzubereiten. Der Bundesrat erklärte sich bereit, diese Motion anzunehmen, und der Vorstoss wurde vom Parlament mit grosser Mehrheit in dieser Form verabschiedet.
– In einem Postulat vom 18. Juni 1997 verlangte Nationalrat Andreas Gross vom Bundesrat die Ausarbeitung eines Berichts, welcher die Entwicklung der Beziehungen der Schweiz zur UNO seit dem 16. März erläutern sollte. Der Bericht des Bundesrates, welcher die verschiedenen Facetten der Beziehungen zwischen der Eidgenossenschaft und den Vereinten Nationen darstellte**, wurde am 1. Juli 1998 veröffentlicht.
– Am 8. September 1998 lancierte ein parteienübergreifendes Komitee eine Volksinitiative zum UNO-Beitritt der Schweiz. Diese Initiative konnte mit rund 125’000 Unterschriften am 6. März 2000 eingereicht werden. Am 23. Dezember 1998 gab der Bundesrat bekannt, den Beitritt der Schweiz zur UNO in die Zielsetzungen für die Legislaturperiode 1999-2003 aufnehmen zu wollen, was am 1. März 2000 geschah. Dieses Ziel wurde im Juni 2000 von beiden Kammern des Parlaments zur Kenntnis genommen.
– Im selben Monat lancierte der Bundesrat ein breit angelegtes Vernehmlassungsverfahren über den UNO-Beitritt der Schweiz. Stellungnahmen zu dieser Frage konnten bis im Oktober 2000 eingereicht werden. 94 Verbände und 61 Einzelpersonen nahmen an der Vernehmlassung teil und gaben innerhalb der erwähnten Frist ihre Meinung zum Beitritt ab. Die Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen bestätigten den Bundesrat in zweierlei Hinsicht in seinem Vorhaben : Erstens wurde der Beitritt zur UNO von der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer befürwortet, und zweitens wurde die Argumentation der Landesregierung für einen Beitritt weitgehend geteilt.
– Im Oktober 2000 beschloss der Bundesrat, sein Legislaturziel in die Tat umzusetzen : Er trat auf die Volksinitiative ein und empfahl deren Annahme.

* Botschaft über die Volksinitiative „Für den Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO)“ vom 4. Dezember 2000.
** Bericht des Bundesrates über das Verhältnis der Schweiz und der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) vom 1. Juli 1998 (98.051).

Bericht und Botschaft des Bundesrates für einen UNO-Beitritt

24Im Rahmen seiner Vorbereitungen zum Beitritt der Schweiz zur UNO legte der Bundesrat zwei zusätzliche Dokumente vor. Während der Bericht über die UNO aus dem Jahr 1998 die verschiedenen Facetten der Beziehungen zwischen der Schweiz und der UNO präsentierte, wurden in der Botschaft vom Dezember 2000 in erster Linie die unterschiedlichen Aspekte eines Beitritts untersucht.

Bericht über das Verhältnis zwischen der Schweiz und der Organisation der Vereinten Nationen, 1998

  • 9 Bericht des Bundesrates über das Verhältnis zwischen der Schweiz und der Organisation der Vereint (...)

25Als Antwort auf das Postulat von Nationalrat Andreas Gross legte der Bundesrat im Juli 1998 einen Bericht über die Beziehungen zwischen der Schweiz und den Vereinten Nationen vor9. Mit diesem Bericht wollte der Bundesrat die Ziele und Strukturen dieser Organisation sowie die Rolle der UNO bei der Bewältigung der Herausforderungen, welche auf den Wandel des internationalen Umfeldes zurückzuführen sind, beschreiben. Eine weitere wichtige Funktion des Berichtes war es, aufzuzeigen, auf welchen Gebieten sich die Schweiz bereits heute im Rahmen der UNO engagiert (Frieden und Sicherheit, Menschenrechte, soziale Entwicklung und Umweltschutz). Im Bericht werden die institutionellen und wirtschaftlichen Aspekte der Beziehungen zwischen der Schweiz und der UNO ebenfalls ausgeleuchtet. In diesem Zusammenhang ging der Bericht insbesondere auf den Beobachterstatus, auf die Politik der Schweiz als Sitzstaat, auf die Bedeutung des internationalen Genf und nicht zuletzt auf die finanziellen Beiträge der Schweiz an das Sekretariat und die Sonderorganisationen ein. Ferner ist ein ganzes Kapitel des Berichts der Neutralität gewidmet.

Botschaft über die Volksinitiative „Für den Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen” vom 4. Dezember 2000

26In der Botschaft wird erneut darauf hingewiesen, dass das Ziel der Volksinitiative mit dem Vorhaben des Bundesrates im Einklang steht, den Beitritt zur UNO noch im Laufe der Legislaturperiode 1999-2003 in die Tat umzusetzen. Die Regierung empfahl deshalb, die Initiative anzunehmen, und ging in ihrer Botschaft ausführlich auf neun Gründe ein, welche für einen Beitritt der Schweiz zu den Vereinten Nationen sprechen :

271. Die Schweiz soll in der Weltorganisation präsent sein : Der UNO-Beitritt unterstreicht den Willen der Schweiz, an der internationalen Politik solidarisch mitzuwirken. In diesem Zusammenhang betont der Bundesrat erneut, dass fast 100 Prozent der Weltbevölkerung in der UNO vertreten sind und dass lediglich zwei Beobachterstaaten (die Schweiz und der Vatikan) 189 Mitgliedern gegenüberstehen.
2.Die Ziele der UNO-Charta entsprechen den Zielen der schweizerischen Aussenpolitik : Die Schweiz kann sich demnach uneingeschränkt hinter die UNO-Charta stellen. Ferner geht der Bericht ausführlich auf die Frage ein, wie die Schweiz den Bestimmungen der Charta Folge leisten kann, ohne ihre Neutralität aufzugeben.
3. Die Schweiz pflegt bereits heute sehr enge Beziehungen zur UNO, aber als Mitglied kann sie auch in den Hauptorganen der UNO vertreten sein.
4. Die Schweiz kann in der UNO ihre Interessen bei der Regelung globaler Fragen besser wahren.
5. Der UNO-Beitritt verleiht der neutralen Schweiz einen grösseren internationalen Handlungsspielraum.
6. Der UNO-Beitritt ist ein Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der global tätigen schweizerischen Wirtschaft.
7. Die Schweiz gewinnt bei der zukünftigen Ausgestaltung des Völkerrechts an Einfluss : Sie kann durch den UNO-Beitritt die Entwicklung des Völkerrechts verstärkt mitprägen.
8. Die Möglichkeiten zur Vertretung der Interessen des internationalen Genf werden erweitert.
9. Die UNO bereitet sich durch Reformen auf neue Aufgaben vor.

28Die Eidgenössischen Räte werden sich im Laufe des Jahres 2001 mit der Frage befassen. Das letzte Wort aber haben die Schweizer Stimmbürger, die voraussichtlich 2002 an der Urne zum UNO-Beitritt Stellung nehmen werden.

Das System der Vereinten Nationen und die Mitwirkung der Schweiz

Das System der Vereinten Nationen und die Mitwirkung der Schweiz

Keine Beteiligung der Schweiz
Beteiligung der Schweiz

Quelle : EDA, 2000

5.1.4. Bericht über die Menschenrechtspolitik der Schweiz

  • 10 Bericht über die Menschenrechtspolitik der Schweiz vom 16. Februar 2000, Bundesblatt Nr. 18 vom 9 (...)

29Mit dem im Februar 2000 veröffentlichten Bericht über die Menschenrechtspolitik der Schweiz10 reagierte der Bundesrat auf das Postulat Bäumlin vom Dezember 1997. Nationalrätin Ursula Bäumlin hatte ihr Postulat folgendermassen begründet : „Seit Jahren stossen wir in der Aussen- und Aussenwirtschaftspolitik und beim immer bedeutender werdenden ‘Pfeiler der Aussenpolitik’, der Menschenrechtspolitik, auf Inkompatibilitäten, Ziel- und Interessenkonflikte […]”.

30Der Bericht stellt in einem ersten Teil das operationelle Konzept der internationalen Menschenrechtspolitik der Schweiz vor und bietet einen zusammenfassenden Überblick über die Prinzipien und die in den vergangenen Jahren verfolgte Praxis. Ferner wird im Bericht ein vollständiges Inventar der Instrumente vorgelegt, die der Schweiz zur Verfügung stehen, um gegen Verletzungen der Menschenrechte anzukämpfen, ihre Einhaltung zu fördern und die Schaffung der not wendigen Rahmenbedingungen zu unterstützen. Der Bericht beschreibt und kommentiert die diplomatischen, juristischen, wirtschaftlichen Mittel sowie die im Bereich der Zusammenarbeit zur Verfügung stehenden Instrumente. Daneben werden die Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Menschenrechte sowie die Entscheidungsmodalitäten, welche beispielsweise bei der Verhängung von Sanktionen als Antwort auf Verstösse zur Anwendung kommen, präsentiert. Anschliessend geht der Bericht auf die verschiedenen Ebenen der politischen Kohärenz ein, von der Ebene des Bundesrates (Konditionalität) über jene der Bundesverwaltung (interdepartementale Koordination) bis hin zur Ebene der anderen beteiligten Akteure (Parlament, Justiz, kantonale Behörden und Zivilgesellschaft). Um die schweizerische Politik auf diesem Gebiet seit dem Ende der Ost-West-Konfrontation mit konkreten Beispielen zu veranschaulichen, bietet der Bericht zudem eine Übersicht über die Aktivitäten der Schweiz auf multilateraler Ebene (OSZE, Europarat und UNO). In den abschliessenden Überlegungen plädiert der Bericht für eine kohärente und glaubwürdige Politik, welche den Menschenrechten global zur Geltung verhelfen soll. In diesem Sinne fände die schweizerische Menschenrechtspolitik Eingang in die Politik der Förderung wirtschaftlicher Beziehungen und der Entwicklungszusammenarbeit. Der Bundesrat strebe auf diesen drei Ebenen sowie in seiner gesamten Aussenpolitik Kohärenz an und sei auch bemüht, Widersprüche sowie Ziel- oder Interessenkonflikte gezielt zu vermeiden.

Reaktionen auf den Bericht über die Menschenrechtspolitik

31Der Bericht rief zahlreiche und teilweise heftige Reaktionen hervor. Dies zeigte sich auch in den lebhaften Debatten anlässlich der Herbstsession der Bundesversammlung sowie in der Stellungnahme der Schweizer Sektion von Amnesty International.

Parlamentarische Debatte

32Die beiden Kammern befassten sich während der Herbstsession 2000 mit dem Bericht11. Der Nationalrat führte eine über dreistündige intensive Diskussion, in der Sozialdemokraten und Grüne die mangelnde Kohärenz der Politik des Bundesrates zwischen der Wahrung der Menschenrechte und der Förderung von Wirtschaftsinvestitionen in Staaten, welche gegen diese Rechte Verstössen, anprangerten. Im Lager der Bürgerlichen hingegen stiess die derzeitige politische Richtung insgesamt auf Zustimmung. Zum Abschluss der Debatte verabschiedete das Parlament ein Postulat der Aussenpolitischen Kommission, in welcher der Bundesrat verpflichtet wird, alle vier Jahre einen Bericht vorzulegen, in dem die bereits ergriffenen oder in Zukunft notwendigen Massnahmen zur Förderung der Menschenrechte präsentiert werden sollen.

  • 12 Siehe dazu auch Kapitel 6.2. Bundesgesetz, über die Förderung des Exports.

33Die Debatte fand zehn Tage nach der Diskussion über das Exportförderungsgesetz statt, in deren Verlauf sich die Abgeordneten dagegen ausgesprochen hatten, die Exportförderung an die Wahrung gewisser ethischer Grundsätze (Menschenrechte, Sozial- und Umweltnormen) zu knüpfen12.

Schweizer Sektion von Amnesty International

  • 13 Amnesty International, Schweizer Sektion, „Prise de position de la section suisse d’AI sur le rap (...)

34In einer Pressemitteilung13 begrüsste die Schweizer Sektion von Amnesty International den guten Willen, den die Schweiz mit der Ausarbeitung eines Berichts über ihre Menschenrechtspolitik bewiesen hat. Die Weiterführung des Engagements der Schweiz zu Gunsten der Menschenrechte als eines der fünf wichtigsten aussenpolitischen Ziele wurde von Amnesty International mit Befriedigung zur Kenntnis genommen. Allerdings wies die Menschenrechtsorganisation darauf hin, dass die Glaubwürdigkeit eines solchen Berichts nur durch ein ausreichendes Mass an Transparenz gewährleistet werden könne, und forderte deshalb konkrete Resultate innert nützlicher Frist. Daneben rief Amnesty International dazu auf, die Interessenkonflikte zwischen Innen-, Aussen- und Aussenwirtschaftspolitik, welche eine Ausbalancierung der Werte der Menschenrechte erfordern, klar zu identifizieren.

Schaffung einer Nationalen Kommission für Menschenrechte

  • 14 Weitere Auskünfte sind erhältlich bei : Verein Menschenrechte Schweiz MERS.

35Um die Überlegungen und die Nachfolgearbeiten zur Frage der Menschenrechte weiterzuführen, nahmen mehrere bedeutende schweizerische NRO die Schaffung einer nationalen Kommission für Menschenrechte14 in Angriff und luden weitere NRO, die Gewerkschaften und Kirchen sowie Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft ein, sie in diesem Vorhaben zu unterstützen. Aufgabe dieser Kommission soll es sein, die Koordination zu verbessern, die Rolle einer Kontrollinstanz für Fragen im Zusammenhang mit den Menschenrechten wahrzunehmen und die Sensibilisierungsarbeit weiterzuführen.

5.1.5. Nationales Forschungsprogramm des SNF – NFP Nr. 42

36Das Nationale Forschungsprogramm (NFP) Nr. 42 des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung zum Thema „Grundlagen und Möglichkeiten der schweizerischen Aussenpolitik” wurde abgeschlossen.

37Der SNF war 1993 vom Bundesrat mit der Durchführung des NFP Nr. 42 beauftragt worden, welches die Entscheidungsgrundlage für die Ausarbeitung einer schweizerischen Aussenpolitik unter Berücksichtigung der wachsenden Komplexität und gegenseitigen Abhängigkeit der internationalen Beziehungen bilden, die Kohärenz und Effizienz der schweizerischen Aussenpolitik analysieren und Verbesserungsvorschläge unterbreiten sollte. Ein weiteres vorrangiges Ziel war die Sensibilisierung der Zivilgesellschaft, um den Informationsstand und das Bewusstsein der Bevölkerung für die internationalen Herausforderungen, mit welchen die Schweiz konfrontiert ist, zu verbessern.

38Die Forschungsschwerpunkte des NFP Nr. 42 waren :

  • Der globale Wandel und die schweizerische Aussenpolitik,

  • die innenpolitische Dimension der schweizerischen Aussenbeziehungen (Struktur und Entscheidungsprozesse) und

  • die Kohärenz und Wirksamkeit der schweizerischen Aussenpolitik (Zielkonflikte und Evaluierung der Instrumente).

39Der Rahmenkredit für sämtliche 59 Forschungsprojekte belief sich auf 16 Millionen Schweizer Franken. Die Forschungsarbeiten wurden 1996 aufgenommen und konnten Anfang 2000 abgeschlossen werden. Im Oktober 2000 wurde das NFP Nr. 42 offiziell mit einem Kolloquium abgeschlossen. Bei diesem Anlass zog Bundesrat Joseph Deiss, Chef des Eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten, eine Bilanz aus der Sicht der schweizerischen Diplomatie.

  • 15 Weiterführende Informationen finden sich an folgender Internet-Adresse : www.snf/nfp42.

40Im zweiten Halbjahr 2001 soll eine globale wissenschaftliche Synthese der Forschungsergebnisse publiziert werden15.

5.2. Politik der Schweiz im Bereich der internationalen Sicherheit

41Die Erhaltung des Friedens und der Sicherheit stellt eines der wichtigsten Ziele der schweizerischen Aussenpolitik dar. Seit dem Ende des Kalten Krieges wurden verschiedene Massnahmen ergriffen, mit deren Hilfe die Ausfuhr von Waffen aus Schweizer Produktion überwacht und nach und nach eine neue Strategie zur Friedensförderung erarbeitet und umgesetzt werden konnten. Seit mehreren Jahren ist ein regelmässiger Rückgang der schweizerischen Rüstungsexporte zu verzeichnen, welche heute nur noch einen geringen Anteil der gesamten Ausfuhren stellen. Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen über die Dual-use-Produkte wurde auch ein Genehmigungsverfahren für die Ausfuhr von Rüstungsgütern eingeführt. Der Bundesrat legte einen Bericht über die Politik der Schweiz im Zusammenhang mit der Rüstungs- und Abrüstungskontrolle vor. Der Bericht untersucht das Engagement der Schweiz auf internationaler Ebene und definiert die Zielsetzungen für die kommenden Jahre. Die Frage nach der Bewaffnung von Soldaten bei Auslandseinsätzen sorgte für hitzige parlamentarische Debatten. Nachdem die Eidgenössischen Räte eine Teilrevision des Armeegesetzes gutgeheissen hatten, lancierten die GSoA und die AUNS je eine Initiative, die in einer Abstimmung mündeten. Im November 2000 wurde die Initiative „Sparen beim Militär” (Umverteilungsinitiative) an der Urne abgelehnt.

5.2.1. Waffenhandel

Schweizerische Waffenexporte 1999 und Verfahren für die Ausfuhrbewilligung

  • 16 Detailliertere Informationen finden sich im JSDW 2000, Schweizerische Waffenexporte 1998 und Über (...)
  • 17 seco, Exportkontrollen und Sanktionen/Kriegsmaterial, Februar 2000.

42Die schweizerischen Waffenexporte machen heute nur noch einen geringen Teil der Gesamtexporte aus : 1999 lag ihr Anteil an den gesamten schweizerischen Exporten mit einem Betrag von 230 Millionen Franken gerade bei 0,19%, verglichen mit 1% vor zwanzig Jahren16. Zudem ist der grösste Teil der exportierten Rüstungsgüter für die Industrieländer bestimmt. Die schweizerischen Kriegsmaterialausfuhren in die Entwicklungsländer nach den Kriterien des DAC beliefen sich 1999 auf rund 74 Millionen Schweizer Franken. Malaysia war mit einem Bestellvolumen von 40,3 Millionen Franken das wichtigste Empfängerland, gefolgt von Rumänien (16,5 Millionen) und Ghana (7,9 Millionen)17.

  • 18 Bericht über die Aussenwirtschaftspolitik 99/1+2 (Bericht Nr. 00.007), Bundesblatt Nr. 11,21. Mär (...)

43Dank dem Kriegsmaterialgesetz ist die Schweiz in der Lage, ihre internationalen Verpflichtungen auf diesem Gebiet zu erfüllen. Ein absolutes Ausfuhrverbot besteht namentlich für Nuklearwaffen, bakteriologische und chemische Waffen sowie für Minen. Seit dem Inkrafttreten des Kriegsmaterialgesetzes am 1. April 1998 wurde innerhalb der Bundesverwaltung ein Verfahren für die Ausfuhrbewilligung eingerichtet. Dabei muss beim seco um eine Bewilligung angesucht werden. Das seco wiederum hat in bestimmten Fällen die Möglichkeit, das EDA einzuschalten, etwa dann, wenn die Ausfuhren ein Risiko für die Erhaltung des Friedens darstellen, wenn das Empfängerland gewisse Kriterien bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte nicht erfüllt oder wenn international Einigkeit darüber besteht, dass in das jeweilige Land kein Kriegsmaterial ausgeführt werden darf. Im Rahmen dieses Verfahrens kann auch die DEZA konsultiert werden. Bei divergierenden politischen Einschätzungen obliegt die Entscheidung dem seco. Falls die unterschiedlichen Ansichten im Hinblick auf die Menschenrechtssituation weiter bestehen, wird die Frage von den zwei zuständigen Staatssekretären diskutiert. Anschliessend kann der Fall bis zur Ebene der beiden Minister oder bis zum Bundesrat weitergereicht werden. Dieses Verfahren kam auch im Fall von Pakistan zur Anwendung, nachdem die Waffenexporte in dieses Land nach den Nuklearversuchen von 1998 verboten worden waren. Zwischen dem 1. Oktober 1998 und dem 30. September 1999 wurden Anfragen für die Ausfuhr von Dual-use- und Rüstungsgütern im Wert von 293,8 Millionen Franken eingereicht. In acht Fällen, welche Aufträge in der Höhe von 9,9 Millionen Franken umfassten, wurde die Ausfuhrgenehmigung verweigert18.

  • 19 CAD, Examen en matière de coopération pour le développement. Suisse, Vol. 1 no 4, OECD, Paris, 20 (...)

44Anlässlich der Evaluierung der Schweiz durch den DAC nahm die OECD-Delegation Kenntnis von der allgemeinen Verringerung der Waffenexporte und insbesondere vom Rückgang der Ausfuhren in die Länder des Südens. Gleichzeitig begrüsste sie die Einführung neuer Verfahren und kam zum Schluss, dass die Schweiz im Bereich der Waffenexporte einige gute Praktiken verfolge, welche zu einer verbesserten Kohärenz mit der Entwicklungshilfepolitik beitrage19.

  • 20 La Liberté, „Entre coopération et vente d’armes les contradictions s’estompent”, 25. Mai 2000.
  • 21 Laut schwedischen Quellen umfasste die Ausschreibung Venezuelas die Lieferung von 180’000 Sturmge (...)
  • 22 Le Courrier, „Exportation d’armes, de la parole aux actes, un long chemin”, 21. Januar 2000.

45Die Arbeitsgemeinschaft für Rüstungskontrolle und ein Waffenausfuhrverbot (ARW) machte im Hinblick auf diese Einschätzung einige Vorbehalte geltend. Die ARW ist der Ansicht, die Kohärenz sei durch die neue Kriegsmaterialgesetzgebung nicht verbessert worden, und führt als Beispiel die Kriegsmaterialausfuhren nach Venezuela an20. Im Frühjahr 1998 verweigerte die schwedische Regierung ihre Zustimmung zu den Waffenexporten21 nach Venezuela und begründete diese Entscheidung mit den Menschenrechtsverletzungen in diesem Land. Der Bundesrat hingegen erteilte in diesem Fall eine Ausfuhrbewilligung. In einer Interpellation der SP-Nationalrätin Barbara Haering Binder vom Juni 1999 wurde die Regierung nach ihrer Einschätzung der Menschenrechtssituation in Venezuela gefragt. In seiner Antwort erklärte der Bundesrat, die Wahrung der Menschenrechte stelle eines der Kriterien bei der Erteilung von Ausfuhrbewilligungen dar, sie sei jedoch nicht allein für die Gewährung oder Verweigerung einer Bewilligung ausschlaggebend22.

Botschaft über die Straffung der Bundesgesetzgebung im Bereich von Waffen, Kriegsmaterial und Sprengstoff

  • 23 Botschaft betreffend das Bundesgesetz über die Straffung der Bundesgesetzgebung im Bereich von Wa (...)

46Der Verkauf und die Ausfuhr von Waffen werden durch vier Gesetzestexte geregelt (das Waffengesetz (WG), das Kriegsmaterialgesetz (KMG), das Sprengstoffgesetz (SprstG) und das Güterkontrollgesetz (GKG). Als Antwort auf eine parlamentarische Motion aus dem Jahre 1997, welche eine administrative Entlastung der Wirtschaft forderte, beauftragte der Bundesrat das seco, Vorschläge für die Harmonisierung zwischen diesen vier Gesetzen auszuarbeiten. Eine bessere Abstimmung ist deswegen notwendig, weil in diesen Gesetzen teilweise die gleichen Sachverhalte (Ausfuhr, Einfuhr, Durchfuhr, Vermittlung, Herstellung) geregelt und die gleichen Güter kontrolliert werden ; überdies widersprechen sich die Vorbehalte teilweise. Schliesslich sind die Vollzugsbehörden aufgrund der ersten Erfahrungen in der Anwendung des KMG, des GKG und des WG zum Schluss gekommen, dass es ein paar wenige Lücken gibt, die geschlossen werden sollten23.

47Der vom Bundesrat unterbreitete Gesetzesvorschlag (Bundesgesetz über die Straffung der Bundesgesetzgebung im Bereich von Waffen, Kriegsmaterial, Sprengstoff sowie zivil und militärisch verwendbarer Güter) sieht vor, das derzeitige Kontrollniveau weitgehend beizubehalten. Allerdings sollen verschiedene Kontrollmassnahmen durch andere Mechanismen ersetzt werden, welche zu einer administrativen Entlastung führen. In gewissen Bereichen, in denen beim Kontrolldispositiv Lücken festgestellt wurden, sollen diese durch neue Bestimmungen geschlossen werden. Der Gesetzesvorschlag wurde vom Ständerat während der Wintersession 2000 angenommen24. Der Nationalrat wird sich 2001 mit dem Entwurf befassen.

5.2.2. Friedenspolitik

Konzept für friedensfördernde Massnahmen

  • 25 Aussenpolitischer Bericht 2000 – Präsenz und Kooperation : Interessenwahrung in einer zusammenwac (...)
  • 26 EDA, Politische Abteilung III/B, Konzept friedensfördernde Massnahmen. Legislaturperiode 2000-200 (...)

48Im Aussenpolitischen Bericht 2000 wurde das friedliche Zusammenleben der Völker als eines der fünf aussenpolitischen Ziele der Schweiz festgehalten25. Um dieses Ziel zu erreichen, will der Bundesrat ein neues Konzept für „friedensfördernde Massnahmen” verfolgen. Dieses Konzept beruht auf neuen Grundlagen, welche es ermöglichen sollen, die gegenwärtigen Herausforderungen zu meistern. Das im Konzept friedensfördernde Massnahmen26 definierte Engagement der Schweiz zur Förderung des Friedens erstreckt sich auf die folgenden vier prioritären Aktionsfelder :

  • Präventivdiplomatische, vertrauensbildende, vermittelnde Aktionen, die zur Entschärfung oder Lösung eines Konfliktes beitragen bzw. unterstützende Massnahmen, um die Parteien in ihren Fähigkeiten zur konstruktiven Konfliktaustragung zu stärken.

  • Förderung demokratischer Strukturen, der Rechtstaatlichkeit und des Minderheitenschutzes.

  • Aktionen und Massnahmen, die zur Förderung der menschlichen Sicherheit beitragen : Eliminierung der Antipersonenminen und ihrer Folgen sowie Eindämmung der Kleinwaffenproliferation.

  • Ausbau des Instrumentariums und der Kapazitäten des Bundes zugunsten der Friedensförderung.

49Im Konzept friedensfördernde Massnahmen wird betont, dass „wirkungsvolle Friedenspolitik auf einem ganzheitlichen Verständnis [basiert] und verschiedene Politikbereiche wie Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe, Menschenrechtspolitik, selbst Aussenwirtschafts- und Umweltpolitik [betrifft]”.

  • 27 „Sicherheit durch Kooperation”, Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherh (...)
  • 28 Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) setzt sich für die Wahrung de (...)
  • 29 Um die Friedenszusammenarbeit in Europa zu intensivieren, hat die NATO 1994 die Partnerschaft für (...)

50Im Bereich der Friedenspolitik will sich die Schweiz an den internationalen Bemühungen beteiligen, eine auf der Zusammenarbeit basierende internationale Sicherheitsarchitektur zu schaffen27 und eine aktive Friedensförderungspolitik verfolgen. Die Schweiz beteiligt sich aktiv an der multilateralen Kooperation und engagiert sich in zahlreichen internationalen Organisationen und Institutionen, darunter in erster Linie in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)28, in der Partnerschaft für den Frieden (PfP)29 sowie im Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat (EAPC). Ferner beteiligt sich die Schweiz an den Bemühungen zur Rüstungskontrolle und zur Nonproliferation von Massenvernichtungswaffen (siehe dazu die Ausführungen unter 5.2.3. Abrüstung). Die Schweiz bemüht sich auf ziviler wie auf militärischer Ebene, durch konkrete Massnahmen Konflikte zu verhüten und Spannungen zu entschärfen. Darüber hinaus engagiert sie sich in bilateralen Initiativen, mit welchen sie die langjährige Tradition der „guten Dienste”, der Konfliktbewältigung und der Vermittlung fortsetzt.

Friedensfördernde und friedenserhaltende Massnahmen der Schweiz im Jahr 2000

Für die Durchführung von friedensfördernden Massnahmen ist die Sektion Friedensfragen der Politischen Abteilung III/B des Eidgenössischen Departementes für auswärtige Angelegenheiten zuständig. Im Laufe des Jahres 2000 hat die Sektion zahlreiche Projekte verschiedener Grössenordnung in 35 Ländern durchgeführt. Die Projekte reichten von der Friedenserhaltung über die Vorbereitung von Rechtstexten und die Untersuchung von Kriegsverbrechen bis hin zur Minenräumung. Das Budget des vergangenen Jahres belief sich auf 37,2 Millionen Franken und lag damit um rund 10% über demjenigen des Vorjahres. Rund 230 Personen wurden von der Schweiz zur Teilnahme an internationalen Missionen entsandt. Im Dezember 2000 rief der Bundesrat einen Pool von Schweizer Experten für die zivile Friedensförderung ins Leben. Diesem Pool gehören mehrere zivile Experten an, die auf Friedensmissionen vorbereitet wurden und die gezielt im Rahmen internationaler Friedenserhaltungsmassnahmen eingesetzt werden können.

Die Sektion Friedensfragen ist in folgenden Ländern tätig :
Asien
Afghanistan, Aserbaidschan, Bangladesch, Indonesien, Kasachstan, Kirgisistan, Nordkorea, Osttimor, Sri Lanka, Tadschikistan
Naher Osten
Irak, Iran, Israel, Jordanien
Afrika
Angola, Burundi, Demokratische Republik Kongo, Mosambik, Nigeria, Simbabwe, Somalia, Sudan, Südafrika, Swasiland, Tansania
Lateinamerika
Guatemala, Kolumbien, Mexiko
Mittel- und Osteuropa und Mittelmeerländer
Albanien, Belarus, Bosnien-Herzegowina, Georgien, Jugoslawien, Kroatien, Mazedonien, Moldau, Russland, Ukraine

Quelle : EDA, Politische Abteilung III/B

Zusammenarbeit mit den NRO

51Eine intensive Zusammenarbeit zwischen den verschiedensten Akteuren innerhalb und ausserhalb der Verwaltung, mit schweizerischen Institutionen und zahlreichen Beteiligten vor Ort ist ein wichtiges Element der Bemühungen zur Friedensförderung. Die Sektion Friedensfragen arbeitet eng mit verschiedenen schweizerischen NRO zusammen und gewährt ihnen bei einigen Projekten finanzielle Unterstützung.

  • 30 Projektgruppe „Frieden und Entwicklung” und Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), (...)

52Die DEZA und die in der Entwicklungs-, Not- und Katastrophenhilfe tätigen NRO haben gemeinsam eine Broschüre mit dem Titel „Projekt Frieden”30 herausgegeben, in der verschiedene mögliche Ansätze zur Friedensförderung im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz präsentiert werden. Die Broschüre bietet einen Überblick über den derzeitigen Stand der Debatte und zeigt auf, wie die Entwicklungszusammenarbeit, die Katastrophenhilfe und die Friedensförderung in einem Umfeld fortgeführt werden, in der die Austragung von Konflikten mit Waffengewalt zunehmend zur Tagesordnung gehört. Mit rund einem Dutzend Beispiele werden verschiedene innovative Ansätze zur Konfliktbewältigung und Friedensförderung illustriert.

Ministertreffen über die menschliche Sicherheit, Mai 2000

53Am 11. Und 12. Mai 2000 lud Bundesrat Joseph Deiss in Luzern zu einem Ministertreffen ein, an dem verschiedene Aspekte der „menschlichen Sicherheit” erörtert werden sollten.

  • 31 Dem 1998 auf eine Initiative von Kanada und Norwegen ins Leben gerufenen Netzwerk gehören neben d (...)

54Am Ministertreffen waren die Mitglieder eines informellen Ländernetzwerkes31 vertreten, die sich vor allem auf internationaler Ebene für Initiativen zur Förderung der „menschlichen Sicherheit” engagieren. Das Konzept der „menschlichen Sicherheit” beruht auf einem relativ neuen diplomatischen Begriff und ist noch nicht umfassend definiert. Unter der „menschlichen Sicherheit” versteht man eine Reihe von sicherheitspolitischen Ansätzen und Initiativen, bei welchen nicht mehr nur die Sicherheit eines Staates, sondern vor allem auch die Sicherheit und die Bedürfnisse der Menschen und insbesondere der Opfer in den Vordergrund gerückt werden. Dazu gehören beispielsweise der weltweite Kampf gegen Personenminen, das Verbot der Rekrutierung von Kindersoldaten sowie die Errichtung eines internationalen Strafgerichtshofes für Kriegsverbrechen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den zwischen dem humanitären Völkerrecht und der Rüstungs- und Abrüstungskontrolle bestehenden Synergien.

55Anlässlich der Tagung in Luzern wurden zwei vorrangige Themen erörtert : einerseits die Problematik der unkontrollierten Verbreitung und des Missbrauchs von Kleinwaffen sowie die Rolle der nichtstaatlichen Akteure in Krisen- und Konfliktsituationen.

56Die Schweiz misst dem Problem der Kleinwaffen im Rahmen der Friedensförderung besondere Bedeutung bei und engagiert sich prioritär in den folgenden drei Bereichen :

  • Markierung und Informationsaustausch zur Gewährleistung einer besseren Kontrolle der Waffenströme und zur Bekämpfung des illegalen Waffenhandels ;

  • Definition von globalen Kriterien für die Herstellung und die Verbreitung von Kleinwaffen, Vergabe von Produktionslizenzen, Kontrolle der Ausfuhr und der Vermittlung ;

  • Wiederaufbau nach Beendigung von Konflikten.

57Darüber hinaus beteiligt sich die Schweiz an den Vorbereitungsarbeiten der für 2001 geplanten Konferenz der Vereinten Nationen über den illegalen Handel mit Kleinwaffen.

Bericht über Sicherheit und nachhaltige Entwicklung

  • 32 EDA, Schweiz global, Dossier „Zivile Friedensförderung”, 2/2000.

58Die Politische Abteilung III des EDA wurde vom Bundesrat beauftragt, einen Bericht auszuarbeiten, welcher die Gemeinsamkeiten zwischen der Sicherheit und der nachhaltigen Entwicklung aufzeigen soll. Zu diesem Zweck wurde eine Arbeitsgruppe mit Vertretern von verschiedenen zuständigen Stellen der Bundesverwaltung gebildet. Ziel des Berichts war es, ein Inventar der wichtigsten aussenpolitischen Instrumente zusammenzustellen, welche bei den friedenspolitischen Bemühungen in Krisenregionen zum Einsatz kommen, bestehende Synergien zwischen den verschiedenen Massnahmen aufzuzeigen und diese unter dem Gesichtspunkt der Kohärenz zu bewerten. Schliesslich sollte die Arbeitsgruppe Empfehlungen darüber abgeben, inwiefern Massnahmen zur Sicherheit und nachhaltigen Entwicklung in die Friedenspolitik integriert werden könnten. Der Bericht sollte noch vor Ende 2000 dem Bundesrat unterbreitet werden und ihm als konzeptuelle Basis für eine globale Friedenspolitik dienen32.

5.2.3. Abrüstung

Bericht des Bundesrates über die Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik der Schweiz

59Im August 2000 verabschiedete und veröffentlichte der Bundesrat einen Bericht über die Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik der Schweiz. Mit diesem Bericht reagierte die Regierung auf das Postulat Haering Binder vom Dezember 1998. In seinem Bericht erinnert der Bundesrat daran, dass die Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik (RAP) einen Schwerpunkt der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik darstellt, und bietet einen umfassenden Überblick über den Rahmen, die Ziele und die Instrumente der schweizerischen RAP (siehe weiter unten).

60Einleitend werden die neue internationale geostrategische Lage zu Beginn des 21. Jahrhunderts, welche vor allem durch das Ende der Bipolarität zwischen Ost und West gekennzeichnet ist, sowie die fortschreitende technologische Entwicklung im Zusammenhang mit der Rüstung präsentiert. Diese beiden Faktoren haben die Voraussetzungen für Rüstungskontrolle und Abrüstung grundlegend verändert.

Ziele und Instrumente der schweizerischen RAP

61Als oberstes Ziel verfolgt die RAP die nationale und internationale Sicherheit und Stabilität auf möglichst tiefem Rüstungsniveau. Wie der nachfolgenden Zusammenfassung entnommen werden kann, ist die Schweiz allen internationalen Abkommen über Rüstungskontrolle und Abrüstung beigetreten, zu denen sie Zugang hat, und beteiligt sich an allen multilateralen Konventionen zur Verhinderung der Proliferation von Massenvernichtungswaffen.

a) Massenvernichtungswaffen

b) Weltraum

62Bei den Bemühungen der Schweiz auf dem Gebiet der Abrüstung im Weltraum muss zwischen der Nonproliferation von militärischen Trägersystemen und dem Engagement zu Gunsten eines Abrüstungsprogramms im Weltraum unterschieden werden. Hinsichtlich des ersten Punktes (Massenvernichtungswaffen, die mittels ballistischer Raketen befördert werden) beschränkt sich das Engagement der Schweiz auf die Nonproliferation von Trägersystemen. Die Raketentechnologie-Kontrollordnung (Missile Technology Control Regime, MTCR) ist das einzige multilaterale Übereinkommen, welches dieses Ziel verfolgt, und beruht in erster Linie auf dem vertraglichen Engagement der Mitgliedsstaaten, keine Trägersysteme, Raketen oder wichtige Bestandteile davon zu exportieren. Daneben bestehen Ausfuhrkontrollen für eine Reihe von Gütern, die sowohl zivile als auch militärische Verwendungszwecke haben (Dual-use-Güter). Grundlage für die Mitarbeit der Schweiz beim MTCR ist das schweizerische Güterkontrollgesetz aus dem Jahre 1996. In der Vergangenheit wurden bereits verschiedene Initiativen zur Schaffung eines Abrüstungsregimes im Weltraum lanciert. Nach wie vor gibt es jedoch keine tragfähige juristische und politische Basis für solche Vorstösse. Die Schweiz unterstützt die Bemühungen zur Schaffung nichtdiskriminierender und zwingender völkerrechtlicher Normen, welche die Verbreitung von ballistischen Trägersystemen zu militärischen Zwecken verbieten sollen.

c) Konventionelle Waffen

63Die Schweiz engagiert sich stark im Rahmen der Rüstungskontrolle und Abrüstung hinsichtlich der konventionellen Waffen. Allerdings ist die OSZE die einzige etablierte sicherheitspolitische Organisation, in der die Schweiz vollberechtigtes Mitglied ist.

  • 33 Zu den VSBM gehören der gegenseitige Austausch von militärischen Informationen (darunter auch Inf (...)
  • 34 Insbesondere muss die Schweiz überprüfen, inwiefern sich ein Beitritt auf den Bestand, die Strukt (...)

64Unter der Schirmherrschaft der OSZE konnte 1990 in Wien ein Abkommen ausgehandelt werden, in dem sich die Teilnehmerstaaten zur Beachtung eines umfangreichen Katalogs von Vertrauens- und Sicherheitsbildenden Massnahmen (VSBM)33 verpflichten. Das Wiener Dokument wurde in verschiedenen Etappen aktualisiert und vervollständigt (1992, 1994 und 1999). Die Verhandlungen resultierten in wichtigen politischmilitärischen Massnahmenbündeln, so zum Beispiel den Prinzipien zur Regelung des Transfers konventioneller Waffen, den stabilisierenden Massnahmen für örtlich begrenzte Krisensituationen und dem Verhaltenskodex zu politischmilitärischen Aspekten der Sicherheit. Die neueste Revision des Vertrags über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) konnte anlässlich des OSZE-Gipfeltreffens in Istanbul 1999 verabschiedet werden. Die Schweiz betrachtet die Verabschiedung des angepassten KSE-Vertrags als einen wichtigen weiteren sicherheitspolitischen Fortschritt zwischen Atlantik und Ural. Sie ist an einem Beitritt prinzipiell interessiert und prüft diese Option derzeit unter Berücksichtigung ihrer sicherheitspolitischen Interessen und Ziele34.

65Die UNO-Waffenkonvention von 1980 verbietet oder beschränkt den Einsatz gewisser konventioneller Waffen und dient allgemein dem Verbot inhumaner Waffen. In diesem Zusammenhang konnten 1996 das Verbot von Personenlaserwaffen und zusätzliche Einschränkungen für den Einsatz von Personenminen erreicht werden. Die Schweiz unterstützt die Anwendung der Konvention aus dem Jahr 1980 auf innerstaatliche Konflikte und strebt die Schaffung von Verifizierungsmechanismen sowie die Universalisierung der Konvention an.

  • 35 Stand am 31. Januar 2001.

66Nachdem die Konvention für das Verbot von Personenminen von 110 Staaten ratifiziert wurde35, trat sie im März 1999 in Kraft. Die Ratifizierung der Konvention durch die Schweiz erfolgte im März 1998. Neben ihrem juristischen Engagement unterstützt die Schweiz auch verschiedene Minenräumungsinitiativen, insbesondere in Mosambik und in den südosteuropäischen Ländern. Diese Initiativen werden durch das EDA finanziert. In Genf hat die Schweiz das internationale Zentrum für humanitäre Minenräumung geschaffen, wo zweimal jährlich die Expertenkomitees der Minenverbotskonvention tagen. 1999 beschloss das VBS, seine Tätigkeit auf dem Gebiet der humanitären Minenräumung mit eigenem Personal und Material auszubauen sowie einen Pool von 40 Experten für internationale Einsätze auszubilden und bereitzuhalten. Überdies war die Schweiz Gastgeberin der Jahreskonferenz der Vertragsstaaten im September 2000 in Genf.

67Abschliessend weist der Bericht darauf hin, dass die Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik (RAP) eine Priorität der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik darstellt und dass die neuen Schwerpunkte bisher mittels Ressourcen gesetzt worden sind, welche zum grossen Teil durch interne Umlagerungen freigestellt wurden. Die Aufgaben verteilen sich wie folgt auf die Departemente : Das EDA ist mit der Teilnahme an internationalen Konferenzen und der Verfolgung der wesentlichsten Entwicklungen auf dem Gebiet der RAP beauftragt. Das VBS, insbesondere der Generalstab, bestreitet mit eigenen Mitteln einen wesentlichen Teil der schweizerischen RAP. Unter anderem unterstützt das VBS das EDA in internationalen Verhandlungen und sorgt für die Umsetzung der Rüstungskontroll- und Abrüstungsverpflichtungen im militärischen Bereich. Im Ausblick wird die Tatsache unterstrichen, dass die fehlende Mitgliedschaft der Schweiz bei den Vereinten Nationen das wichtigste institutionelle Defizit bei der Entwicklung einer dynamischeren schweizerischen RAP darstellt, da viele wichtigen Anliegen auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle und der Abrüstung heute Gegenstand von Beschlüssen der UNO-Generalversammlung sind. Wer wie die Schweiz dort keine Anträge einbringen oder mitunterzeichnen könne und kein Stimmrecht besitze, der sei grundsätzlich benachteiligt.

5.2.4. Revision des Militärgesetzes – Entsendung von bewaffneten Soldaten ins Ausland

68Aus dem Bericht der Studienkommission Brunner und aus den politischen Leitlinien des Bundesrates, die als Grundlage für die Ausarbeitung des Sicherheitspolitischen Berichts 2000 gedient haben, ging hervor, dass die Schweiz künftig im eigenen Interesse die Chancen der internationalen sicherheitspolitischen Zusammenarbeit stärker wahrnehmen muss. Die neuen Risiken und Probleme, mit denen sich die Staaten heute konfrontiert sehen, können oft nur gemeinsam bewältigt werden. Dies geht aus den Schlussfolgerungen des Sicherheitspolitischen Berichts „Sicherheit durch Kooperation” hervor, der als Basis für die Leitbilder Armee XXI und Bevölkerungsschutz dienen wird.

  • 36 Botschaft betreffend die Änderung des Militärgesetzes vom 27. Oktober 1999, Bundesblatt Nr. 6 vom (...)

69Die Teilrevision des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung, die in einer Botschaft vom Oktober 1999 umfassend dargelegt wurde36, stellt demnach eine erste Antwort auf den Sicherheitspolitischen Bericht 2000 dar. Diese Revision erstreckt sich auf die folgenden drei Bereiche :

  • Bewaffnung schweizerischer Verbände im Friedensförderungsdienst im Ausland ;

  • Abschluss völkerrechtlicher Verträge mit anderen Staaten über die Ausbildungszusammenarbeit ;

  • Abschluss völkerrechtlicher Vereinbarungen betreffend den Status von Schweizer Militärpersonen im Ausland bzw. ausländischen Militärpersonen in der Schweiz.

70Zu diesem Schritt war der Bundesrat unter anderem auch in einigen parlamentarischen Vorstössen aufgefordert worden, die eine angemessene Bewaffnung von schweizerischen Verbänden im Ausland als sachlich notwendig und zeitlich dringlich erachteten.

71Im Laufe des Vernehmlassungsverfahrens zeigte sich, dass vor allem die Frage der Bewaffnung sehr umstritten ist. In Anbetracht dieser Tatsache legte der Bundesrat zwei Bundesbeschlüsse vor. Damit wollte die Landesregierung sicherstellen, dass die Ausbildungszusammenarbeit und die Regelung des Status von Militärpersonen nicht durch ein allfälliges Referendum verzögert wird.

Parlamentarische Debatte

  • 37 Entwurf A (Zusammenarbeit mit dem Ausland auf dem Gebiet der Ausbildung) zum Bundesgesetz über di (...)
  • 38 Bundesversammlung, Änderung des Militärgesetzes, Behandlung in den Räten (Verhandlungen von Natio (...)

72Die Teilrevision des Militärgesetzes wurde von den Eidgenössischen Räten nach einer lebhaften Debatte angenommen37. In der Eintretensdebatte des Nationalrates kristallisierten sich vier Positionen heraus : Eine Gruppe von Abgeordneten aus dem Lager der Grünen und der Arbeiterpartei sowie einige Sozialdemokraten lehnten militärische Einsätze im Ausland vehement ab. Sie vertraten die Ansicht, dass die Schweiz mit der Entsendung von Soldaten der Völkergemeinschaft genau das zur Verfügung stellen würde, was sie am wenigsten braucht. Weitaus wichtiger sei es, eine Friedenspolitik zu fördern, die den Ursachen der Konflikte nachgehe ; auf diesem Gebiet seien jedoch grosse Anstrengungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und in Bezug auf die zivilen Friedensförderungsmassnahmen notwendig. Die Mehrheit der SVP-Fraktion und der Vertreter der Schweizer Demokraten und der Lega sprachen sich ebenfalls gegen Militäreinsätze im Ausland aus, die Schweiz müsse stattdessen die zivile humanitäre Hilfe ausbauen. Ausserdem vertraten sie die Ansicht, die Entsendung von Schweizer Soldaten ins Ausland sei mit dem Grundsatz der Neutralität nicht vereinbar. Die sozialdemokratische Fraktion hingegen befürwortete mehrheitlich das Eintreten auf die Vorlage, unter der Bedingung allerdings, dass sich die militärischen Einsätze auf die Wahrnehmung von UNO- oder OSZE-Mandaten beschränke und dass die Soldaten lediglich zum Zwecke der Selbstverteidigung bewaffnet würden. Bei den Freisinnigen und den Vertretern der CVP hingegen trafen die Vorschläge des Bundesrates und der Kommissionsmehrheit vornehmlich auf Unterstützung. Sie erklärten, die Zusammenarbeit sei der einzige Weg zur Gewährleistung einer umfassenden Sicherheit. Die Annahme des Vorschlages sei ein erster und wichtiger Schritt hin zur Umsetzung des Sicherheitspolitischen Berichts 2000. Bundesrat Adolf Ogi selbst bezeichnete den Vorschlag als vorsorgliche Sicherheitsmassnahme und machte dabei das Argument der Solidarität mit der internationalen Gemeinschaft sowie die Tatsache geltend, dass ein Abseitsstehen der Schweiz auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik in Zukunft undenkbar sei. Im Rahmen der Divergenzbereinigung zur Frage der Entsendung bewaffneter Militärpersonen ins Ausland näherte sich der Nationalrat dem Standpunkt des Ständerates an. Adolf Ogi bekräftigte, eine Teilnahme der Schweiz an bewaffneten Einsätzen zur Wiederherstellung des Friedens stehe nicht zur Debatte, sondern es handle sich ausschliesslich um Aufgaben der Friedensförderung. Ob die Soldaten mit Waffen ausgerüstet werden oder nicht, werde vom Bundesrat von Fall zu Fall entschieden. Die Landesregierung erklärte sich bereit, eine Kommission zu nominieren, welche die ergriffenen Massnahmen überwachen soll38.

Zwei Referenden lanciert

73Im Oktober lancierten die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) und die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) zwei Referenden gegen die Teilrevision des Militärgesetzes.

  • 39 Eine detaillierte Aufstellung der Argumente findet sich auf der Internet-Site der AUNS : www.auns (...)

74Im Falle der AUNS handelt es sich um ein doppeltes Referendum, welches gegen beide Aspekte dieser Revision gerichtet ist, nämlich sowohl gegen die Möglichkeit, bewaffnete Schweizer Militärpersonen im Rahmen von Friedensmissionen ins Ausland zu entsenden, als auch gegen die Ermächtigung des Bundesrates, Vereinbarungen über die Ausbildung ausländischer Militärpersonen in der Schweiz abzuschliessen. Die AUNS stützt sich dabei auf die folgenden vier Argumente39 :

  • Ökonomische Erwägungen („unverantwortliche Geldverschleuderung”),

  • Die Armeereform müsse sich ausschliesslich auf die Schweiz konzentrieren, um zu verhindern, dass die Schweiz „zum Vasallen fremder Befehlshaber” (NATO) wird,

  • Schweizer Soldaten sollen sich nicht im Ausland in Lebensgefahr begeben müssen („Heimkehr im Zinksarg – wer trägt die Verantwortung ?”),

  • Wahrung der Neutralität der Schweiz, welche sich auf die zivile humanitäre Hilfe und die Friedensdiplomatie konzentrieren soll.

  • 40 Eine detaillierte Aufstellung der Argumente findet sich auf der Internet-Site der GSoA : www.gsoa (...)

75Auch die GSoA hat zusammen mit anderen Organisationen ein so genanntes „friedenspolitisches Referendum” lanciert. Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee hatte drei Minimalbedingungen für die Gesetzesrevision genannt : 1) Strikte Anbindung der bewaffneten Beteiligung an ein UNO- bzw. OSZE-Mandat, 2) Beschränkung der Einsätze auf Friedenserhaltung und 3) Beschränkung der Bewaffnung auf den Selbstschutz. Nach Ansicht der GSoA hat das Parlament nur die erste dieser drei Bedingungen erfüllt. Die Armeegegner befürchten nun, dass die Schweiz künftig mit schweren Waffen an friedenserzwingenden Einsätzen teilnehmen könnte. Die direkte Teilnahme an Kampfhandlungen ist zwar gesetzlich ausgeschlossen, die Armeegegner sind jedoch der Ansicht, dass es in der Praxis schwierig sein dürfte, den Kämpfen auszuweichen40.

76Diese beiden Referenden haben die erforderlichen Unterschriften erhalten und wurden im Januar 2001 bei der Bundeskanzlei eingereicht. Nach der üblichen Überprüfung der Unterschriften wird voraussichtlich am 10. Juni das Schweizer Stimmvolk an der Urne dazu Stellung nehmen.

5.2.5. Reorganisation des VBS

77Angesichts der intensiven Ausweitung der sicherheitspolitischen Zusammenarbeit, welche einen neuen Schwerpunkt in der schweizerischen Aussenpolitik darstellt, ist ein Ausbau im Bereich Führung und Koordination, namentlich im strategischpolitischen Bereich, unabdingbar geworden.

78Um die Anpassung an die neuen sicherheitspolitischen Gegebenheiten zu gewährleisten, hat der Bundesrat deshalb im Dezember 2000 das VBS in einem Grundsatzentscheid ermächtigt, die Schaffung einer Direktion für Sicherheitspolitik innerhalb des Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport in die Wege zu leiten.

79Die Direktion für Sicherheitspolitik soll folgende organisatorische Einheiten umfassen :

  • den Bereich Sicherheits- und Verteidigungspolitik aus dem Generalsekretariat VBS,

  • den Strategischen Nachrichtendienst,

  • die Federführung in der Koordination der Aktivitäten im Rahmen der Partnerschaft für den Frieden sowie

  • die Führung der drei Genfer Zentren (Sicherheitspolitik, humanitäre Minenräumung und demokratische Kontrolle von Streitkräften).

  • 41 VBS, Pressemitteilung „Bundesrat : Ermächtigung für Direktion für Sicherheitspolitik im VBS”, 11. (...)

80Die Direktion für Sicherheitspolitik wird ihre Arbeit voraussichtlich am 1. Januar 2002 aufnehmen41.

5.2.6. Eidgenössische Volksinitiativen

„Sparen beim Militär und der Gesamtverteidigung – für mehr Frieden und zukunftsgerichtete Arbeitsplätze (Umverteilungsinitiative)”

81Die von der Sozialdemokratischen Partei lancierte „Umverteilungsinitiative” wurde am 26. November 2000 vom Volk mit 62,3% der Stimmen abgelehnt. Mit Ausnahme von vier Westschweizer Kantonen (Jura, Genf, Neuenburg und Waadt) wurde der Vorstoss von allen Ständen verworfen. Die Initianten forderten eine Halbierung der für die Landesverteidigung vorgesehenen Kredite – wobei die Zahlen aus dem Jahr 1987 als Referenz dienten – und schlugen vor, die so eingesparten Mittel für eine Verstärkung der Friedenspolitik und für die Umschulung der betroffenen Personen auf zivile Aufgaben einzusetzen.

  • JSDW 2000, Kapitel 5.6.1. Eidgenössische Volksinitiativen, S. 234-236.

Hängige Initiativen

82Zur Zeit sind zwei Volksinitiativen im Zusammenhang mit der Sicherheits- und Friedenspolitik noch hängig. Sie sollen in den kommenden Monaten und Jahren Volk uns Ständen vorgelegt werden :

  • Initiative „Für eine glaubwürdige Sicherheitspolitik und eine Schweiz ohne Armee”. Diese Initiative will mit einer Verfassungsänderung die Abschaffung der Armee und ein Verbot für bewaffnete Streitkräfte erzielen.

  • Initiative „Solidarität schafft Sicherheit : Ein freiwilliger ziviler Friedensdienst” : Ziel dieser Initiative ist die Schaffung eines permanenten zivilen Friedensdienstes. Diese unbewaffnete Einheit soll einen Beitrag zur raschen Erkennung und Prävention von Gewaltsituationen sowohl im In- als auch im Ausland leisten.

83Beide Initiativen wurden am 5. Juli 2000 vom Bundesrat ohne Gegenvorschlag abgelehnt.

  • Eine Präsentation der Forderungen dieser beiden Initiativen findet sich im JSDW 2000, S. 235-236.

5.3. Geldwäscherei, Kapitalflucht und Korruption

  • 42 Im Jahrbuch Schweiz-Dritte Welt 2000 wurden die wichtigsten Gesetzesänderungen seit 1999 ausführl (...)

84Im Bestreben, den Kampf gegen die Geldwäscherei zu verstärken und die Rahmenbedingungen für die internationale Rechtshilfe zu verbessern, sind in der Schweiz seit 1990 verschiedene Gesetzesrevisionen durchgeführt worden. In der Ausgabe 2000 des Jahrbuchs wurden die seit Ende der 80er Jahre im gesetzgeberischen Bereich erzielten Fortschritte ausführlich dargelegt42. Die Anstrengungen in den Bereichen Gesetzgebung und Organisation der Gerichtsbarkeit konzentrierten sich insbesondere auf die Bekämpfung der Geldwäscherei und des organisierten Verbrechens, auf die Neuorganisation der Bundespolizei und der Bundesanwaltschaft, auf den Kampf gegen die Korruption sowie auf die internationale Rechtshilfe.

85Die im vergangenen Jahr aufgedeckte Affäre um die vom ehemaligen nigerianischen Präsidenten Sani Abacha in der Schweiz deponierten Vermögenswerte zeigt jedoch, dass es nach wie vor möglich ist, Gelder in der Höhe von 660 Millionen Dollar auf Schweizer Banken zu hinterlegen und dass, wie aus einer Umfrage der Eidgenössischen Bankenkommission hervorgeht, mehrere Schweizer Banken ihre Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit Vermögenswerten von Kunden, die dem Abacha-Clan nahe stehen, grob vernachlässigt haben.

5.3.1. Kampf gegen die Geld Wäscherei

Bericht der OECD-Arbeitsgruppe gegen Geldwäscherei (FATF)

  • 43 Die 40 Empfehlungen der FATF können auf folgender Internet-Adresse konsultiert werden : www.oecd. (...)

861990 hatte die FATF 40 Empfehlungen für eine effizientere Bekämpfung der Geldwäschereitätigkeiten herausgegeben43. Diese Empfehlungen haben zwar keinen bindenden Charakter, die FATF hat jedoch eine Reihe von Mechanismen ausgearbeitet, um Druck auf Mitglieds- und Nichtmitgliedsländer auszuüben, damit sie ihre Gesetzgebung laufend verstärken und die Empfehlungen einhalten (Erstellung eines jährlichen Berichts, jährliche Selbstevaluierung und periodische gegenseitige Evaluierung der in den verschiedenen Ländern getroffenen Massnahmen, Durchführung von Seminaren in den Nichtmitgliedsländern). In einem jährlich erscheinenden Bericht werden die erzielten Fortschritte, aber auch die nach wie vor bestehenden Lücken analysiert. Ferner werden neue Tendenzen in der Geldwäscherei erläutert und Massnahmen vorgeschlagen, welche dazu beitragen sollen, die bestehenden Bekämpfungsmechanismen an diese neuen Entwicklungen anzupassen.

Veröffentlichung von Listen mit nicht kooperativen Ländern und Gebieten

  • 44 GAFI, Rapport visant à identifier les pays ou territoires non coopératifs : Améliorer l’efficacit (...)

87Im Laufe des ersten Halbjahrs 2000 wurden drei „schwarze Listen” mit Ländern und Gebieten veröffentlicht, welche bei der Bekämpfung der Geldwäscherei nicht mit der geforderten Konsequenz vorgehen. Im Juni 2000 stellte die FATF erstmals auch einen Bericht vor, welcher alle nicht kooperativen Länder und Gebiete ermittelt44. Die 15 Länder, welche nach Ansicht der FATF bei der Bekämpfung der Geldwäscherei mangelnde Kooperationsbereitschaft zeigen, werden in der unten stehenden Aufstellung genannt. Ferner hat die OECD im vergangenen Jahr eine Liste mit 35 so genannten Steuerparadiesen vorgelegt, in welchen bedenkliche Praktiken (Anziehung verschiedener Aktivitäten durch eine geringe oder gar keine Besteuerung, mangelhafte Transparenz oder Zulassung von Gesellschaften ohne reelle Wirtschaftstätigkeit) gang und gäbe sind. Das von der G7 ins Leben gerufene Forum für finanzielle Stabilität (Forum pour la stabilité financière) seinerseits veröffentlichte eine Liste mit 25 Ländern, in denen die Kontrolle über die Finanzinstitute als mangelhaft beurteilt wird. Zwar wird die Schweiz auf diesen Listen nicht erwähnt, hingegen werden zahlreiche Länder und Gebiete genannt, in denen Schweizer Banken über Niederlassungen tätig sind. Wie aus einer Statistik der Schweizerischen Nationalbank hervorgeht, sind zahlreiche dieser Gebiete durch teilweise bedeutende Kapitalbewegungen mit dem Finanzplatz Schweiz verbunden. Gegenüber den auf diesen Listen aufgeführten Ländern sind keinerlei Sanktionen vorgesehen. Vielmehr erhofft man sich, dass die betreffenden Länder unter dem Druck der Öffentlichkeit die notwendigen Gesetzesänderungen in die Wege leiten.

Tabelle 10 : Listen der bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Steuerflucht nicht kooperativen Ländern.

Tabelle 10 : Listen der bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Steuerflucht nicht kooperativen Ländern.

Quelle : OECD, G7 (Forum pour la stabilité financière)

Umsetzung des neuen schweizerischen Geldwäschereigesetzes (Rechenschaftsbericht der Meldestelle für Geldwäscherei)

88Seit 1990 gelten Geldwäschereitätigkeiten als strafbare Handlungen. Die Finanzintermediäre haben seit 1994 das Recht, im Zusammenhang mit zweifelhaft erscheinenden Transaktionen ihre Verdächtigungen den zuständigen Behörden mitzuteilen. Mit dem Inkrafttreten des neuen Geldwäschereigesetzes (GwG) im April 1998 wurde der Geltungsbereich der Gesetzgebung auf diesem Gebiet vom Bankensektor auf sämtliche Finanzintermediäre ausgeweitet und die Meldepflicht im Falle verdächtiger Transaktionen eingeführt. Eine Reihe von Rücktritten bei den für die Umsetzung des neuen Gesetzes zuständigen Stellen hat gezeigt, dass eine effiziente Umsetzung dieses Gesetzes angesichts des Personalmangels im Bereich der Überwachung mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist. Eine weitere mit dem Gesetz in Kraft getretene Neuerung besteht darin, dass die Meldepflicht nur besteht, wenn eine Geschäftsbeziehung eingegangen worden ist. Beschliesst eine Bank im Hinblick auf einen verdächtigen Fall, keine Geschäftsbeziehung einzugehen, indem sie die Kontoeröffnung verweigert, so ist sie nicht verpflichtet, ihren Verdacht zu melden.

89Zur Überwachung der Durchführung des neuen Gesetzes wurden auf Bundesebene zwei neue Stellen geschaffen :

    • 45 „Massnahmenpaket zur Unterstützung der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei”, Pres (...)
    • 46 Tribune de Genève, 19. Dezember 2000. Le Temps, 7 November 2000, „La lutte contre le blanchiment do (...)

    Die Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei ist der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) unterstellt und für die Überwachungstätigkeit zuständig. Die Umsetzung des Gesetzes beruht auf dem Grundsatz der Selbstregulierung. Die dem Gesetz unterstehenden Finanzintermediäre müssen nach Möglichkeit einer privaten Selbstregulierungsorganisation beitreten, deren Aufgabe darin besteht, die Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Massnahmen zu überwachen. Finanzintermediäre, die keiner solchen Organisation beigetreten sind, werden direkt durch die auf Bundesebene eingerichtete Kontrollstelle überwacht. Bis Ende November 2000 sind insgesamt 4900 Finanzintermediäre einer der 12 anerkannten Selbstregulierungsorganisationen beigetreten. 550 weitere haben direkt bei der Eidgenössischen Finanzverwaltung ein entsprechendes Ansuchen eingereicht. Schätzungen zufolge gibt es noch rund 8000 Finanzintermediäre, die bis zum gesetzlich vorgeschriebenen Termin im April 2000 einer Selbstregulierungsorganisation beitreten oder ein entsprechendes Gesuch an die Finanzverwaltung richten müssen. Die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen hat bei der Kontrollstelle, welche nur acht Mitarbeiter zählt, zu einer Arbeitsüberlastung geführt. Zusammen mit dem Mangel an für die Durchsetzung verfügbaren Ressourcen und verschiedenen organisatorischen Problemen bewog diese Arbeitsüberlastung einige Mitarbeiter dazu, ihre Kündigung einzureichen. Im November 2000 beschloss der Bundesrat, die Mitarbeiterzahl der Kontrollstelle nach und nach auf 12 zu erhöhen45. Für die Bearbeitung der Anfragen von 550 Finanzintermediären, welche sich direkt der Kontrollstelle unterstellen möchten, soll eine Task Force gebildet werden. Bei den schweizerischen KMU, welche nun ebenfalls an das Geldwäschereigesetz gebunden sind, herrscht nach wie vor Unklarheit darüber, welche Massnahmen für die Einhaltung dieser Bestimmungen notwendig sind. Während Grossbanken auf Mitarbeiter mit juristischer Ausbildung zählen können, ist es für einen Hotelbesitzer beispielsweise ungleich schwieriger, sich über die erforderlichen Schritte Klarheit zu verschaffen46.

    • 47 MROS, Money Laundering Reporting Office Switzerland. Adresse Internet : www.admin.ch/bap.

    Die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS)47 ist dem Bundesamt für Polizeiwesen (EJPD) angegliedert und untersucht sämtliche ihr gemeldeten zweifelhaften Transaktionen. Gemäss den Bestimmungen des Geldwäschereigesetzes sind die Finanzintermediäre verpflichtet, die Identität der Personen, mit denen sie Geschäftsbeziehungen unterhalten, zu überprüfen und die Meldestelle zu informieren, sobald sie im Zusammenhang mit einer bestimmten Transaktion Verdacht schöpfen. Anschliessend muss die Meldestelle innerhalb von 5 Tagen, während denen die verdächtigen Konten blockiert bleiben, entscheiden, ob dieser Verdacht begründet ist oder nicht. Falls sich die Verdachtsmomente bestätigen, wird der Fall an die Strafverfolgungsbehörden der zuständigen Kantone weitergereicht. Die Sperrung der Konten wird dadurch aufrechterhalten.

90Im Juni 2000 veröffentlichte die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) ihren zweiten ausführlichen Rechenschaftsbericht. Dieser Bericht bietet einen Überblick über die Art der Mitteilungen, die die Meldestelle von den Finanzintermediären erhalten hat. Sowohl die Zahl der Meldungen als auch der Umfang der betroffenen Vermögenswerte hat sich im vom Bericht abgedeckten Zeitraum zwischen April 1999 und März 2000 drastisch erhöht : Alles in allem wurden 370 Fälle gemeldet, in denen Verdacht auf Geldwäscherei bestand (gegenüber 160 Meldungen in den Jahren 1998/99). Die Meldungen bezogen sich auf Vermögenswerte in der Höhe von insgesamt 1,5 Milliarden Franken (gegenüber 334 Millionen Franken im Vorjahr). In den allermeisten Fällen haben sich die Verdächtigungen als begründet erwiesen. Insgesamt wurden Meldungen über 1,45 Milliarden Franken an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet, welche daraufhin Ermittlungsverfahren eingeleitet haben. Von den verdächtigen Fällen waren in erster Linie die zuständigen Behörden der Kantone Genf (52% der Fälle), Zürich (25%) und Tessin betroffen, welche für die Schweiz bedeutende Finanzplätze beherbergen. Bei den in die verdächtigten Fälle verwickelten Geschäftspartner handelte es sich vor allem um Finanzintermediäre mit Geschäftssitz in der Schweiz, in verschiedenen Offshore-Finanzplätzen sowie in den Nachbarländern Deutschland, Italien und Frankreich, aber auch um in Russland oder Nigeria angesiedelte Firmen.

91Allerdings liegt der Anteil der vom Nichtbankensektor gemeldeten Fälle nach wie vor deutlich unter den Erwartungen : 85% der eingegangenen Meldungen stammten von Banken. Von den gemeldeten Fällen stammen lediglich 1,1% aus dem Versicherungssektor, 1,6% von Anwälten, 2,4% von Treuhändern und 5,1% von Vermögensverwaltern. Die markante Zunahme der 1999/2000 bei der Meldestelle eingegangenen Hinweise lässt sich auf zwei Faktoren zurückführen : Zum einen auf die Presseberichterstattung über in den USA durchgeführte Ermittlungen gegen die Bank of New York (welche verdächtigt wurde, aus Russland stammende Gelder gewaschen zu haben), und zum anderen auf die Informationen des Bundesamtes für Polizeiwesen über das Rechtshilfegesuch der nigerianischen Behörden bezüglich der Vermögenswerte, welche durch Vertraute des ehemaligen nigerianischen Präsidenten Abacha in der Schweiz platziert wurden (siehe unten). Aus dem Bericht der MROS geht hervor, dass Meldungen von Finanzintermediären über verdächtige Transaktionen in erster Linie, d.h. in 35% aller Fälle dann erfolgen, wenn sie aus den Medien von bestimmten Affären erfahren haben und feststellen, dass einige ihrer Kunden in diese strafbaren Handlungen verwickelt sein könnten. Weitere häufige Gründe für Meldungen sind mangelnde Durchschaubarkeit des wirtschaftlichen Hintergrundes einer bestimmten Transaktion (24% aller Fälle) sowie von den Strafverfolgungsbehörden erhaltene Informationen (22%).

92Die am häufigsten festgestellten Tatbestände sind der Betrug (19% der Fälle), die Geldwäscherei (15%) sowie der Vertrauensmissbrauch (12%). In weiteren 4% der Fälle handelt es sich um Korruption und in 2% um Machenschaften im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen. Eine Verbindung mit dem Drogenhandel konnte in lediglich 3% der Fälle festgestellt werden. Ein Grund für diesen geringen Anteil könnte sein, dass die Finanzintermediäre Missbräuche im Finanzsektor leichter identifizieren können als Rechtswidrigkeiten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln.

93Der Chef der Meldestelle, Daniel Thelesklaf, legte ferner in seinem Rechenschaftsbericht ausführlich dar, welche Strategie MROS verfolgen will, um zu einem Kompetenzzentrum für Fragen der Geldwäscherei zu werden. Zu diesem Zweck sollen die Tätigkeiten von MROS in den Bereichen Ausbildung und Information verstärkt werden, etwa durch die Veröffentlichung fachspezifischer Berichte über Geldwäschereipraktiken, durch die Versorgung der Strafverfolgungsbehörden mit Informationen, durch die Schaffung von Informationsnetzwerken mit den für die Überwachung zuständigen Behörden, den Selbstregulierungsorganisationen und den Finanzintermediären aufgebaut und durch eine Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit Bundesrätin Ruth Metzler im Zusammenhang mit der zu verfolgenden Strategie in diesen Bereichen haben der Chef der Meldestelle sowie die meisten seiner Mitarbeiter ihren Rücktritt eingereicht.

Verhaltenskodex der weltweit wichtigsten Banken

  • 48 Diesem Verhaltenskodex, der unter dem Namen „Wolfsberg-Principles” bekannt ist, sind insbesondere (...)

94Mit der Annahme eines Verhaltenskodex im Oktober 2000 wollten 11 der weltweit grössten Banken ihre Bemühungen verstärken, um Missbräuche ihrer internationalen Tätigkeiten zu kriminellen Zwecken zu verhindern48. Mit dem Verhaltenskodex verpflichten sich die Banken, Geschäftsbeziehungen nur mit Kunden zu pflegen, deren Vermögenswerte nachweislich aus legitimen Quellen stammen. Für jedes Konto muss die Identität des Kunden beziehungsweise des wirtschaftlich Berechtigten überprüft werden. In Bezug auf die Schweiz, wo diese Forderungen bereits gesetzlich verankert sind, stellt dieser Verhaltenskodex keine Neuerung dar. Bereits heute ist es für Schweizer Banken verboten, ihre ausländischen Niederlassungen als Hintertür zur Umgehung der in der Schweiz geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu benutzen. Die Richtlinien richten sich demnach in erster Linie an ausländische Banken, welche in gewissen Ländern tätig sind, in denen keine Sorgfaltspflicht besteht.

5.3.2. Kampf gegen das organisierte verbrechen

951999 verabschiedeten die Eidgenössischen Räte verschiedene Gesetzesänderungen, kraft denen die Kompetenzen des Bundes auf dem Gebiet des organisierten Verbrechens und der Wirtschaftskriminalität erweitert wurden, wobei die tragende Rolle der Kantone in diesem Bereich nicht beschnitten wurde

  • JSDW 2000, S. 247-250.

96Der 1994 eingeführte Artikel 260ter des Schweizerischen Strafgesetzbuches erlaubt es, Mitglieder einer verbrecherischen Organisation strafrechtlich zu verfolgen, selbst wenn in der Schweiz selbst keine strafbaren Handlungen stattgefunden haben. Allerdings ist bis heute noch keine Verurteilung auf Grund dieser Gesetzesbestimmung vorgenommen worden. Das Verfahren gegen Sergei Michailow wurde aus Mangel an Beweisen mit einem Freispruch beendet. Darüber hinaus musste der Kanton Genf dem russischen Geschäftsmann eine Summe von 800’000 Franken als Entschädigung für seine Verhaftung und Inhaftierung in Genf zahlen.

Bilaterales Abkommen mit Ungarn über die Bekämpfung der Kriminalität

  • 49 Botschaft zum Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Ungarn (...)

97Im August 2000 legte der Bundesrat seine Botschaft über das mit Ungarn geschlossene Abkommen zur Bekämpfung der Kriminalität vor49.

  • 50 Botschaft des Bundesrates vom 14. Dezember 1998, Bundesblatt 1999, S. 1485 ff.
  • 51 Botschaft des Bundesrates vom 24. November 1999, Bundesblatt 2000, S. 862 ff.

98Es handelt sich dabei um das erste Abkommen dieser Art, das die Schweiz mit einem Land abgeschlossen hat, mit dem sie keine gemeinsame Grenze besitzt. Im Unterschied zu den Anfang 1999 verabschiedeten Abkommen mit Frankreich und Italien50 und den noch nicht ratifizierten Verträgen mit Deutschland, Österreich und Liechtenstein51 beschränkt sich der Geltungsbereich des Abkommens mit Ungarn auf die polizeiliche Zusammenarbeit und enthält keinerlei Bestimmungen über den Justizbereich. Die polizeiliche Zusammenarbeit in Fällen politischer und steuerrechtlicher Straftaten wurde ebenfalls ausgeklammert.

99Das Abkommen regelt die direkte Zusammenarbeit zwischen den Polizei- und Zollbehörden der beiden Länder im Kampf gegen das organisierte Verbrechen und bildet eine rechtliche Grundlage für den Austausch von Informationen, wobei der Datenschutz gewahrt bleibt (Austausch von Informationen und Daten auf dem Gebiet der Kriminologie, bezüglich der Identität von in verbrecherische Handlungen verwickelten Personen und über Netzwerke des organisierten Verbrechens sowie Übermittlung von zu Forschungszwecken durchgeführten Untersuchungen). Geltungsbereich des Abkommens ist die Kooperation zwischen Ungarn und der Schweiz hinsichtlich des organisierten Verbrechens, des Drogenhandels, der Wirtschaftskriminalität, der Geldwäscherei, des Terrorismus, des unerlaubten Handels mit Waffen und explosiven, toxischen und radioaktiven Stoffen, der Falschmünzerei, der Beschädigung historisch und kulturell wertvoller Güter und Kunstwerke sowie des Menschenhandels. Ferner enthält das Abkommen verschiedene Bestimmungen über die gegenseitige Unterstützung im Bereich der Ausbildung (Austausch von Spezialisten, Organisation von Weiterbildungskursen und Informationen über Methoden zur Repression und der Prävention der Kriminalität).

Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen transnationale organisierte Kriminalität

  • 52 Die internationale Zusammenarbeit gegen die organisierte Kriminalität verstärken, Pressemitteilun (...)

100Die UN-Übereinkommen über die Bekämpfung der transnationalen organisierten Kriminalität wurde am 12. Dezember 2000 anlässlich einer internationalen Konferenz in Palermo (Italien) verabschiedet und zur Unterzeichnung vorgelegt. Rund 15 Staatschefs und 110 Justizminister, darunter auch Bundesrätin Ruth Metzler, haben an der Konferenz teilgenommen, und die Konvention wurde innerhalb von 4 Tagen nach ihrer Verabschiedung von sage und schreibe rund 120 Staaten, unter anderem von der Schweiz, unterzeichnet52.

101Das Übereinkommen will die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der transnationalen Kriminalität fördern (darunter versteht man Straftaten, von denen mehrere Staaten betroffen sind und die von einer in mindestens zwei Staaten präsenten verbrecherischen Gruppe begangen wurden bzw. die in einem Staat begangen, jedoch von einem anderen Land aus geplant und überwacht wurden). Dieses rechtlich zwingende Instrument umfasst zwei Ebenen : Einerseits die Harmonisierung der nationalen Gesetzgebungen sowie die Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Die Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens verpflichten sich insbesondere,

  • die Zugehörigkeit zu einer verbrecherischen Organisation unter Strafe zu stellen,

  • gesetzliche oder andere Massnahmen zu ergreifen, um vorsätzlich durchgeführte Geldwäschereitätigkeiten strafrechtlich zu verfolgen,

  • die vorsätzliche aktive und passive Korruption von Beamten zu unterbinden und Fälle von aktiver und passiver Korruption durch ausländische Amtsträger zu bestrafen,

  • Massnahmen zu ergreifen, um die Haftbarkeit juristischer Personen im strafrechtlichen, zivilrechtlichen und administrativen Bereich festzuschreiben (d.h., dass Unternehmen in Fällen von Geldwäscherei oder der Zugehörigkeit zu einer verbrecherischen Organisation haftbar gemacht werden), und

  • Gegenstände, die zur Durchführung einer verbrecherischen Handlung verwendet wurden oder dazu vorgesehen waren, sowie aus verbrecherischen Handlungen stammende Vermögenswerte sicherzustellen.

102Ferner enthält das neue Übereinkommen eine äusserst innovative Bestimmung, wonach ein Teil der vom Staat sichergestellten, aus dem organisierten Verbrechen stammenden Vermögenswerte in einen Fonds der Vereinten Nationen fliessen soll, mit dessen Hilfe die Entwicklungsländer bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens unterstützt werden könnten. Italien beispielsweise hat sich verpflichtet, jährlich 25% der im Kampf gegen die Mafia sichergestellten Vermögenswerte in diesen Fonds einzuzahlen.

103Das Bestreben, die nationalen Gesetzgebungen zu harmonisieren, stellt einen wichtigen Aspekt dieses neuen Übereinkommens dar. Die Zugehörigkeit zu einer verbrecherischen Organisation etwa ist noch längst nicht in allen Ländern als strafrechtlicher Tatbestand verankert (so zum Beispiel auch in den angelsächsischen Ländern), und die Geldwäscherei wird in manchen Ländern nur dann strafrechtlich verfolgt, wenn die betreffenden Gelder aus dem Drogenhandel stammen, nicht aber im Zusammenhang mit Menschenhandel oder Schmuggel.

104Das Übereinkommen tritt in Kraft, sobald es von 40 Staaten ratifiziert worden ist. Vor der Ratifizierung durch die Eidgenössischen Räte müssen gewisse gesetzliche Bestimmungen geändert werden, obschon die schweizerische Gesetzgebung weitgehend mit den Bestimmungen des Übereinkommens kompatibel ist. Damit die Anforderungen der Konvention lückenlos erfüllt werden können, müsste die Schweiz eine gesetzliche Basis für die Haftung juristischer Personen erarbeiten. Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen betreffend Frauen- und Kinderhandel und Schlepperei wurde von der Schweiz bisher noch nicht unterzeichnet. Besonders gewisse Entwicklungsländer wie Marokko, Benin oder Kolumbien stehen diesem Zusatzprotokoll kritisch gegenüber, da sie befürchten, dass diese Massnahmen die westlichen Länder dazu bewegen könnten, ihre Einwanderungsbestimmungen weiter zu verschärfen. Ein weiteres Zusatzprotokoll über Feuerwaffen ist derzeit in Vorbereitung.

5.3.3. Korruptionsbekämpfung

  • 53 „Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes ( (...)

105Im April 1999 legte der Bundesrat dem schweizerischen Parlament seine Botschaft über eine Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vor, mit der die Annahme von Geldern im Zusammenhang mit der Bestechung ausländischer Amtsträger in den Katalog der Straftatbestände aufgenommen werden sollte53. Daneben befürwortete der Bundesrat einen Beitritt der Schweiz zum OECD-Übereinkommen zur Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr. Diese Vorschläge wurden am 7. Oktober 1999 durch den Nationalrat und am 9. Dezember 1999 durch den Ständerat gutgeheissen. Die neuen Gesetzesbestimmungen traten am 1. Mai 2000 in Kraft, und am 31. Mai 2000 wurde auch die OECD-Konvention durch die Schweiz ratifiziert. Über eine Gesetzesvorlage bezüglich der Haftung juristischer Personen wird zur Zeit noch im Parlament beraten. Auf der Grundlage der geltenden Bestimmungen können nur natürliche Personen, die sich der Bestechung schuldig gemacht haben, nicht aber Unternehmen strafrechtlich verfolgt werden. Am 22. Dezember 1999 wurde auch ein Gesetzesentwurf über die Abschaffung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Schmiergeldern von den Eidgenössischen Räten verabschiedet. Da jedoch das Steuerwesen in den Zuständigkeitsbereich der Kantone fällt, müssen die neuen gesetzlichen Bestimmungen erst noch durch die kantonalen Parlamente in die Gesetzgebungen der Kantone aufgenommen werden.

  • 54 OCDE, Rapport du CIME : Application de la Convention sur la corruption dans les transactions comm (...)

106Das OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung, welches von allen 29 Mitgliedsländern der OECD sowie von 5 Nichtmitgliedern (Argentinien, Brasilien, Bulgarien, Chile und Slowakische Republik) unterzeichnet worden ist, trat am 15. Februar 1999 in Kraft. Im Rahmen ihrer Untersuchung über die Umsetzung des Übereinkommens stellte die OECD mit Bedauern fest, dass gewisse Länder keine geeigneten Bestimmungen bezüglich der strafrechtlichen Haftung juristischer Personen ausgearbeitet hätten oder gegen Unternehmen, welche sich der Bestechung schuldig gemacht haben, nur beschränkte Sanktionen ergreifen würden54.

5.3.4. Internationale Rechtshilfe

107Dank der neuesten, im Februar 1997 in Kraft getretenen Änderungen des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen konnten die damit verbundenen Verfahren beschleunigt und vereinfacht werden. Trotz dieser Verbesserungen gestalten sich die Rechtshilfeverfahren nach wie vor sehr umständlich und langwierig. Verschiedene Fälle, etwa jene im Zusammenhang mit Benazir Bhutto (Pakistan), Mobutu (Zaire) und Jean-Claude Duvalier (Haiti) konnten noch immer nicht abgeschlossen werden. Gegenwärtig sind verschiedene Rechtshilfeverfahren und Untersuchungen im Hinblick auf Russland im Gange (Bankkonten, welche zum Transfer von Geldern aus IWF-Darlehen an Russland verwendet worden sind, Anklagen gegen Personen aus der Entourage Boris Jelzins wegen Korruption, in die auch das Schweizer Unternehmen Mabetex verwickelt ist, die Aeroflot-Affäre um die Unterschlagung von Geldern der Fluggesellschaft im Zusammenhang mit den Lausanner Firmen Forus und Andava sowie die Rolle des russischen Finanziers und ehemaligen Duma-Abgeordneten Boris Beresowski).

Abacha-Guthaben bei Schweizer Banken

108In Genf wurde ein Rechtshilfeverfahren im Zusammenhang mit Guthaben eingeleitet, die von Personen, welche dem ehemaligen nigerianischen Präsidenten Sani Abacha nahe stehen, bei verschiedenen Schweizer Banken deponiert worden sind. Im Rahmen des Verfahrens wurden Gelder in der Höhe von rund 660 Millionen Dollar blockiert. Diese Summe übersteigt sogar jene der Marcos-Guthaben, welche 1986, als die Gesetzgebung auf diesem Gebiet noch viel grössere Lücken aufwies, gesperrt worden waren. Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) hat im November 1999 eine Untersuchung eingeleitet, welche Aufschluss darüber geben soll, wie es möglich war, derart hohe Summen bei Schweizer Banken zu hinterlegen, ohne dass diese Meldung über verdächtige Transaktionen erstatteten. Schliesslich sind alle Banken grundsätzlich an die Sorgfaltspflicht gebunden.

Bericht der Eidgenössischen Bankenkommission über die Abacha-Guthaben

Ende August 2000 veröffentlichte die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) einen ausführlichen Bericht über die Abacha-Gelder und die Verhaltensweise der Schweizer Banken im Zusammenhang mit diesen Vermögenswerten.* Das Vorgehen von 19 Banken, die übrigens erstmals in einem derartigen Bericht direkt genannt werden, wurde im Detail untersucht. Die Bankenkommission kam zum Schluss, dass fünf Geldinstitute den wirtschaftlichen Hintergrund ihrer Kunden umfassend überprüft und rechtzeitig alle gebotenen Massnahmen (Abbruch der Geschäftsbeziehung oder Meldung an die zuständigen Behörden) ergriffen hatten und damit ihrer Sorgfaltspflicht in jeder Hinsicht nachgekommen waren. Bei anderen Banken hingegen wurden verschiedene Defizite festgestellt (ungenügende oder verspätete Überprüfung des ökonomischen Umfelds, langsame interne Entscheidungsprozesse).

Im Rahmen der Untersuchung der EBK wurden allerdings bei sechs Banken, darunter drei Tochtergesellschaften der Credit Suisse Group,** teilweise gravierende Mängel festgestellt. Die Credit Suisse Private Banking beispielsweise, welche zur Credit Suisse gehört, hat von zwei „politisch exponierten” Kunden Guthaben in der Höhe von 214 Millionen Dollar entgegengenommen. Bei den Kunden handelte es sich um zwei Söhne von Sani Abacha. Nach Ansicht der EBK hat die Bank den Auskünften eines langjährigen Kunden, der den Kontakt zu den beiden neuen Kunden hergestellt hatte, zu viel Glauben geschenkt. Die Crédit Agricole Indosuez (Schweiz) unterhielt Geschäftsverbindungen mit verschiedenen Personen, von denen sie wusste, dass es sich bei den Kunden beziehungsweise den wirtschaftlich Berechtigten um Personen aus der Entourage von Sani Abacha handelte. Diese Geschäftsverbindungen umfassten Vermögenswerte in der Höhe von 147 Millionen Dollar. Die Bank hat bei der Eröffnung der Geschäftsbeziehung und bei der Überprüfung des wirtschaftlichen Hintergrundes der Kunden ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigt : Ein damaliges Mitglied der Geschäftsleitung hat die Kontoeröffnung gutgeheissen, obwohl er von der Identität der betreffenden Personen in Kenntnis gesetzt worden war. Im Falle der Union Bancaire Privée wurde eine Entscheidung des bankinternen Ausschusses zur Bekämpfung der Geldwäscherei, gewisse Geschäftsbeziehungen zu beenden, nicht ausgeführt oder die Ausführung des Entscheids nicht überprüft. Von diesem Vorfall waren Vermögenswerte von rund 73 Millionen Franken betroffen. Trotz des von der Bank selbst getroffenen Beschlusses wurden die betreffenden Konten nicht gesperrt. Angesichts dieser Versäumnisse hat die EBK beschlossen, bei den betreffenden Banken ein Audit durchzuführen, in dessen Rahmen bestehende Kundenbeziehungen überprüft und die Verlässlichkeit des von den Banken eingerichteten Kontrollsystems evaluiert werden sollen.

In ihrem Bericht wies die EBK darauf hin, dass die Sorgfaltspflicht im Interesse des guten Rufs des Finanzplatzes Schweiz eingehalten werden müsse : „Die fahrlässige Annahme von Vermögenswerten verbrecherischer Herkunft ist nicht strafbar, kann aber der vom Bankengesetz geforderten einwandfreien Geschäftstätigkeit zuwiderlaufen. Die Banken dürfen auch keine Gelder entgegennehmen, von denen sie wissen oder annehmen müssen, dass sie aus Korruption oder aus dem Missbrauch öffentlicher Vermögenswerte stammen. Deshalb haben sie mit besonderer Aufmerksamkeit zu prüfen, ob sie direkt oder indirekt mit Personen mit bedeutenden öffentlichen Funktionen für einen ausländischen Staat oder mit Personen und Gesellschaften, welche solchen Funktionsträgern erkennbar nahe stehen, Geschäftsbeziehungen aufnehmen und von diesen Personen Gelder annehmen und aufbewahren wollen” (Bericht der EBK, S. 3). Die Richtlinien der EBK enthalten (seit 1998) besondere Vorschriften bezüglich des Umgangs mit Geldern von Politikern („Potentatengeldern”). Eine Bank, die im Zusammenhang mit einer Geschäftsverbindung Verdacht schöpft, muss, auch wenn sie keine konkreten Beweise dafür besitzt, die weitere Entwicklung der Kundenbeziehung beobachten. Falls sie sich entschliesst, die Geschäftsverbindung zu beenden, so müssen die Kundenguthaben auf eine Weise ausbezahlt werden, die es den Strafbehörden erlaubt, den Verbleib dieser Vermögenswerte ausfindig zu machen (Paper Trail).

Allerdings wird im Bericht der EBK darauf hingewiesen, dass die Erkennung von „politisch exponierten” Personen mit Schwierigkeiten verbunden ist. Sani Abacha selbst wurde nur ein einziges Mal als Inhaber eines Kontos angegeben, dessen Umfang überdies relativ bescheiden war. Grundsätzlich stellt sich in dieser Situation die Frage, inwiefern wohlhabende Geschäftsleute und Personen, die einem Regime nahe stehen, welches öffentliche Gelder unterschlägt (Potentatengelder), voneinander unterschieden werden können. Es handelt sich dabei um ein Problem von internationaler Dimension : Von den Schweizer Banken wurden bedeutende Beträge auf andere Finanzinstitute in den USA, in Grossbritannien, Frankreich, Luxemburg oder Liechtenstein transferiert. Nicht in allen diesen Ländern sind diese Konten mittlerweile gesperrt und von den Behörden entsprechende Verfahren eingeleitet worden.***

* Bericht der Eidgenössischen Bankenkommission, „Abacha-Gelder bei Schweizer Banken“, Bern, 30. August 2000.
** Credit Suisse, Bank Hofmann und Bank Leu (3 Institute der Credit Suisse Group). Crédit Agricole Indosuez, UBP Union Bancaire Privée und M.M. Warburg Bank.
*** Wie aus dem Bericht der EBK hervorgeht, wurden 524 Millionen Dollar vorübergehend auf Schweizer Banken deponiert, um anschliessend in die genannten vier Länder transferiert zu werden. Die Westschweizer Tageszeitung Le Temps berichtete am 25. Oktober 2000. dass 80 Millionen Dollar vorübergehend bei einer französischen Bank hinterlegt worden seien und dass es keinen Hinweis auf den weiteren Verbleib dieser Gelder gebe. In demselben Artikel wurde ferner darauf hingewiesen, dass die britischen Behörden trotz eines von Nigeria gestellten Rechtshilfegesuchs noch keine Massnahmen ergriffen haben, um Vermögenswerte im Zusammenhang mit dem verstorbenen Diktator zu sperren.

Quelle : Bericht der Eidgenössischen Bankenkommission, „Abacha-Gelder bei Schweizer Banken”, Bern, 30. August 2000. Der Bericht kann an folgender Internet-Adresse konsultiert werden : www.ebk.admin.ch.

109Im Anschluss an die Veröffentlichung des oben dargestellten Berichts hat die Eidgenössische Bankenkommission im Dezember 2000 bei der Aufsichtskommission zur Sorgfaltspflichtvereinbarung der Schweizerischen Bankiervereinigung eine Beschwerde gegen die Credit Suisse eingereicht. Bei dieser Aufsichtskommission handelt es sich um eine Selbstregulierungsorganisation, welche die Einhaltung der Sorgfaltspflichtvereinbarung durch die Banken überwacht und Verstösse bestraft (dabei können Bussen bis 10 Millionen Franken verhängt werden).

110In einer gemeinsamen Stellungnahme im Zusammenhang mit den Abacha-Geldern haben die Erklärung von Bern und die Aktion Finanzplatz Schweiz bei Verstössen gegen das Geldwäschereigesetz direkte Konsequenzen für und Sanktionen gegen die leitenden Organe der darin verwickelten Banken gefordert. Ferner fordern die beiden NRO eine Gesetzesänderung, damit auch die Steuerflucht unter Strafe gestellt werden kann.

Gelder des früheren peruanischen Geheimdienstchefs Montesinos in der Schweiz

111Ende Oktober hat der Bundesrat beschlossen, fünf Konten des früheren peruanischen Geheimdienstchefs (und Beraters des ehemaligen Präsidenten Fujimori) Vladimiro Montesinos vorsorglich sperren zu lassen. Gegen Montesinos ist eine Klage wegen Korruption eingereicht worden ; vermutlich war er auch in den Drogenhandel verwickelt. Die Guthaben auf den blockierten Konten belaufen sich auf 48 Millionen Dollar. Die Schweiz hat die peruanischen Behörden ermutigt, ein Rechtshilfegesuch einzureichen, damit die fraglichen Gelder zurückerstattet werden können. Bereits im November waren fünf weitere Konten, deren Inhaber Montesinos nahe stehen, mit Guthaben von 22 Millionen Dollar durch die Justizbehörden des Kantons Zürich gesperrt worden. Die ermittelnden Behörden versuchen nun, einen Nachweis für den korrupten Ursprung dieser Gelder (Kommissionszahlungen für den Handel mit Waffen zwischen Russland und Peru) zu erbringen.

5.3.5. Kapitalflucht aus Steuergründen

112Bis heute gewährt die Schweiz nur in jenen Fällen internationale Rechtshilfe, in denen es sich um Steuerbetrug handelt (welcher wie z.B. die Urkundenfälschung dem Tatbestand des Betrugs gleichgesetzt wird), nicht aber bei Steuerflucht (diese entspricht dem Tatbestand der Steuerhinterziehung, d.h. gewisse Einkünfte werden nicht deklariert). Abgesehen von der eher moralischen Frage, ob Schweizer Banken als sicherer Hafen für Vermögenswerte dienen dürfen, um sie dem Zugriff der Steuerbehörden eines anderen Landes zu entziehen, stellt sich hier das Problem, dass beim Waschen „schmutziger” Gelder in der Regel dieselben Finanzoperationen durchgeführt oder ähnliche Finanzintermediäre benutzt werden wie bei Geldern verbrecherischer Herkunft. Eine Person, die der Geldwäscherei beschuldigt wird, kann im Rahmen einer Untersuchung ohne weiteres behaupten, die fraglichen Gelder seien aus Steuergründen in der Schweiz deponiert worden, was die Untersuchungen erheblich erschwert. Mehrere Justizbeamte, darunter auch der Genfer Staatsanwalt Bernard Bertossa, vertreten die Ansicht, dass es unhaltbar sei, die Steuerflucht zu dulden und die Rechtshilfe nur in Fällen von Steuerbetrug zu gewähren.

113Der internationale Druck auf die Schweiz, ihre Gesetzgebung anzupassen, um das Bankgeheimnis flexibler zu gestalten und die Steuerflucht strafrechtlich verfolgen zu können, wird zusehends stärker. Am 27. November 2000 hat sich die Europäische Union, die die Steuerharmonisierung zwischen den europäischen Ländern vorantreiben und die negativen Auswirkungen des Steuerwettbewerbs unterbinden möchte, auf die Schwerpunkte einer europäischen Richtlinie (Gesetzesnorm der EU) über die Besteuerung der Zinserträge auf Bankguthaben von im Ausland wohnhaften Personen geeinigt. Mit dieser Massnahme soll der Kampf gegen die Steuerflucht verstärkt werden. Die fünfzehn EU-Mitglieder verzichten dabei auf das Bankgeheimnis und schaffen damit die Grundlage für den Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden im Hinblick auf die Besteuerung der Zinserträge auf Vermögenswerte, welche Personen mit Wohnsitz in einem EU-Land in einem anderen Land angelegt haben. Die Länder haben auch die Möglichkeit, während der vorgesehenen Übergangsfrist (2003-2010) an Stelle der Einführung des Informationsaustauschs eine Quellensteuer zu erheben. Diese Quellensteuer soll während der ersten drei Jahre 15% betragen und anschliessend bis zum Ablauf der Übergangsfrist 20%. Jene Länder, die sich für diese Lösung entscheiden (Österreich, Belgien und Luxemburg), sind verpflichtet, 75% der Einnahmen aus dieser Quellensteuer dem Wohnsitzstaat des Eigentümers der betreffenden Vermögenswerte zu überlassen. Die Schweiz ist von dieser Richtlinie ebenfalls betroffen, da die Europäische Union Verhandlungen mit für diesen Bereich wichtigen Drittländern aufnehmen will (Schweiz, Vereinigte Staaten, Liechtenstein, Monaco, Offshore-Steueroasen wie die Kanalinseln oder die Niederländischen Antillen, die ebenfalls von der EU abhängig sind). Ziel dieser Verhandlungen ist es, mit diesen Drittstaaten eine Vereinbarung zu treffen, um dem Kapitalabfluss in die Steuerparadiese einen Riegel vorzuschieben. Diese Länder sollen verpflichtet werden, die Zinserträge auf Guthaben von EU-Bürgern mit einer Quellensteuer zu belegen.

114Der Ausschuss der OECD für Steuerfragen (Comittee on Fiscal Affairs, CFA) hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls mit der Frage der Steuerflucht beschäftigt. Gemäss dem Entwurf einer Empfehlung der OECD sollen die Banken verpflichtet werden, die Steuerbehörden ihres Landes mit bestimmten Informationen zu versorgen, welche wiederum gewisse Auskünfte an die zuständigen Behörden eines anderen Landes weitergeben können. Bereits im Bericht der OECD über den negativen Steuerwettbewerb vom April 1998 wurde vorgeschlagen, die Bestimmungen über den Zugang zu Informationen über Bankguthaben einer Überprüfung zu unterziehen. Bei der Abstimmung über diesen Bericht haben sich Luxemburg und die Schweiz der Stimme enthalten.

115Im Laufe des Jahres 2000 bezog auch der Bundesrat mehrmals Stellung in dieser Frage und erklärte wiederholt, das Bankgeheimnis stehe absolut nicht zur Diskussion. Damit ist auch kein Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Steuerbehörden denkbar. Die Schweiz erklärte sich zwar bereit, Massnahmen in Erwägung zu ziehen, um die Attraktivität der Steuerflucht soweit als möglich zu verringern, allerdings müsse dabei das Bankgeheimnis, welches das Recht des Einzelnen auf Wahrung seiner Privatsphäre gewährleiste, unangetastet bleiben.

Finanzplatz Schweiz und Bekämpfung der Kapitalflucht : eine Frage der Kohärenz in der schweizerischen Aussenpolitik

116Im jüngsten vom Entwicklungshilfeausschuss der OECD (Development Assistance Committee, DAC) im Jahr 2000 durchgeführten Examen der schweizerischen Entwicklungshilfe wird diese Frage ausführlich thematisiert. Bereits in dem 1994 veröffentlichten Leitbild Nord-Süd wurde auf die Notwendigkeit der Bekämpfung des Transfers unrechtmässig erworbener Gelder und der Korruption hingewiesen. Dabei hob der DAC die verschiedenen Fortschritte hervor, die bei der Bekämpfung der Korruption und der Geldwäscherei erzielt worden sind. Im Hinblick auf die strafrechtlichen Bestimmungen der Schweiz bezüglich der Bestechung kritisierte die OECD allerdings die Tatsache, dass in der Schweiz die strafrechtliche Haftung von juristischen Personen nach wie vor nicht im Gesetz verankert ist. Nach Ansicht des DAC zeigt die Affäre um die Abacha-Gelder verschiedene potenzielle Kohärenzprobleme auf.

  • 55 CAD, Comité d’aide au développement. Examen en matière de coopération pour le développement,Suiss (...)

117Gelder verbrecherischer Herkunft seien durch das schweizerische Bankgeheimnis nicht geschützt, da dieses in Fällen von Korruption, Geldwäscherei sowie im Zusammenhang mit Potentatengeldern aufgehoben werde. Das Bankgeheimnis stelle also kein Hindernis für die internationale gerichtliche Zusammenarbeit auf diesem Gebiet dar. Da die Schweiz jedoch einen bedeutenden Finanzplatz beherberge, für den das Bankgeheimnis einen wichtigen Wettbewerbsfaktor darstellt, bestehe eine gewisse Gefahr, dass Vermögenswerte aus Entwicklungsländern mit zweifelhaftem Hintergrund angezogen werden. Aus diesem Grund müsse die Schweiz kontinuierlich sicherstellen, dass ihr Finanzplatz nicht missbraucht werde55.

  • 56 Aussenpolitischer Bericht 2000. Präsenz und Kooperation : Interessenwahrung in einer zusammenwachse (...)
  • 57 Aussenpolitischer Bericht 2000, S. 37.

118Auch der Bundesrat beschäftigt sich in seinem Bericht zur Aussenpolitik 2000 mit dieser Frage56. Der Bundesrat weist darauf hin, dass sich die Kritik aus dem Ausland in Bezug auf den Finanzplatz Schweiz in Zukunft möglicherweise noch verschärfen wird. Gründe dafür seien der Kampf um Marktanteile und die Furcht vor rückläufigen Steuereinnahmen auf Grund der zunehmenden Kapitalmobilität, aber auch strengere Anforderungen an die Integrität der Finanzplätze. „Die hohe Mobilität des Kapitals erfordert in Zukunft noch verstärkte Bestrebungen für eine wirksame Abwehr illegaler Gelder, namentlich im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen. Die Schweiz hat in diesem Bereich in den vergangenen Jahren grosse Anstrengungen unternommen. […] Das Problem der Bekämpfung illegaler Gelder und des organisierten Verbrechens betrifft jedoch nicht nur die Schweiz, sondern alle internationalen Finanzplätze. Antworten auf diese Entwicklungen sind […] nur in Zusammenarbeit mit anderen Staaten zu finden.”57. Die Schweiz will demnach versuchen, die in den vergangenen Jahren im Inland getroffenen Massnahmen auch auf internationaler Ebene durchzusetzen.

5.4. Asylpolitik und Migrationspolitik

Einführung

119Nachdem die Zahl der eingereichten Asylgesuche im Zuge des Kosovo-Konfliktes 1999 einen Rekord erreicht hatte, trat im Jahr 2000 im Asylbereich eine gewisse Beruhigung ein. Die Notsituation schien beendet, und die Behörden nahmen bei der Rückführung der vorübergehend in der Schweiz aufgenommenen Personen eine konsequente Haltung ein. Die Bestrebungen der in Asylfragen massgebenden Stellen, die im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nach wie vor als zu gross beurteilte Attraktivität der Schweiz als Asylland weiter zu verringern, wurden fortgesetzt.

120Die Reform der Zulassungspolitik, welche die Vergabe von Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen an ausländische Staatsbürger regelt, konnte abgeschlossen werden. Ausschlaggebend war dabei die Verabschiedung der bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der Europäischen Union, welche mittel- bis langfristig die Einführung des freien Personenverkehrs sowie die Nichtdiskriminierung ausländischer Staatsbürger zum Ziel haben. Angesichts der Fortschritte auf diesem Gebiet schien der politisch günstige Zeitpunkt gekommen, um den bereits seit einiger Zeit bereitliegenden Entwurf des neuen Ausländergesetzes in die Vernehmlassung zu schicken.

121Die Konturen der neuen Integrationspolitik, welche sich durch einen volontaristischen Ansatz auszeichnet und den Migrantenvereinigungen eine wichtigere Rolle als bisher zuerkennt, werden immer deutlicher erkennbar. Das massive Nein zu einer Volksinitiative, welche den Anteil der ausländischen Bevölkerung in der Schweiz auf 18% begrenzen wollte, setzte der Verzögerungstaktik der Bundesbehörden auf diesem politisch brisanten Gebiet ein Ende.

5.4.1. Asylpolitik

1999 eingereichte Asylgesuche

1221999 erreichte die Zahl der in der Schweiz um Asyl ansuchenden Personen mit 46’068 einen neuen Höchststand und übertraf den bisherigen Rekord aus dem Jahr 1991. Allerdings blieb die Anzahl der in der Schweiz eingereichten Gesuche hinter den Erwartungen des Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF) zurück, welches noch im September 1999, auf dem Höhepunkt der Balkankrise, mit rund 55’000 Asylsuchenden gerechnet hat.

Graphik : Entwicklung der Asylgesuche (1990-1999)

Graphik : Entwicklung der Asylgesuche (1990-1999)

Quelle : Bundesamt für Flüchtlinge, Asylstatistik 1999, BFF, Januar 2000.

123Knapp zwei Drittel der asylsuchenden Personen (62,8%) stammten aus der Bundesrepublik Jugoslawien. Das zweitwichtigste Herkunftsland der Asylsuchenden (3,6%) war der Irak, gefolgt von Bosnien-Herzegowina (3,3%), Sri Lanka und der Türkei (je 3,2%) sowie Albanien (3%).

Tabelle 11 : In der Schweiz eingereichte Asylgesuche 1990-1999 nach Herkunftsland

Tabelle 11 : In der Schweiz eingereichte Asylgesuche 1990-1999 nach Herkunftsland

Bundesamt für Flüchtlinge, Asylstatistik 1999, BFF, Januar 2000 ; die vorliegende Tabelle sammelt die Daten dieser jährlich erscheinenden Publikation des BFF, in der die wichtigsten Herkunftsländer der Asylsuchenden ausdrücklich erwähnt werden. So erscheinen in der Statistik Länder, die zuvor nicht erfasst worden waren (in diesem Jahr Guinea-Bissau und die Mongolei) ; analog dazu verzichtet das BFF auf die Nennung gewisser Länder, sofern der Zustrom von Asylbewerbern aus diesen Ländern versiegt (Bulgarien, Chile, Ghana, Libaon, Tschechoslowakei). In der vorliegenden Tabelle sind alle in der Veröffentlichung des BFF genannten. Länder aufgeführt, um die Veränderungen bei der Herkunft des Asylsuchenden zu veranschaulichen.

  • 58 Bundesamt für Flüchtlinge, Asylstatistik 1999, BFF, Januar 2000.

124Der Anteil der illegal in die Schweiz eingereisten Personen lag mit 84% unter dem üblichen Niveau58. Grund dafür sind die teilweise aussergewöhnlichen Umstände bei der Aufnahme asylsuchender Personen (z.B. Familienzusammenführungen).

1251999 betrug der Anteil der von Frauen eingereichten Asylgesuche 38%. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung von 36%. Im Gegensatz zu früheren Jahren ist die Übervertretung der Frauen unter den Empfängern vorübergehender Aufenthaltsbewilligungen (41%) und der Genehmigungen aus humanitären Gründen (35%) weniger stark ausgeprägt. Der Anteil der Frauen unter den anerkannten Flüchtlingen blieb mit 47% nahezu unverändert.

Befürwortete Asylgesuche

126Mit mehr als 47’000 erstinstanzlich behandelten Asylgesuchen erbrachte das BFF einen Beweis für seine effiziente Arbeitsweise. 2050 Asylgesuche wurden angenommen, ungefähr gleich viel wie im Jahr 1998 (2032). Damit sank die durchschnittliche Zahl der Fälle, in denen der Flüchtlingsstatus gewährt wurde, deutlich von 9,5% im Jahr 1998 auf 5,7% 1999 (1995 wurden durchschnittlich 14,9% positive Asylentscheide gefällt). Diese Zahl ist je nach Herkunft der Asylsuchenden starken Schwankungen unterworfen : Ein hoher Anteil ist bei Personen aus Vietnam (91%) und ein mittlerer Anteil bei türkischen (44%), irakischen (39%) und bosnischen (11%) Staatsangehörigen festzustellen, während der Anteil der anerkannten Flüchtlinge bei Personen aus Sri Lanka (3%) gering ist. Die Unterschiede bei den befürworteten Gesuchen sind mit den Zahlen von 1998 vergleichbar.

127Angesichts der Krisensituation im Kosovo wurden deutlich mehr vorübergehende Aufenthaltsbewilligungen erteilt. Ihre Zahl stieg von 2700 im Jahr 1998 auf 22’843. Bei den humanitären Aufenthaltsbewilligungen ist eine ähnliche Tendenz feststellbar, ihre Zahl stieg von 776 im Jahr 1998 auf 1356 im Jahr 1999. 3954 Personen wurde aus anderen Gründen durch die Fremdenpolizei eine reguläre Aufenthaltsbewilligung ausgestellt. Diese Zahl ist mit jener des Vorjahres vergleichbar.

128Insgesamt lebten Ende 1999 171’223 Personen aus Asylgründen in der Schweiz. Ihre Zahl hat im Vergleich zu 1998 um 10,4% zugenommen.

Tabelle 12 : Personen im Asylbereich (Stand Ende Dezember 1999)

Tabelle 12 : Personen im Asylbereich (Stand Ende Dezember 1999)

Bundesamt für Flüchtlinge, Asylstatistik 1999, BFF, Januar 2000. Die Daten bezüglich der anerkannten Flüchtlinge sind per 30. November 1999 zu verstehen.

1291999 wurden 31’154 Wegzüge registriert, das sind rund 21% mehr als im Vorjahr. Damit setzte sich die seit 1997 zu beobachtende Tendenz fort. 5180 Personen wurden zur Ausreise gezwungen, und weitere 2347 wurden, nachdem ihr Asylgesuch endgültig abgelehnt worden war, in ihr Herkunftsland und 753 Personen in ein Drittland zurückgeführt. Im Vergleich zum Vorjahr ist bei den Rück-Schaffungen in das Herkunftsland ein Rückgang von rund 32% zu verzeichnen. Über den Aufenthalt der rund 13’000 abgewiesenen Asylsuchenden ist hingegen nichts bekannt. Bis Ende Dezember 1999 reisten 15’800 Personen im Rahmen des Rückführungsprogramms des BFF in ihre Heimat Kosovo zurück.

130441 Personen, die als anerkannte Flüchtlinge in der Schweiz wohnten, wurde das Asyl entzogen, da sie keinerlei Gefahren mehr ausgesetzt waren. Ferner hob das BFF die kollektive vorübergehende Aufnahme von 25’340 Personen, grösstenteils jugoslawische Staatsangehörige, auf, da der Krieg im Kosovo beendet war.

Asylbewerber aus dem Kosovo : Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen und Rückführung

131Bereits im vergangenen Herbst verzeichneten die zuständigen Behörden entgegen den Erwartungen einen Rückgang der Asylsuchenden in der Schweiz. Gleichzeitig entschlossen sich immer mehr Personen zu einer freiwilligen Rückkehr in ihre Heimat, was zu einer Entschärfung der Ausnahmesituation führte.

  • 59 Die Rückkehrfrist für diese Personengruppen wurde vom BFF zuerst bis zum 31. August 2000 und ansc (...)
  • 60 BFF, „Kosovo – positive Bilanz für die Rückkehr-Phase III”, Pressemitteilung, 6. Oktober 2000 ; „ (...)

132Die freiwillige Rückkehr dieser Personen wurde grösstenteils im Rahmen des vom BFF und der DEZA ausgearbeiteten Rückkehrhilfeprogramms abgewickelt, welches sich an dem bereits im Zusammenhang mit den bosnischen Flüchtlingen erprobten Modell orientierte. In der ersten Phase des Programms erhielten Flüchtlinge, die sich bis zum 31. Dezember 1999 zur freiwilligen Rückkehr entschlossen, eine Prämie von Fr. 2000.– pro Erwachsenen. Die zweite Phase dauerte bis zum 31. Mai 2000 : Flüchtlinge, die bis zu diesem Zeitpunkt in ihre Heimat zurückkehrten, erhielten noch eine Prämie von Fr. 1000.–, welche jedoch durch Beihilfen des Bundes für den Wiederaufbau vor Ort ergänzt wurde. Mit der Aufhebung der vorübergehenden Aufnahme am 31. Mai 2000 endete auch die von den Behörden für die freiwillige Rückkehr der Kosovo-Flüchtlinge gesetzte Frist. Angesichts der dort herrschenden Zustände waren jedoch Kranke, aus dem Kosovo stammende Serben sowie Roma von dieser Frist ausgenommen59. Personen, die nach Ablauf dieser Frist in den Kosovo zurückkehren, haben kein Anrecht mehr auf individuelle Hilfeleistungen, sie erhalten lediglich eine Beihilfe von Fr. 600.– pro Familie. Anfang Oktober 2000 konnte das BFF eine erfreuliche Bilanz des Rückkehrhilfeprogramms vorweisen : Seit Sommer 1999 sind 38’000 Personen freiwillig oder unfreiwillig in den Kosovo zurückgekehrt60. Im Zusammenhang mit dem Rückkehrhilfeprogramm stellte das BFF 53 Millionen Franken zur Verfügung, welche im Budget 2000 für diesen Zweck vorgesehen waren. Das Geld floss in verschiedene Projekte für die humanitäre Hilfe, für den Wiederaufbau sowie in Programme zu Gunsten von Minderheiten. Die Projekte der DEZA werden zu 80% vom BFF finanziert.

  • 61 „Zwangsrückkehr von Kosovaren steht vor. Schily gibt dem deutschen Asylrecht keine Zukunft”. Fran (...)

133In Absprache mit Deutschland und Österreich führte der Bundesrat verschiedene Programme für die Zwangsrückkehr ein61. Bedingung für die Zwangsrückschaffung im Rahmen dieser Programme war, dass die Rückführung durch die Vereinten Nationen gutgeheissen wurde. Die Zwangsrückführungen begannen im Juni 2000 und wurden im Laufe des Sommers intensiviert. Um sich die Mitarbeit der Kantone zu sichern, beschloss der Bund, die Rückzahlung der Unterhaltszahlungen für Asylsuchende, die sich weiterhin im Land aufhielten, einzustellen. Von diesen Massnahmen waren 17’000 Asylsuchende aus dem Kosovo betroffen. Einige von ihnen waren 1999 im Zuge des Krieges in die Schweiz gelangt, bei anderen wiederum handelte es sich um Saisonniers, welche sich seit Ende 1991, als die Schweiz Ex-Jugoslawien aus der Liste der traditionellen Herkunftsländer für Arbeitskräfte ausgeklammert hatte, illegal im Land aufhielten. Ein bedeutender Teil dieser Personen, in erster Linie Unverheiratete, waren im Anschluss an diesen Entscheid untergetaucht. Ab Ende Mai wurde in den angrenzenden Regionen Frankreichs eine wachsende Zahl von aus dem Kosovo stammenden Personen, Unverheiratete und Familien, gezählt, welche sich ursprünglich in der Schweiz aufgehalten und die Grenze zu Frankreich überschritten hatten, um den Zwangsrückführungen zu entgehen.

  • 62 „Ausländerbeauftragte Beck gegen rasche Rückkehr von Kosovo-Albaner”, Presse Agentur, 8. März 200 (...)
  • 63 „Kouchner für verzögerte Rückführung nach Kosovo”, Neue Zürcher Zeitung, 2. Juni 2000.
  • 64 „Pourquoi tant de zèle…”, Le Courrier, 24. Oktober 2000.

134Wiederholt äusserte der UN-Beauftragte in dieser Region seine Bedenken gegenüber der zwangsweisen Rückführung von Tausenden Flüchtlingen62 in ein Land, welches von ethnischen Spannungen und vom Krieg zerrissen war und wo die Arbeitslosigkeit mehr als 50% beträgt. Er befürchtete, vor dem Hintergrund dieser prekären Situation könnten diese Massnahmen zu einem Ansteigen der Gewalt führen und die Instabilität noch verschärfen. Bernard Kouchner äusserte den Wunsch, die Rückkehr von Kosovo-Albanern aus der Schweiz und aus Deutschland möge so langsam als möglich abgewickelt werden63. Er wiederholte seinen Aufruf im Herbst und führte an, dass durch die Rückkehr von rund 90’000 Flüchtlingen aus diesen beiden Ländern das geschwächte Wirtschaftssystem überlastet worden sei. Er verwies auf die Schwierigkeiten, die mit dem herankommenden Winter verbunden sind, und ersuchte die Schweiz, die Rückführungen vorübergehend einzustellen. Auch die SFH kritisierte die Härte, mit der die Rückschaffungen durchgeführt wurden. Allzu häufig seien wehrlose Personen wie allein stehende Frauen mit Kindern, Minderjährige ohne Begleitung, Kranke und Betagte betroffen64.

„Humanitäre Aktion 2000”

  • 65 BFF, „Humanitäre Aktion 2000 – Zwischenbilanz”, Pressemitteilung, 14. Juli 2000.

135Im März 2000 wurden die Rückschaffungsprogramme durch eine Reihe flankierender Massnahmen ergänzt, welche darauf abzielten, den seit längerem im Land lebenden Asylsuchenden, die vor Ende 1992 in die Schweiz eingereist waren, eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen auszustellen. Dieses Massnahmenpaket trug den Namen „Humanitäre Aktion 2000”. Rund 13’000 Personen kamen in den Genuss dieser Regelung, wobei es sich grösstenteils um Personen aus Sri Lanka handelte. Diese Massnahme zielte auf Personen ab, die seit langem in der Schweiz leben, sich nie illegal aufgehalten haben und integrationswillig sind und die, da sie stets mit den Behörden zusammengearbeitet haben, keine Schuld daran tragen, dass sich ihr Aufenthalt in der Schweiz in die Länge gezogen hatte. Um in den Genuss dieser Regelung zu kommen, musste für die betreffenden Asylsuchenden vom Wohnsitzkanton ein Antrag auf provisorische Aufnahme gestellt werden. Bis Mitte Juli konnte ein Drittel aller Fälle, rund 4200 an der Zahl, abgeschlossen werden. In 96% der Fälle wurde die vorübergehende Aufnahme gewährt65.

  • 66 „Humanitäre Lotterie”, Facts, 8. Juni 2000.
  • 67 „Un geste pour les sans-papiers”, Le Courrier, 10. April 2000.
  • 68 Holzer, T., Schneider, G. 2000. Discriminating Décentralisation : Federalism and the Handling of (...)

136Allerdings sind bei der Umsetzung dieser Massnahme von Kanton zu Kanton starke Unterschiede feststellbar66 : Das Genfer Kantonsparlament beispielsweise beauftragte die Kantonsregierung, sich bei den Bundesbehörden für eine Regularisierung der Situation aller in der Schweiz lebenden Kosovaren ausserhalb des Rahmens der Operation Humanitäre Aktion 2000 einzusetzen67. Seit längerem wird sowohl in wissenschaftlichen Untersuchungen als auch von politischer Seite darauf hingewiesen, dass trotz der einheitlichen gesetzlichen Bestimmungen auf Bundesebene zwischen den Kantonen frappante Unterschiede bei der Behandlung von Asylgesuchen bestehen68, sei es im Zusammenhang mit der Anerkennung des Flüchtlingsstatus oder hinsichtlich der vom Kanton auszustellenden Arbeitsbewilligungen für Asylsuchende, die von Amtes wegen einem bestimmten Kanton zugewiesen wurden. Derartige Unterschiede stellen den Grundsatz der Gerechtigkeit ernsthaft in Frage.

Die Vergangenheit im Brennpunkt : Der Bergier-Bericht

  • 69 Bergier-Bericht ; Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus, Bern, UEK 199 (...)
  • 70 „Réfugiés : le rapport de la discorde”, Le Temps, 4. Dezember 1999 ; „Von Applaus bis zu harscher (...)
  • 71 „Das Resultat der Verdrängung”, Der Bund, 11. Dezember 1999 ; „Willkommen in der Gegenwart”, Die (...)
  • 72 „Le rapport Bergier promet de faire plus de vagues en Suisse qu’à l’étranger”, Le Temps, 4. Dezem (...)
  • 73 „Die Schweiz und die Flüchtlinge. Keine grundlegende Neubewertung durch die Bergier-Kommission”, (...)

137Anfang Dezember wurden zwei mit Spannung erwartete Berichte veröffentlicht : Zum einen der Volcker-Bericht über die nachrichtenlosen Vermögen, und zum andern der Bericht der Bergier-Kommission über die Haltung der Schweiz während des 2. Weltkriegs69. Die Reaktionen auf diese beiden Untersuchungen fielen sehr unterschiedlich aus70. In zahlreichen Kommentaren wurden die vom Parlament beschlossenen Bemühungen zur Wahrheitsfindung und die sachliche Auseinandersetzung mit lange tabuisierten oder verdrängten Aspekten der Geschichte begrüsst71. Von anderer Seite wiederum wurde die Aufarbeitung der Politik jener Zeit kritisiert, da die damals herrschenden Umstände nur in ungenügendem Masse berücksichtigt worden seien72. Der Bundesrat drückte der Historikerkommission seinen Dank für die geleistete Arbeit aus und wiederholte die bereits vor vier Jahren von Kaspar Villiger gemachte Entschuldigung für die Verantwortung, die die Schweiz eingegangen war, indem sie die Pässe von Juden mit einem „J” gekennzeichnet hatte. Allerdings rief die Bestätigung einer bereits seit langem bekannten Wahrheit, nämlich der, dass die Schweiz Tausende von Juden vor dem Tod hätte retten können, dies jedoch unter anderem aus Angst vor Überfremdung und aus einer antisemitischen Haltung heraus nicht getan hat73, eine scharfe Polemik hervor.

  • 74 „Den Bericht gerügt – und doch Lehren gezogen”, Tages-Anzeiger, 11. Dezember 1999 ; „Das darf nie (...)

138Indem sie sich diese Tatsachen in Erinnerung rief, unternahm die Schweiz den Versuch, ihre Geschichte aufzuarbeiten und sich auf der Grundlage wissenschaftlicher Kritik und moralischer Grundwerte eine neue nationale Identität zu erarbeiten, welche dem Zeitgeist besser entspricht. Die noch nicht abgeschlossene Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen Ethik und Staat wirkte sich indes ganz wesentlich auf das gegenwärtige politische Handeln der Schweiz aus74.

  • 75 „Un pays plus ouvert que ses autorités. De 1940 à 1945 la population du Jura a su accueillir les (...)
  • 76 „La politique vaudoise envers les réfugiés victimes du nazisme 1933-1945”, Lausanne, 2000 ; Inter (...)
  • 77 „Réfugiés refoulés : quels sont les vrais chiffres ?”, Le Temps, 10. Oktober 2000.

139Das starke Bedürfnis, sich ohne Druck von aussen mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, führte dazu, dass parallel zu den Arbeiten der Bergier-Kommission verschiedene historische Untersuchungen auf kantonaler Ebene in Angriff genommen wurden75, so in den Kantonen Jura, Genf und Waadt. Der von der Waadtländer Kantonsregierung in Auftrag gegebene Lasserre-Bericht76 erhärtet die im Rahmen der gesamtschweizerischen Studie gezogenen Rückschlüsse. Alle diese Studien zeigen, dass während des 2. Weltkriegs die Haltung in der einheimischen Bevölkerung gegenüber den Juden alles andere als einheitlich war, und veranschaulichen die Kluft, die zeitweise zwischen der Haltung der Bevölkerung und jener der Behörden gegenüber den Flüchtlingen bestanden hat. Im Herbst 2000 wurde eine im Kanton Genf durchgeführte Studie77 präsentiert, in der die früher angegebenen Zahlen über die an der Grenze zurückgewiesenen Personen revidiert wurden. Die Schlussfolgerungen der von der Bergier-Kommission durchgeführten Analyse über die Tragweite der fremdenfeindlichen Einstellung in der damaligen Politik wurden jedoch nicht in Frage gestellt.

  • 78 „Berne fait un geste en faveur de la prévention du racisme. Le Conseil fédéral se déclare prêt à (...)

140Vor dem Hintergrund dieser historischen Aufarbeitung lässt sich teilweise wohl auch die Entschlossenheit erklären, mit der die Behörden gegen das Aufflammen der Gewalt von Rechts ankämpfen78, welches nicht nur in der Schweiz, sondern auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern beobachtet wird. Der Vorfall anlässlich der 1.-August-Feier auf dem Rütli, als rund hundert Skinheads die Ansprache von Bundesrat Kaspar Villiger störten, hat das Bewusstsein in der Schweiz für die rechtsextreme Gefahr, welche nicht nur rassistische, sondern auch antidemokratische Züge trägt, zweifellos gefördert. Verschiedene Berichte zur Staatssicherheit zeigten auf, dass die Aktivitäten und die Gewaltbereitschaft der rechtsextremen Szene in beunruhigendem Ausmass zugenommen haben (95 rechtsextreme Versammlungen im Jahr 2000 gegenüber 41 im Vorjahr) und dass nach den Ausländern im Allgemeinen und den Asylbewerbern im Besonderen nun auch politische Symbole zur Zielscheibe werden.

  • 79 „Le racisme alpin frappe la Suisse et l’Autriche”, Le Temps, 9. Oktober 1999.
  • 80 Eckmann, M., Salberg, A.-C, Bolzman, G, Grünberg, K. 2000. Violence raciste en Suisse Romande : d (...)

141Im ersten Bericht der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia), welcher sich auf das Jahr 1998 stützte, wurde vor einem Aufflammen des Rassismus in verschiedenen Alpenländern, darunter auch die Schweiz, gewarnt79. Eine kürzlich in der Westschweiz durchgeführte Studie80 wies nach, dass in erster Linie Menschen aus südlichen Ländern von Beleidigungen und Diskriminierung betroffen sind (mehr als die Hälfte aller Aggressionen richteten sich gegen Afrikaner (27%), Araber (17%) und Lateinamerikaner (14%)), dass aber auch fremdländisch aussehende Schweizer Bürger nicht davor verschont bleiben.

Asylsuchende und Sozialhilfe

142In der Vergangenheit war die Asyldebatte geprägt von der Polemik um die so genannten „falschen Flüchtlinge” (JSDW 2000, S. 266). Diese Kategorisierung führt dazu, dass in den Augen der Bevölkerung das von Asylsuchenden gestellte Ansuchen um Schutz seine Legitimität verliert. Zwar trat dieses Argument angesichts des 1999 wieder aufflammenden bewaffneten Konflikts in der Balkanregion vorübergehend etwas in den Hintergrund. Mit dem immer häufiger geäusserten Verdacht, die Grosszügigkeit der Schweiz werde von Asylsuchenden ausgenutzt, wurde diese Argumentation jedoch erneut in die Debatte hineingetragen. In der Tat wird im Rahmen der Diskussionen um die Asylpolitik häufig darauf hingewiesen, die Schweiz übe auf Grund ihrer grosszügigen Sozialleistungen auf mittellose Einwanderer eine weit stärkere Anziehungskraft aus als andere europäische Länder. Mit seinem Vorhaben, durch eine Revision des erst im Juni 1999 vom Volk angenommenen Asylgesetzes die Unterstützungsleistungen für Asylsuchende zu kürzen, griff auch der Bundesrat diese Bedenken auf (JSDW 2000, S. 270).

  • 81 Efionay-Mäder, D. 1999. Sozialhilfe für Asylsuchende im europäischen Vergleich. Neuenburg : Forum (...)
  • 82 Dabei ist interessant zu beobachten, wie in der Presse unterschiedliche Aspekte hervorgehoben wur (...)

143In der Absicht, eine solide Diskussionsgrundlage zu erarbeiten, führte das Schweizerische Forum für Migrationsfragen eine komparative Studie über Unterstützungsleistungen in verschiedenen Ländern durch81. Diese Studie untersucht die Unterschiede zwischen den verschiedenen Sozialhilfekonzepten für Asylsuchende in Ländern, welche wie die Schweiz ein allgemeines Anrecht auf Sozialleistungen für Asylbewerber kennen, und anderen Staaten wie etwa Italien, in denen dieses Recht a priori eingeschränkt ist, da sie sich selbst eher als Durchreiseland denn als Zielland für Personen auf der Flucht definieren. Die in diesen Ländern praktizierten Einschränkungen beziehen sich sowohl auf die Dauer der Unterstützungsleistungen als auch auf bestimmte Bevölkerungsgruppen, welche zum Empfang von Sozialleistungen berechtigt sind (Österreich, Frankreich). Zwischen den Ländern, welche ein allgemeines Anrecht auf Unterstützung kennen, sind die Unterschiede bei der Höhe dieser Leistungen äusserst gering : Die in der Schweiz ausgezahlten Sozialleistungen (als Referenz für die Untersuchung dienten die Kantone Bern und Genf) sind in der Regel höher als in den Niederlanden oder in Dänemark, liegen jedoch unter den von Deutschland und Grossbritannien gewährten Unterstützungsleistungen82. Zudem ist die Schweiz das einzige Land, in dem diese Unterstützungsleistungen prinzipiell zurückgezahlt werden müssen. In der Studie wird der Schluss gezogen, dass angesichts der geringen Unterschiede zwischen den Ländern Asylsuchende kaum in der Lage wären, bei der Auswahl ihres Fluchtziels die in den verschiedenen Ländern gebotenen Leistungen miteinander zu vergleichen.

  • 83 „Zuckerbrot und Peitsche für Asylsuchende”, Berner Zeitung, 10. März 2000 ; „Humanitäre Ökonomie  (...)
  • 84 Der Schlussbericht der Arbeitsgruppe „Finanzierung Asylwesen” (Bericht Gerber – Fuhrer) kann auf (...)

144Die Unterstützungsleistungen stellen denn auch den bedeutendsten Ausgabenposten des BFF dar (75%). An dieser Tatsache haben auch die Kürzungen der Unterstützungspauschalen an die Kantone im Zusammenhang mit dem am 1. Oktober 1999 in Kraft getretenen neuen Asylgesetz nichts geändert83. Die Frage der Unterstützungsleistungen ist der wichtigste von der Arbeitsgruppe „Finanzierung Asylwesen” untersuchte Aspekt. Diese Gruppe hat den Auftrag erhalten, zu untersuchen, wie die Ausgaben im Zusammenhang mit dem Asylwesen ab dem Jahr 2001 auf 1 Milliarde jährlich reduziert werden können, was Einsparungen in der Höhe von 300 und 350 Millionen Franken entsprechen würde. Die Vorschläge der Arbeitsgruppe zielten auf die AHV/IV-Leistungen – auf welche nicht berufstätige Asylsuchende keinen Anspruch mehr haben sollen – sowie auf die Krankenversicherung ab84.

Neue Revision des Asylgesetzes

  • 85 „Immer weiter straffen”, Der Bund, 7. Juni 2000.
  • 86 Im September 2000 lehnte der Nationalrat einen im März vom Ständerat verabschiedeten Vorschlag ab (...)

145Die gesetzlichen Bestimmungen im Asylbereich werden laufend überarbeitet. Nachdem die Totalrevision des Asylgesetzes im Juni vom Volk angenommen worden war, schienen die Arbeiten auf diesem Gebiet endlich abgeschlossen. Allerdings hat das BFF inzwischen eine neue Revision dieses Gesetzestextes85 in Angriff genommen und reagierte damit auf verschiedene Impulse, etwa aus dem Ständerat, der eine Reihe von Motionen und Postulaten gutgeheissen hatte, welche auf eine Einschränkung der Rekursmöglichkeiten und auf eine Beschleunigung der Rückführung in Drittländer abzielen86.

  • 87 „Des fausses économies sur fond de mesures discriminatoires”, Le Courrier, 3. Juni 2000.

146Die Verteidiger des Asylrechts kritisierten die neuerlichen Bestrebungen zu einer Revision des Asylgesetzes und machten geltend, die Vorschläge seien durch die vom BFF formulierten Zielsetzungen bereits abgedeckt. Zudem würden die im Schlussbericht der Arbeitsgruppe „Finanzierung Asylwesen” (Bericht Gerber – Fuhrer) dargelegten Vorschläge zur Kostensenkung im Asylbereich zu einer Diskriminierung im Bereich der medizinischen Versorgung, bei der Unterbringung und bei der Erteilung von Arbeitsbewilligungen führen. Gemäss dieser Vorschläge würden Personen, die sich den Anordnungen der Behörden widersetzen, mit einer Kürzung der Unterhaltszahlungen bestraft (die bereits heute nur zwei Drittel der Summe betragen, welche Schweizern oder niedergelassenen Ausländern zusteht). Zudem würde die medizinische Versorgung auf akute Fälle beschränkt. Nach Ansicht der Kritiker würden diese Massnahmen vornehmlich dazu führen, dass Asylsuchende davon abgehalten würden, ein Asylgesuch zu stellen, und stattdessen in die Illegalität abtauchen87.

Reaktionen auf die Informationspolitik des BFF

  • 88 L’asile en Suisse. Info ou intox ?, Comité Asile.ch, Genf, Mai 2000.

147Die Bestrebungen des BFF, die Öffentlichkeit besser zu informieren (JSDW 2000, S. 273), lösten zum Teil sehr kritische Reaktionen aus. Das Komitee gegen die Aushöhlung des Asylrechts veröffentlichte gar eine Broschüre88, in welcher dem BFF vorgeworfen wird, die herrschende Unklarheit noch zu verschärfen, indem die Asylfrage in weiten Teilen mit der Migrationsproblematik im Allgemeinen gleichgesetzt werde. Dies führe dazu, dass Asylsuchende von der Öffentlichkeit grösstenteils als Wirtschaftsflüchtlinge wahrgenommen werden, die das Asylrecht ausnutzen wollten.

5.4.2. Migrationspolitik

Einwanderer in der Schweiz

  • 89 Grenzgänger, Beamte internationaler Organisationen sowie Asylsuchende sind in dieser Zahl nicht b (...)

148Gemäss Angaben des Zentralen Ausländerregisters (ZAR) zählte die ausländische Wohnbevölkerung in der Schweiz Ende August 2000 1,379 Millionen Personen. Dies entspricht einem Anteil von 19,3% an der Gesamtbevölkerung, die höchste Zahl, die je erreicht wurde89. Sie umfasst neben den niedergelassenen Personen (1,037 Millionen) auch alle Jahresaufenthalter (0,342 Millionen). Zu den Letzteren werden auch die anerkannten Flüchtlinge (25’000 Personen) gezählt.

14958% der in der Schweiz niedergelassenen Ausländer stammen aus den EU-Ländern. Nach wie vor stellen die Italiener mit einem knappen Viertel (23,4%) die grösste Gruppe der ausländischen Wohnbevölkerung in der Schweiz dar, gefolgt von Personen aus der heutigen Bundesrepublik Jugoslawien (13,8%), aus Portugal (9,8%), Deutschland (7,7%), Spanien (6,1%), der Türkei (5,8%) und Frankreich (4,3%). Allerdings stellen die aus Ex-Jugoslawien stammende Personen (Kosovaren, Bosnier, Serben usw.) mit 336’000 Menschen 24,4% der ausländischen Bevölkerung in der Schweiz. Sie sind damit zusammen noch vor den Italienern die bedeutendste Gruppe.

  • 90 OCDE, Tendances des migrations internationales, Paris, 1999.

150Der vor kurzem veröffentlichte Bericht der OECD90 zur Migration unterstreicht die demographische Bedeutung der Migration für Länder mit einer niedrigen Geburtenrate wie der Schweiz, wo 22% aller Geburten auf die ausländische Bevölkerung entfallen.

  • 91 Ein Beispiel für diese traurige Tatsache ist die Tragödie, die sich im vergangenen Juni in Dover (...)
  • 92 „Le phénomène des clandestins prend de plus en plus d’ampleur à Lausanne”, Le Courrier, 1. Mai 20 (...)

151Die zunehmend restriktive Einwanderungspolitik dürfte mit ein Grund sein für die wachsende Zahl der ohne gültige Papiere in Europa einreisenden Menschen91. Verlässliche Zahlen sind nicht vorhanden, allerdings wird die Zahl der illegal in der Schweiz lebenden Ausländer von Fachleuten auf 150’000 geschätzt. Beobachtungen in Lausanne haben gezeigt, dass rund die Hälfte der in der Stadt eintreffenden illegalen Einwanderer aus Lateinamerika stammen92. Häufig handelt es sich dabei um Frauen.

Die 18%-Initiative

  • 93 Mahnig, H. „Trente années d’initiatives xénophobes”, Carrefour, 15. Juni 2000. Mitte November 200 (...)

152Am vergangenen 24. September wurde über die Volksinitiative „Für eine Regelung der Zuwanderung”, besser bekannt als „18%-Initiative”, abgestimmt. Die vom freisinnigen Aargauer Parlamentarier Philippe Müller verfasste Initiative verfolgte das Ziel, den Anteil der ausländischen Bevölkerung von derzeit 19,3% auf 18% zu beschränken. Es handelte sich dabei um die zehnte gegen Ausländer gerichtete Initiative seit 1964, und um die sechste, die tatsächlich zur Abstimmung kam. Obschon in den vergangenen 30 Jahren sämtliche gegen Ausländer gerichteten Initiativen vom Volk abgelehnt worden sind, hat das Thema der Überfremdung seinen Platz auf der politischen Agenda hartnäckig gehalten93. Im Folgenden werden die Abstimmungen zur Ausländerfrage in chronologischer Reihenfolge dargestellt.

153Chronologischer Überblick über Abstimmungen zur Ausländerfrage
1970 — Die „Überfremdungs-Initiative”, auch „Schwarzenbach-Initiative” genannt, strebte eine Begrenzung der ausländischen Bevölkerung in der Schweiz auf 10% an. Mit Ausnahme des Kantons Genf (wo der Ausländeranteil zu jener Zeit 17% betrug) wurde die Initiative mit einem knappen Volksmehr von 54% und von der Mehrheit der Kantone abgelehnt.
1974 — Die Initiative „Gegen die Überfremdung und Überbevölkerung der Schweiz” forderte eine Reduzierung der in der Schweiz lebenden Ausländer auf 500’000 Personen sowie eine Begrenzung der Einbürgerungen auf 4000 pro Jahr. Die Initiative wurde von zwei Dritteln der Bevölkerung sowie von sämtlichen Kantonen abgelehnt.
1977 — Die so genannte „IV. Überfremdungsinitiative”, welche eine Beschränkung des Ausländeranteils in der Schweiz auf 12,5% forderte, scheiterte mit 71% Nein-Stimmen an der Urne.
1977 — Die „Initiative für eine Beschränkung der Einbürgerungen”, welche die Zahl der Einbürgerungen auf 4000 pro Jahr begrenzen wollte, wurde von 66% der Bevölkerung abgelehnt.
1988 — Die Initiative „Für die Begrenzung der Einwanderung”, welche erstmals die Unterscheidung zwischen Asylsuchenden und ausländischen Arbeitnehmern aufheben wollte, wurde an der Urne von 67% der Stimmbürger abgelehnt.
2000 — Die Initiative „Für eine Regelung der Zuwanderung”, auch „18%-Initiative” genannt, wurde vom Volk mit einer Mehrheit von 63,7% abgelehnt.

  • 94 Piguet, E., „Quelques informations en rapport avec l’Initiative des 18%”, Neuchâtel : Forum suiss (...)

154Im Gegensatz zu den früheren Vorstössen zielte die neueste Initiative nicht nur auf eine Beschränkung der ausländischen Bevölkerung, sondern darüber hinaus auf einen neuen Modus zur Berechnung des Ausländeranteils ab. Gewisse Personenkategorien wie leitende Angestellte, Wissenschaftler und Beamte internationaler Organisationen sollten bei der Berechnung des Ausländeranteils an der Wohnbevölkerung ausgeschlossen, andere Gruppen hingegen, die bisher nicht berücksichtigt wurden, mit einbezogen werden, wie etwa Asylbewerber, die sich seit mehr als einem Jahr in der Schweiz aufhalten, Saisonniers und Inhaber kurzfristiger Aufenthaltsbewilligungen über mehr als 8 Monate. Gemäss einer Schätzung des Schweizerischen Forums für Migrationsfragen kompensieren sich diese beiden Gruppen zu einem grossen Teil94.

155Wie bereits die Vorstösse aus der Vergangenheit operierte auch diese Initiative implizit mit dem Begriff der Toleranzschwelle. Dieser scheinbar wissenschaftlich fundierte Begriff bezeichnet den Anteil, welcher nicht überschritten werden dürfe, um die Integration der bereits im Land lebenden Ausländer nicht zu gefährden. Mit anderen Worten wird damit behauptet, die Kapazität zur Integration sei von der Höhe des Ausländeranteils abhängig. Allerdings konnte für diese Hypothese, welche einer groben Vereinfachung des Sachverhalts gleichkommt, kein empirischer Nachweis erbracht werden. Ganz im Gegenteil lässt sich in der Schweiz feststellen, dass gerade die Kantone mit einem hohen Ausländeranteil an der Wohnbevölkerung Ausländern offener gegenüberstehen.

  • 95 „Les Suisses refusent une nouvelle fois de limiter l’immigration des étrangers”, Le Courrier 25.  (...)
  • 96 Arlettaz, G., Arlettaz, S. 2000. La politique suisse d’immigration et de refuge : héritage de gue (...)

156Die Initiative wurde mit 63,7% Nein-Stimmen verworfen. Die Medien begrüssten dieses Abstimmungsergebnis und sprachen von einer schweren Niederlage für den Populismus95. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass diese Initiative gleich nach der Schwarzenbach-Initiative aus dem Jahr 1970 von allen gegen die Ausländer gerichteten Vorstössen den stärksten Rückhalt erhalten hat. Eine vor kurzem veröffentlichte historische Untersuchung96 zeigt auf, dass sich die Haltung der Schweiz gegenüber Ausländern während des 1. Weltkriegs grundsätzlich gewandelt hat : Wurde noch bis 1915 eine relativ liberale Einwanderungspolitik verfolgt, so nahm die Schweiz in den Jahren danach eine von Sicherheits-, Identitäts- und ökonomischem Denken geprägte Haltung an. Diese gründete auf der Annahme, dass ein zu hoher Ausländeranteil eine Gefahr für die nationale Identität darstelle und dass es folglich zwingend notwendig sei, die Zuwanderung zu kontrollieren, wobei nachteilige Auswirkungen für die Wirtschaft allerdings vermieden werden müssten. Der „nützliche Ausländer” wurde demnach geduldet, zumindest solange er sich nicht niederliess. Im Laufe der letzten hundert Jahre war die Entwicklung des nationalen Zusammenhalts und der schweizerischen Identität begleitet von der Bemühung, gegenüber dem Fremden Distanz zu wahren. Die heutige politische Debatte ist noch immer von dieser jahrzehntelang nicht in Frage gestellten Haltung geprägt.

Zulassungspolitik

157Durch einen Beschluss des Bundesrates wurde das bisher für die Aufnahmepolitik massgebende Drei-Kreise-Modell durch ein Zwei-Kreise-Modell ersetzt. Der erste, privilegierte Kreis umfasst Staatsbürger aus den EU-Mitgliedsländern, für die mittelfristig der Grundsatz des freien Personenverkehrs gelten soll. Personen aus allen anderen Ländern sind im zweiten Kreis erfasst. Im Anschluss an die Revision der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO), welche am 1. November 1998 in Kraft getreten ist, dürfen ungeachtet des Herkunftslandes nur noch gut qualifizierte Arbeitnehmer rekrutiert werden.

Die bilateralen Verträge

158Am 21. Mai 2000 wurden die bereits paraphierten bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (JSDW 2000, S. 276) mit einer überaus deutlichen Mehrheit von 67,2% vom Volk gutgeheissen. Damit gaben die Schweizer Stimmbürger auch ihre Zustimmung zu einem der wichtigsten Aspekte der Reform der Zulassungspolitik, welche mit dem Hug-Bericht (JSDW 1998, S. 245) begonnen wurde und eine der Voraussetzungen für die Revision des Ausländergesetzes darstellt. Die bilateralen Verträge beschränken sich indes nicht auf den freien Personenverkehr für Schweizer und EU-Bürger, sondern sie verankern darüber hinaus den Grundsatz der Gleichbehandlung für im Land niedergelassene Personen.

159Um in Kraft treten zu können, müssen die Verträge von den EU-Mitgliedsländern noch ratifiziert werden. Einige EU-Staaten wollten den Ausgang der Abstimmung über die 18%-Initiative abwarten, bevor sie die Verträge den nationalen Parlamenten vorlegten. Aus diesem Grund werden sie anstatt zum ursprünglich vorgesehenen Datum wahrscheinlich erst im Juli 2001 in Kraft treten.

  • 97 „Pour surveiller sa frontiere, Berne s’inspire de Bruxelles”, Le Courrier, 19. August 2000.

160Anfang Juli wurde die Visumspflicht für thailändische Staatsangehörige sowie für Personen aus sechs Ländern der Region des Persischen Golfes, welche im Besitz eines so genannten Schengenvisums sind, vom Bundesrat aufgehoben. Dieses Visum, dessen Ausstellung seit vergangenem Jahr direkt durch EU-Vorschriften geregelt wird, erlaubt die Einreise in sowie den freien Verkehr durch sämtliche EU-Länder, die dem Schengener Abkommen beigetreten sind. Mit diesem Entscheid, durch den das Schengenvisum in gewisser Weise einem schweizerischen Visum gleichgesetzt wird97, stellt sich der Bundesrat hinter eine in einer internen Weisung aus dem Jahr 1998 enthaltenen Bestimmung über Inhaber eines Schengenvisums.

  • 98 EJPD, „Visumbefreiung für Personen mit Schengenvisum oder Aufenthaltstitel”, Pressemitteilung, 6. (...)

161Ferner hob der Bundesrat auch die Visumspflicht für Personen aus Drittstaaten auf, welche eine unbeschränkte Aufenthaltsgenehmigung eines EU- oder EFTA-Landes, der USA oder Kanadas besitzen98. Mit dieser Regelung werden Personen, die regulär in diese Länder eingewandert sind und sich dort niedergelassen haben, nicht mehr auf der Grundlage ihrer Staatsangehörigkeit gesondert behandelt. Damit erhält die Niederlassung als Evaluationskriterium ein grösseres Gewicht als das herkömmliche Kriterium der Staatsangehörigkeit, welches bisher bei der Zulassung allein ausschlaggebend war.

Neuer Entwurf für das Ausländergesetz

162Im Zuge der Revision des noch immer geltenden Bundesgesetzes über den Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer aus dem Jahre 1931 (ANAG) hat der Bundesrat den Entwurf für ein neues Ausländergesetz (AuG) in die Vernehmlassung geschickt. Im vergangenen Frühling war dieser Gesetzesentwurf in gewisser Weise als Gegenvorschlag zur 18%-Initiative präsentiert worden. Mit Hilfe dieses gesetzlichen Rahmens will der Bundesrat das Parlament verstärkt in die Ausarbeitung der neuen Migrationspolitik einbinden. Diese soll in Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Legalität künftig auf gesetzgeberischer Ebene und nicht mehr wie bis bisher über Verordnungen ausgestaltet werden.

  • 99 Im Begleitbericht zum Gesetzesentwurf wird festgehalten, dass sich „der Begriff Ausländerinnen un (...)

163Der Gesetzesentwurf trägt der in den bilateralen Abkommen festgelegten Öffnung für EU-Bürger Rechnung und sieht im Hinblick auf Personen aus anderen Ländern strengere Zulassungskriterien vor. Einzig für Personen aus Drittstaaten werden Aufnahme- und Niederlassungsbestimmungen festgelegt99.

164Für die Gesetzesrevision waren mehrere Gründe ausschlaggebend gewesen. Einer der wichtigsten war zweifellos das Ziel, die Zuwanderung vermehrt als Werkzeug zur Steuerung der Arbeitsmarktpolitik einsetzen zu können. Die Zuwanderung wenig qualifizierter Arbeitnehmer soll so weit als möglich begrenzt werden. Damit will man verhindern, dass sich die Situation der 80er Jahre, als angesichts der unumgänglich gewordenen strukturellen Anpassung der schweizerischen Wirtschaft ausländische Arbeitnehmer als erste von der Arbeitslosigkeit getroffen wurden, wiederholt. Darüber hinaus sieht der Gesetzesentwurf strengere Massnahmen zur Unterbindung der illegalen Einwanderung und der Schwarzarbeit vor. Ausgehend vom Grundsatz, dass die Allokation der Arbeitskräfte durch den Markt optimiert wird, sollen gemäss dem Gesetzesentwurf die zahlreichen Hürden, welche der beruflichen und geografischen Mobilität der ausländischen Arbeitnehmer im Wege stehen, aufgehoben werden.

  • 100 Diese Daten stammen aus dem Zentralen Ausländerregister (BFA).

165Künftig will sich die Schweiz bei der Zuwanderung auf qualitative Aspekte konzentrieren. Der Gesetzesentwurf nennt daher äusserst strenge Anforderungen an das Ausbildungsprofil neuer ausländischer Arbeitskräfte : In der Regel müssen ausländische Arbeitnehmer im Besitz eines Universitätsabschlusses oder eines vergleichbaren Leistungsausweises sein. Eine Untersuchung der Zuwanderungen nach Ausbildungsstand und beruflicher Tätigkeit zeigt, dass in der Praxis bereits heute bei der Vergabe von Arbeitsbewilligungen die Qualifikation der ausländischen Arbeitnehmer das ausschlaggebende Kriterium ist. So ist der Anteil der zugewanderten Personen mit einem hohen Ausbildungsniveau zwischen 1990 und 1999 markant angestiegen. Im Banken- und Versicherungssektor stieg dieser Anteil von 7 auf 19% und in den Bereichen Bildung und Wissenschaft von 5 auf 8%100.

16615’000 bis 17’000 auf ein Jahr befristete Arbeitsbewilligungen, die derzeit jährlich erneuert werden, sollen während der ersten Jahre nach dem Inkrafttreten für EU-Bürger reserviert werden. In der bisherigen Praxis wurde die Hälfte dieser Bewilligungen an Personen aus nichteuropäischen Ländern vergeben.

  • 101 „L’immigration sera plus dure pour les non-Européens”, Tribune de Genève, 6. Juli 2000.

167Ferner soll nach dem neuen Gesetz der in letzter Zeit stark kritisierte Saisonnier-Status zumindest für EU-Bürger abgeschafft werden. Für Arbeitnehmer aus anderen Ländern wird die Saisonnier-Bewilligung durch eine kurzfristige Bewilligung ersetzt, welche einmal erneuert werden kann. Damit soll die Möglichkeit gegeben werden, ausländische Arbeitnehmer für präzise umschriebene Aufgaben anzuheuern. Der Familiennachzug ist dabei nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Von diesen neuartigen Arbeitsbewilligungen soll ebenfalls ein grosser Teil (115’000 von 140’000 Bewilligungen) für EU-Staatsbürger reserviert werden101.

168Das Anrecht auf Familiennachzug, welches im Hinblick auf EU-Staatsbürger in den bilateralen Verträgen sehr grosszügig geregelt ist, soll auf Schweizer Bürger, welche Familienangehörige mit ausländischer Staatsbürgerschaft haben, ausgeweitet werden, um die Gleichstellung mit Personen aus den EU-Ländern sicherzustellen. In etwas geringerem Ausmass haben auch Personen aus Drittstaaten Anrecht auf Familiennachzug, vorausgesetzt, sie stellen innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten der dahingehenden Bestimmungen einen entsprechenden Antrag. Zudem sollen ausländische Ehegatten die Möglichkeit erhalten, nach einer Auflösung der Ehe weiterhin in der Schweiz wohnhaft zu bleiben.

  • 102 „La Suisse commence-t-elle à Abidjan ?” Planète exil, 11. Oktober 2000 ; „Risques de nouvelles re (...)

169Obgleich der Gesetzesentwurf in erster Linie ein migrationspolitisches Werkzeug darstellt, sind einige der darin enthaltenen Bestimmungen auch für Asylsuchende von Bedeutung. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) etwa zeigte sich beunruhigt über die Abwälzung der Identitätskontrolle auf die Herkunftsländer (wo sie durch die Fluggesellschaften vorgenommen würde) sowie über die Ausweitung der Zwangsmassnahmen102.

Integrationspolitik

170Bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Integrationspolitik auf lokaler Ebene wurden im vergangenen Jahr weitere Fortschritte erzielt. Neben den in verschiedenen Deutschschweizer Städten erschienenen Leitbildern ist vor allem die im Mai 2000 in Kraft getretene Reform der jurassischen Kantonsverfassung zu erwähnen, dank der im Kanton das passive Wahlrecht auf Gemeindeebene für Ausländer eingeführt wird, die seit mehr als 10 Jahren im Kanton wohnhaft sind. Im September 2000 wurde im Kanton Neuenburg ausländischen Einwohnern das

  • 103 Auch in der deutschen Schweiz sind gewisse Vorstösse in diese Richtung zu vermelden. Die kleine G (...)

171Stimmrecht auf kantonaler Ebene zuerkannt103. Nachdem in den vergangenen zehn Jahren 14 Vorstösse in diese Richtung in mehreren Kantonen mit deutlicher Mehrheit verworfen wurden, ist die Bedeutung dieser Neuerungen nicht zu unterschätzen.

172In einem grösseren Kontext betrachtet, war das Jahr 2000 in erster Linie durch die Fortsetzung der Arbeiten auf dem Gebiet der Integration auf eidgenössischer Ebene geprägt. Im Folgenden soll ein Überblick über die Eckpunkte der nationalen Integrationspolitik geboten werden.

Integrationsbericht der Eidgenössischen Ausländerkommission

  • 104 „Die Integration der Migrantinnen und Migranten in der Schweiz”, Bern, Oktober 1999, S. 12.
  • 105 „Die Integration der Migrantinnen und Migranten in der Schweiz”, Bern, Oktober 1999, S. 27.
  • 106 „Die Integration der Migrantinnen und Migranten in der Schweiz”, Bern, Oktober 1999, S. 5.
  • 107 „Die Integration der Migrantinnen und Migranten in der Schweiz”. Bern, Oktober 1999, S. 13.

173Ende März wurde der von der Eidgenössischen Ausländerkommission (EKA) erarbeitete Integrationsbericht vorgestellt. In diesem Bericht, der als Grundlage für die Umsetzung des neuen Artikels 25 des ANAG dienen soll, wird die Schweiz erstmals ausdrücklich als Einwanderungsland bezeichnet104. Der Bericht zieht eine Bilanz der bisher unternommenen Anstrengungen und hält fest, „dass der Integrationsprozess der ausländischen Bevölkerung […] über Jahrzehnte dem Zufall überlassen war”105. Artikel 25 des ANAG, welcher die rechtliche Grundlage für die Bemühungen auf dem Gebiet der Integration bildet, wird als politisches Signal106 interpretiert, welches dem politischen Willen zur Integration der Ausländer, welcher sich noch weiter entwickeln muss, die notwendige Glaubwürdigkeit verleiht107.

174Eine Definition der Integration wird zwar nicht geboten, dennoch distanzieren sich die Autoren des Berichts sowohl vom Konzept der Assimilation als auch vom Ansatz der Multikulturalität. Die Integration wird vielmehr als gegenseitiger Lernprozess umschrieben, eine andauernde Herausforderung also, die sich nicht auf Fragen der Unterstützung, der Information und der Beratung reduzieren lässt. Die zu ergreifenden Massnahmen reichen von einer grösseren Sicherheit bei den Niederlassungsbedingungen über den frühestmöglichen Familiennachzug, den Sprachunterricht für Erwachsene, die Chancengleichheit für Schulkinder, die Beteiligung am politischen Leben als Integrationsfaktor, die erleichterte Einbürgerung für junge Menschen und die Entwicklung der kulturellen Vermittlung bis hin zu einer umfassenderen Information für Zugewanderte.

175Nach Jahren des Stillstands stellen der semantische Wechsel der Ausländerkommission, welche nunmehr von „Migrantinnen und Migranten” spricht, und die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, bevor neue Wege beschritten werden, aber auch die Entschlossenheit, mit der die Entwicklung einer aktiven Integrationspolitik vorangetrieben wird, eine überaus erfreuliche Entwicklung dar. Der um die Eidgenössische Ausländerkommission entbrannte Konflikt ist bezeichnend für die enormen Schwierigkeiten, mit denen die Geburt dieses neuen Konzepts der Integration als gegenseitiger Lern- und Verstehensprozess verbunden war.

176Im Januar hatte der Präsident der EKA, Fulvio Caccia, der 1998 massgeblich an der Einführung des Integrationsartikels beteiligt war, mit der Bekanntgabe seines Rücktritts für Aufsehen gesorgt. Die Vertreter der Gewerkschaften und der Ausländervereinigungen folgten seinem Beispiel und traten ebenfalls aus der Kommission aus. Damit protestierten sie gegen die Eingliederung des Sekretariats der für die Umsetzung der Integrationspolitik zuständigen Kommission in das Bundesamt für Ausländerfragen (JSDW 1999, S. 177), welches dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement untersteht, dessen polizeiliche Tätigkeiten ihrer Ansicht nach mit den Bestrebungen zur Förderung der Integration von Zuwanderern nicht vereinbar sind.

  • 108 „Après neuf mois de crise, les mutins pourraient réintégrer la CFE”, Le Temps, 1. September 2000  (...)

177Neun Monate später zeichnete sich ein Kompromiss ab, welcher innerhalb des Bundesamtes für Ausländerfragen (BFA) die Schaffung einer Sektion Integration vorsah. Der Vorsteher dieser Sektion soll gleichzeitig der Ausländerkommission angehören und Mitglied der Direktion des BFA sein. Die für die Integrationspolitik zur Verfügung gestellten Gelder sollen von 5 auf 10 Millionen Franken aufgestockt werden. Gleichzeitig erklärte sich die EKA bereit, die von den Vertretern der Zuwanderer vorgeschlagene Schaffung eines so genannten Ausländerrates (Forum des migrants) zu unterstützen, welcher eine vergleichbare Stellung wie die SFH im Asylbereich erhalten soll. In diesem Ausländerrat sollen Vertreter aller auf dem Gebiet der Integration tätigen Organe und nicht mehr nur die Organisationen der einzelnen Bevölkerungsgruppen vertreten sein. Aufgabe des Ausländerrates wird es sein, die von der EKA lancierten Anstrengungen zu unterstützen108.

178Der Konflikt wie auch seine Beilegung sind beispielhaft für die derzeitige Übergangsphase von der bisherigen Praxis, in der die Ausländervereinigungen ihre Forderungen nur über die bereits etablierten politischen Akteure geltend machen konnten (acting for), zu einem neuen Umfeld, in dem sie in eigener Verantwortung auftreten können (standing for).

Integrationsverordnung

  • 109 In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Aktion zu Gunsten der Integration anerkannter Fl (...)
  • 110 „La copie est à revoir”, Carrefour, 8. September 2000.

179Die Integrationsverordnung, die auf der Grundlage des Berichts der EKA entstanden ist, trat Anfang Oktober 2000 in Kraft109. Dieser Text präzisiert die Rolle der Eidgenössischen Ausländerkommission (EKA), die zwar bereits vor 30 Jahren zum Zeitpunkt der ersten Anti-Ausländer-Abstimmung ins Leben gerufen, deren Status aber erst mit der Annahme des Artikels 25 über die Integration gesetzlich verankert wurde. Die Kommission zählt 20 Mitglieder, von denen mindestens die Hälfte die Ausländer vertreten. Mindestens einer ihrer Vizepräsidenten ist ebenfalls Ausländer. Die EKA berät die Regierung und lanciert Verstösse, welche das Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und die Integration der Ausländer fördern sollen. Daneben ist sie für die Auswahl der Projekte zuständig, welche mit Geldern des Bundes unterstützt werden sollen. Das Jahresbudget der EKA wurde auf 10 Millionen Franken erhöht. Auf der Seite der Zuwanderer wird allerdings kritisiert, dass sich die EKA bei ihrer Tätigkeit hauptsächlich auf Ausländer mit einer dauerhaften Aufenthaltsbewilligung konzentriert und dabei Personen aus nichteuropäischen Ländern, welche nur unter grossen Schwierigkeiten eine solche Niederlassungsbewilligung erhalten, vernachlässigt110.

Die Einbürgerungsproblematik

  • 111 „Ein Feind findet sich immer. Erst die Deutschen, dann die Italiener, heute die Menschen aus dem (...)
  • 112 „Le racisme n’épargne pas la Suisse. Conseil de l’Europe : un rapport épingle des comportements j (...)
  • 113 „Le Conseil fédéral est concerné et très déçu par le vote de Emmen”, Le Temps, 21. März 2000.
  • 114 „Demokratie, aber nicht Grundrechte”, Neue Zürcher Zeitung, 21. März 2000.

180Im Rahmen eines neuen Verfahrens, welches auf einen Vorstoss der Schweizer Demokraten am 12. März 2000 eingeführt wurde, waren die Einwohner von Emmen, einem grösseren Vorort Luzerns, aufgefordert, über die Einbürgerung von Ausländern abzustimmen. Während alle Kandidaten italienischer Herkunft die Schweizer Staatsbürgerschaft zuerkannt erhielten, wurde sie sämtlichen aus der Balkanregion stammenden Personen verweigert111. Dieser Vorfall rief sowohl in der Presse als auch in der Öffentlichkeit im In- und Ausland heftige Reaktionen hervor112. In seinem Kommentar zu dieser Abstimmung113, welche er in gewisser Weise mit Rassendiskriminierung verglich, wies der Bundesrat unmissverständlich darauf hin, dass sich eine Demokratie nicht auf die blosse Durchführung von Abstimmungen beschränkt, sondern darüber hinaus eine Reihe grundlegender Prinzipien zu wahren hat114. Der Erwerb der Schweizer Staatsbürgerschaft ist im Rahmen der bestehenden Gesetzeslage kein Recht, sondern setzt ein administratives Verfahren voraus, in dem willkürliche Entscheide nicht ausgeschlossen werden können.

  • 115 Der Rechtsprofessor Andreas Auer vertritt die Ansicht, in der neuen Verfassung sei der Schutz geg (...)

181Immerhin führte diese umstrittene Abstimmung dazu, dass die Einbürgerungsfrage ganz oben auf die Dringlichkeitsliste der zuständigen Behörden gesetzt wurde. Die schweizerische Praxis, die ein Anrecht auf Einbürgerung grundsätzlich ausschliesst, verstösst gegen das Übereinkommen des Europarates zur Verringerung der Fälle der Staatenlosigkeit. Gestützt auf ein Rechtsgutachten115, gemäss dem das Abstimmungsverfahren bei Einbürgerungen gegen die grundlegenden rechtlichen Normen verstösst, wurde eine parlamentarische Motion eingereicht, welche die Einführung eines Rechts auf Einbürgerung mit Rekursmöglichkeiten vorschlägt, damit diskriminierende Entscheide dieser Art in Zukunft vermieden werden können. Der Bundesrat hat eine Arbeitsgruppe beauftragt, diese Möglichkeit zu untersuchen, und hat versprochen, noch in der laufenden Legislaturperiode einen konkreten Vorschlag für die erleichterte Einbürgerung junger Ausländer zu präsentieren (JSDW 2000, S. 278). Ein ähnlicher Vorstoss war 1994 an der Urne knapp gescheitert : Dieser hatte zwar die Mehrheit der Stimmen erhalten, wurde jedoch aufgrund des fehlenden Ständemehrs abgelehnt.

5.5. Projekt für eine Stiftung solidarische Schweiz

182Am 17. Mai 2000 legte der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft über die Verwendung der Goldreserven der Nationalbank sowie ein Bundesgesetz über die Stiftung solidarische Schweiz vor. Der Erlös aus dem Verkauf von 500 Tonnen Gold sollte dem Stiftungsprojekt des Bundesrates zufliessen. Über die Verwendung des Verkaufserlöses von weiteren 800 Tonnen Gold wurde im Laufe des Sommers eine Vernehmlassung durchgeführt. Die parlamentarische Debatte dürfte in der zweiten Jahreshälfte 2000 stattfinden.

183Eine im Oktober 2000 von der SVP eingereichte Initiative forderte, dass der Erlös der gesamten 1300 Tonnen Gold vollumfänglich der AHV zugeführt werde.

5.5.1. Geschichtlicher Überblick

  • 116 Botschaft betreffend die Verwendung von Goldreserven und ein Bundesgesetz über die Stiftung solidar (...)

184Die Initiative des Bundesrates zur Gründung einer schweizerischen Solidaritätsstiftung nahm ihren Anfang im März 1997, kurz nach der Einrichtung des Entschädigungsfonds für Holocaust-Opfer (siehe dazu JSDW 1998, S. 309-311). Die Gründung der Stiftung sollte durch den Verkauf eines Teils der Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die im Rahmen der Geldpolitik nicht mehr verwendet werden, finanziert werden. Im Laufe des Sommers 1998 wurde ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt, dessen durchaus ermutigendes Ergebnis im November desselben Jahres veröffentlicht wurde. Im März 1999 verabschiedete der Bundesrat den Entwurf des Gesetzes über die Stiftung solidarische Schweiz. Das Vernehmlassungsergebnis sowie die im Rahmen des Verfahrens eingegangenen Kommentare wurden dabei ebenfalls berücksichtigt. Die Botschaft zu diesem Gesetzesentwurf wurde dem Parlament am 17. Mai 2000 vorgelegt116. Am 12. September 2000 beschloss die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates, auf die Vorlage einzutreten. Allerdings stellte sie die Forderung, das Dossier gesamthaft zu behandeln, das heisst erst nach der Verabschiedung der Vorlage über den Verwendungszweck der 800 Tonnen Gold der SNB (siehe unten) durch die Landesregierung. Somit wird die Parlamentsdebatte nicht vor Juni 2001 stattfinden.

5.5.2. Überschüssige Goldreserven der SNB

185Die Aufhebung der Goldparität des Schweizer Frankens, die in Wirklichkeit schon lange nicht mehr existierte, wurde auf Gesetzesebene erst mit Art. 99 der neuen Bundesverfassung, welche am 1. Januar 2000 in Kraft trat, und mit der Einführung des neuen Bundesgesetzes über die Währung und die Zahlungsmittel am 1. Mai 2000 umgesetzt. Damit konnte die SNB eine Neubewertung der für die Geld- und Währungspolitik notwendigen Goldreserven vornehmen. Im Rahmen dieser Neubewertung stellte sich heraus, dass 1300 Tonnen Gold zu Marktpreisen verkauft werden können.

186Grundsätzlich schreibt die Bundesverfassung vor, dass die von der SNB erwirtschafteten Gewinne zu einem Drittel dem Bund und zu zwei Dritteln den Kantonen zustehen. Der Bundesrat will diese Bestimmung jedoch lockern und damit die Möglichkeit schaffen, den Erlös aus dem Verkauf von 500 Tonnen Gold der Stiftung solidarische Schweiz zufliessen zu lassen. Der Verwendungszweck des Verkaufserlöses aus den restlichen 800 Tonnen steht noch nicht fest. Aus diesem Grund wird in der Botschaft auch die Verwendung der Goldreserven diskutiert. Der Bundesrat schlägt vor, mittels eines Bundesbeschlusses eine Übergangsbestimmung zum einschlägigen Verfassungsartikel einzuführen. Diese soll dem Gesetzgeber die Zuständigkeit einräumen, die Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf von 1300 Tonnen Gold der SNB besonders zu regeln.

  • 117 Eidgenössische Volksinitiative „Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds (Goldinitiative)”.

187In ihrer im August 1999 lancierten Volksinitiative117 forderte die SVP, den Erlös aus dem Verkauf der 1300 Tonnen Gold vollumfänglich der AHV zuzuführen. Diese Initiative, die am 30. Oktober 2000 zustande kam, richtet sich demnach direkt gegen die Gründung der Solidaritätsstiftung.

188Der Bundesrat schickte seinerseits zwei Vorlagen über die Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf von 800 Tonnen Gold in die Vernehmlassung. Die erste Vorlage sieht die Finanzierung von Massnahmen im Bildungsbereich und von Übergangsleistungen der AHV vor, die zweite zielt auf eine Reduzierung der Schulden von Bund und Kantonen ab. Der erste Vorschlag der Landesregierung könnte demnach als Gegenvorschlag zur Goldinitiative dienen. Das Vernehmlassungsverfahren begann Ende Juni 2000 und dauerte bis Ende Oktober desselben Jahres. Erste Resultate deuten darauf hin, dass die Verwendung der Mittel für die AHV und die Abtragung der Schulden von Bund und Kantonen gegenüber der Finanzierung von Massnahmen im Bildungsbereich vorgezogen werden. Die Landesregierung wird frühestens Anfang 2001, sobald die definitiven Vernehmlassungsergebnisse vorliegen, dazu Stellung nehmen.

189Die christlichdemokratische Fraktion (CVP) des Nationalrats, welche das Projekt Stiftung solidarische Schweiz bisher unterstützt hatte, machte im März 2000 einen neuen Vorschlag bezüglich der Aufteilung der überschüssigen Goldreserven der Nationalbank : In einer Motion schlug sie dem Bundesrat vor, ein Viertel des Erlöses aus dem Verkauf dieser Goldreserven den Tätigkeiten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) zukommen zu lassen und den Rest zur Förderung der Jugend und der Betagten einzusetzen. Mit diesem Vorstoss wollte die CVP eigenen Angaben zufolge den Sinn der Solidaritätsstiftung wahren, sich aber gleichzeitig zu Gunsten einer effizienten und in der Bevölkerung gut bekannten Institution, dem IKRK, von dem eher abstrakten Stiftungsprojekt distanzieren. Ferner wollten die Befürworter dieses Vorstosses dazu beitragen, die Solidaritätsstiftung von der Frage der nachrichtenlosen Vermögen zu trennen. Der Vorschlag der CVP stiess bei den Anhängern der Stiftung solidarische Schweiz, allen voran der Bundesrat, gefolgt von den Hilfswerken und dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, auf Kritik. Die Motion wurde in der Folge in ein Postulat umgewandelt. Am 4. Oktober 2000 jedoch sprach sich der Nationalrat dagegen aus, dieses an den Bundesrat weiterzuleiten.

5.5.3. Das Projekt Stiftung solidarische Schweiz des Bundesrates

190Gemäss dem Projekt des Bundesrates ist die Stiftung solidarische Schweiz eng mit dem Gedanken der zukunftsgerichteten, langfristigen Prävention verknüpft. Die Stiftung soll die ihr zur Verfügung gestellten Mittel, maximal sieben Milliarden Franken aus dem Erlös von 500 Tonnen Gold der Nationalbank, zunächst während 30 Jahren nutzen können. Diese Nutzungsdauer kann verlängert werden.

191Die Gesetzesvorlage über die Stiftung solidarische Schweiz nennt die folgenden Stiftungsziele (Art. 2) :

  • Die Stiftung soll die Solidarität im In- und Ausland verstärken,

  • Sie soll Armut, Not und Gewalt bekämpfen und deren Folgen lindern, und

  • Sie soll dazu beitragen, dass den Betroffenen eine menschenwürdige Zukunft ermöglicht wird.

192Die Aufgaben der Solidaritätsstiftung umfassen (Art. 3) :

  • Verhütung der Ursachen und Linderung der Folgen von Armut und Ausgrenzung, Förderung der Integration und Befähigung der betroffenen Personen zur Eigenverantwortung.

  • Verhütung der Ursachen und Linderung der Folgen von Gewalt, Menschenrechtsverletzung und Völkermord. Förderung des einvernehmlichen Zusammenlebens, der Versöhnung und der Verständigung.

  • Mithilfe beim Aufbau von Strukturen einer funktionsfähigen und demokratischen Gesellschaft.

  • Im Rahmen ihrer Tätigkeit ist grundsätzlich darauf zu achten, dass die Stiftung einen Beitrag zur Eröffnung von Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven der jungen Generation leistet.

193Die Tätigkeit der Solidaritätsstiftung wird in Art. 4 umschrieben :

  • Unterstützung von Projekten staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen. Die Stiftung wird keine Hilfe an einzelne Personen oder Personengruppen ausrichten.

  • Subsidiäre Finanzierung von Soforthilfeleistungen in ausserordentlichen Fällen.

  • Periodische Vergabe eines Solidaritätspreises an eine oder mehrere Organisationen oder Institutionen, um ausserordentliche Leistungen im Sinne des Stiftungszweckes zu honorieren.

  • Auf Leistungen der Stiftung besteht kein Rechtsanspruch.

194Die Solidaritätsstiftung orientiert sich an folgenden Handlungsgrundsätzen (Art. 5) :

  • Partnerschaftliche Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Institutionen und Organisationen.

  • Gleichgewichtiger Mitteleinsatz im In- und Ausland.

  • Unterstützung von Projekten unter angemessener Berücksichtigung der Frauen und des Grundsatzes der Gleichheit zwischen Frauen und Männern.

  • Prioritäre Unterstützung von Projekten, die innovativen Charakter aufweisen und einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten.

195Die Solidaritätsstiftung soll von einem Stiftungsrat geleitet werden, der sich aus einem Stiftungsratspräsidenten und sechs bis zehn weiteren Mitgliedern zusammensetzt. Die Mitglieder des Stiftungsrats haben grundsätzlich Schweizer Bürger zu sein und werden vom Bundesrat für eine Dauer von vier Jahren gewählt. Ihr Mandat kann höchstens drei Mal erneuert werden (Art. 10). Der Stiftungsrat ist für die Bildung eines Finanzausschusses zuständig und kann bei Bedarf weitere Ausschüsse einsetzen. Ausserdem ernennt er die Direktorin oder den Direktor der Stiftung, die bzw. der von einem Sekretariat unterstützt wird.

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Bibliografie

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Eidgenössische Bankenkommission, Abacha-Gelder bei Schweizer Banken. Bericht der Eidgenössischen Bankenkommission, Bern, 30. August 2000, 19 S.

Diese Berichte sind an den unten aufgeführten Internet-Adressen verfügbar.

Pressemitteilungen des Bundes, 16. Dezember 1999 „Fall Bofors : Rechtshilfeakten an Indien übergeben”, 19. April 2000 „Geldwäschereigesetz : Stand der Umsetzung”, 30. Mai 2000 „Schweiz weist Qualifikation als ‘Offshore’Finanzzentrum zurück”, 29. November 2000 „Massnahmenpaket zur Unterstützung der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei”.

Das Archiv der Pressemitteilungen des Bundes kann an folgender Internet-Adresse konsultiert werden : www.admin.ch/cp/d.

Veröffentlichungen neueren Datums

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OCDE, Concurrence fiscale dommageable. Un problème mondial. Paris, OCDE, 1998, 88 S.

M. Pieth, P. Eigen (dir), Korruption im internationalen Geschäftsverkehr, Bestandsaufnahme, Bekämpfung, Prävention, Hermann Luchterhand Verlag, Kriftel (D), 1999, 735 S.

R. Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, Staempfli Editions SA, Bern, 1999, 430 S.

Presseartikel

Le Temps, 27./28. Mai 2000 „Sur la liste noire des paradis fiscaux, la Suisse décroche un prix de vertu”, 27. Juni 2000 „l’OCDE publie sa liste et met 35 paradis fiscaux sous pression”, 28. Juni 2000 (Geldwäscherei), 22. August 2000 „La Suisse ne parvient pas à lutter efficacement contre le blanchiment”, 24. Oktober 2000 (Interview mit Kaspar Villiger zum Bankgeheimnis), 31. Oktober 2000 „Coup d’éclat de 11 géants de la finance contre le blanchiment”, 28 November 2000 (Vermögensbesteuerung).

Neue Zürcher Zeitung, 18. Oktober 2000 „Verstärkter Kampf gegen Finanzkriminalität”, 30. November 2000 (Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei).

Internet-Adressen zum Teil 5.3.

OECD-Arbeitsgruppe gegen Geldwäscherei (FATF) : www.oecd.org/fatf

OECD. Site zur Korruption : www.oecd.org/daf/nocorruption

International Anti-Money Laundering Network : www.imolin.org

International Drug Control Programme (UNO) : www.undcp.org

UNO, Anti-Money Laundering Web-Site : www.imolin.org

Office for Drug Control and Crime prévention (UNO) : www.odccp.org

Europäische Union : www.europa.eu.int

Europarat : www.coe.fr

Sämtliche schweizerischen Gesetze und Verordnungen sind in der Systematischen Sammlung des Bundesrechts gesammelt und können auf folgender Internet-Adresse konsultiert werden : www.admin.cli/ch/d/sr (siehe vor allem Ziffer 955, Geldwäscherei).

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement : www.ejpd.admin.ch

Meldestelle für Geldwäscherei (Bundesamt für Polizeiwesen) : www.admin.ch/bap

Überwachungsorgane

Eidgenössische Bankenkommission : www.admin.ch/ebk

Bundesamt für Privatversicherungen : www.admin.ch/bpv

Eidgenössische Finanzverwaltung/Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei : www.admin.ch/efv

Nichtregierungsorganisationen

Transparency International www.transparency.org

Erklärung von Bern : www.evb.ch/db (insbesondere über die Suharto-Gelder in der Schweiz)

Quellen zum Teil 5.4.

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Asyl, Schweizerische Zeitschrift für Asylrecht und Praxis, Schweizerische Flüchtlingshilfe, Bern.

Chronologie der Flüchtlingspolitik, Schweizerische Flüchtlingshilfe, Jahrgänge 1999 und 2000.

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Internet-Adressen zum Teil 5.4.

Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft : www.admin.ch/

Bundesverwaltung : www.admin.ch/cp/d/ (Pressemitteilungen)

Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) : www.asyl.admin.ch

www.bff.admin.ch

Schweizerische Flüchtlingshilfe : www.sfh-osar.ch

UNO-Flüchtlingshochkommissariat : http://www.unhcr.ch

Le Courrier (Tageszeigung) : http://www.lecourrier.ch

Informationssite des Komitees gegen die Aushöhlung des Asylrechts : http://www.sofs.ch/asyl

Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern : http://www.anneepolitique.ch

Quellen zum Teil 5.5.

Internet-Site des Projekts Stiftung solidarische Schweiz : www.admin.ch/solidarity (auf dieser Internet-Site können namentlich die wichtigsten Pressemitteilungen abgerufen werden).

Le Temps, Le PDC veut attribuer l’or de la BNS au CICR, 15. März 2000 ; Or de la BNS :pourquoi le PDC lâche-t-il la Fondation Suisse solidaire ?, 16. März 2000.

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Anmerkungen

1 Bericht über die Legislaturplanung 1999-2003 vom 1. März 2000, in Bundesblatt Nr. 15, 18. April 2000 (00.016).

2 Der Bericht ist an der Internet-Adresse des EDA verfügbar : www.eda.admin.ch/eda/g/home/foreign.html.

3 In der Bundesverfassung vom 18. April 1999, welche seit dem 1. Januar 2000 in Kraft ist, wurden die aussenpolitischen Zielsetzungen in Artikel 54 Abs. 2 sowie in Artikel 101 neu formuliert.

4 Siehe in diesem Zusammenhang auch Kapitel 5.2. des vorliegenden Jahrbuchs (Friedenspolitik).

5 Siehe dazu Kapitel 6 „Aussenwirtschaftspolitik” im vorliegenden Jahrbuch (6.1. Überblick über die Instrumente der Aussenwirtschaftspolitik, 6.2. Bundesgesetz über die Förderung des Exports).

6 Aussenpolitischer Bericht 2000 – Präsenz und Kooperation : Interessenwahrung in einer zusammenwachsenden Welt, 15. November 2000, S. 27.

7 Erklärung von Bern, Pressemitteilung „La Suisse sauvegarde d’abord ses intérêts”, 16. November 2000.

8 Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke, Pressemitteilung „Aussenpolitischer Bericht 2000 – Jetzt müssen Taten folgen !”, 16. November 2000.

9 Bericht des Bundesrates über das Verhältnis zwischen der Schweiz und der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) vom 1. Juli 1998 (98.051).

10 Bericht über die Menschenrechtspolitik der Schweiz vom 16. Februar 2000, Bundesblatt Nr. 18 vom 9. Mai 2000.

11 Amtliches Bulletin der Bundesversammlung, Online-Version (www.parlament.ch/ab/frameset/d/index.htm). Ständerat, 8. Sitzung vom 28. September 2000, Nationalrat, 8. Sitzung vom 3. Oktober 2000.

12 Siehe dazu auch Kapitel 6.2. Bundesgesetz, über die Förderung des Exports.

13 Amnesty International, Schweizer Sektion, „Prise de position de la section suisse d’AI sur le rapport sur la politique des droits de l’homme de la Suisse”, Pressemitteilung, Bern, Juni 2000.

14 Weitere Auskünfte sind erhältlich bei : Verein Menschenrechte Schweiz MERS.

15 Weiterführende Informationen finden sich an folgender Internet-Adresse : www.snf/nfp42.

16 Detailliertere Informationen finden sich im JSDW 2000, Schweizerische Waffenexporte 1998 und Überblick über die schweizerischen Kriegsmaterialausfuhren (1989-1998), S. 225-226.

17 seco, Exportkontrollen und Sanktionen/Kriegsmaterial, Februar 2000.

18 Bericht über die Aussenwirtschaftspolitik 99/1+2 (Bericht Nr. 00.007), Bundesblatt Nr. 11,21. März 2000, S. 1369-1480.

19 CAD, Examen en matière de coopération pour le développement. Suisse, Vol. 1 no 4, OECD, Paris, 2001.

20 La Liberté, „Entre coopération et vente d’armes les contradictions s’estompent”, 25. Mai 2000.

21 Laut schwedischen Quellen umfasste die Ausschreibung Venezuelas die Lieferung von 180’000 Sturmgewehren im Gegenwert von 200 Millionen Franken (La Liberté, 25. Mai 2000).

22 Le Courrier, „Exportation d’armes, de la parole aux actes, un long chemin”, 21. Januar 2000.

23 Botschaft betreffend das Bundesgesetz über die Straffung der Bundesgesetzgebung im Bereich von Waffen, Kriegsmaterial, Sprengstoff sowie zivil und militärisch verwendbarer Güter vom 24. Mai 2000, in Bundesblatt Nr. 25 vom 27. Juni 2000 (00.044).

24 Amtliches Bulletin der Bundesversammlung, Online-Version (www.parlament.ch/ab/frameset/d/index.htm). Ständerat, 12. Sitzung vom 14. Dezember 2000.

25 Aussenpolitischer Bericht 2000 – Präsenz und Kooperation : Interessenwahrung in einer zusammenwachsenden Welt, 15. November 2000.

26 EDA, Politische Abteilung III/B, Konzept friedensfördernde Massnahmen. Legislaturperiode 2000-2003, Dezember 1999.

27 „Sicherheit durch Kooperation”, Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz (SIPOL 2000), 1. Juni 1999. Eine Präsentation des Sicherheitspolitischen Berichts findet sich im JSDW 2000, S. 226-227.

28 Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) setzt sich für die Wahrung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten, der Grundsätze der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit ein. Sie arbeitet mit anderen Organisationen zusammen, betreibt ein Frühwarnsystem für Konflikte, betätigt sich aktiv in der Krisenverhütung und -bewältigung und engagiert sich in internationalen Konflikten. Die Schweiz ist Gründungsmitglied der OSZE, der heute 55 Staaten angehören. Internet-Adresse : www.osce.org.

29 Um die Friedenszusammenarbeit in Europa zu intensivieren, hat die NATO 1994 die Partnerschaft für den Frieden (Partnership for Peace, PfP) ins Leben gerufen, an der sich auch die Schweiz beteiligt. Alle Mitgliedsländer der PfP sind im Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat (Euro-Atlantic Partnership Council, EAPC) vertreten, welcher ein sicherheitspolitisches Forum darstellt. Internet-Adresse : www.nato.int/pfp. Aufgrund ihrer Neutralität ist die Schweiz nicht Mitglied der NATO, welche ein militärisches Bündnis darstellt.

30 Projektgruppe „Frieden und Entwicklung” und Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), Projekt Frieden, Bern, Juni 2000.

31 Dem 1998 auf eine Initiative von Kanada und Norwegen ins Leben gerufenen Netzwerk gehören neben der Schweiz folgende Länder an : Chile, Griechenland, Irland, Jordanien, Kanada, Mali, Norwegen, Niederlande, Österreich, Slowenien, Südafrika und Thailand.

32 EDA, Schweiz global, Dossier „Zivile Friedensförderung”, 2/2000.

33 Zu den VSBM gehören der gegenseitige Austausch von militärischen Informationen (darunter auch Informationen über Verteidigungspläne), die frühzeitige Ankündigung und die Beobachtung von militärischen Aktivitäten, gegenseitige Besuche, Verifikationsmechanismen, Regeln für die Zusammenarbeit in Krisensituationen sowie die Errichtung eines elektronischen Informationsnetzwerks, welches den gesamten OSZE-Raum abdeckt.

34 Insbesondere muss die Schweiz überprüfen, inwiefern sich ein Beitritt auf den Bestand, die Strukturen und die Mittel ihrer Armee im Rahmen der bevorstehenden Armeereform XXI auswirken würde (vgl. Bericht des Bundesrates über die Rüstungskontroll- und Abrüstungspolitik der Schweiz 2000, S. 16).

35 Stand am 31. Januar 2001.

36 Botschaft betreffend die Änderung des Militärgesetzes vom 27. Oktober 1999, Bundesblatt Nr. 6 vom 15. Februar 2000 (Botschaft Nr. 99.084).

37 Entwurf A (Zusammenarbeit mit dem Ausland auf dem Gebiet der Ausbildung) zum Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung (MG) wurde durch beide Kammern des Parlaments angenommen (im Nationalrat mit 119 gegen 34 Stimmen, im Ständerat einstimmig (38 Stimmen). Der Entwurf B (Einsätze von Militärpersonen im Ausland) zum Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung (MG) wurde vom Nationalrat in der Frühjahrssession 2000 mit 86 gegen 49 Stimmen und zahlreichen Enthaltungen und vom Ständerat in der Sommersession mit 38 gegen 2 Stimmen angenommen. Der Ständerat schlug vor, zusätzliche Bedingungen in den Entwurf aufzunehmen (Einsätze von Schweizer Militärverbänden nur im Rahmen von Friedenserhaltungsmassnahmen der UNO oder der OSZE). Der Nationalrat billigte diesen Vorschlag. Das Ergebnis der Schlussabstimmung (Herbstsession 2000) lautete wie folgt : NR : 109-59, SR : 38-2

38 Bundesversammlung, Änderung des Militärgesetzes, Behandlung in den Räten (Verhandlungen von National- und Ständerat, Wortprotokolle). Internet-Adresse : www.parlament.ch/poly/Framesets/D/Frame-D/html.

39 Eine detaillierte Aufstellung der Argumente findet sich auf der Internet-Site der AUNS : www.auns.ch/.

40 Eine detaillierte Aufstellung der Argumente findet sich auf der Internet-Site der GSoA : www.gsoa.ch/.

41 VBS, Pressemitteilung „Bundesrat : Ermächtigung für Direktion für Sicherheitspolitik im VBS”, 11. Dezember 2000.

42 Im Jahrbuch Schweiz-Dritte Welt 2000 wurden die wichtigsten Gesetzesänderungen seit 1999 ausführlich dargestellt (S. 236-260). Siehe dazu den Beitrag von Paolo Bernasconi in der Ausgabe 2000 des Jahrbuchs (S. 55-75)

43 Die 40 Empfehlungen der FATF können auf folgender Internet-Adresse konsultiert werden : www.oecd.org/fatf/.

44 GAFI, Rapport visant à identifier les pays ou territoires non coopératifs : Améliorer l’efficacité, au plan mondial, des mesures de lutte contre le blanchiment, Paris, OCDE, Secrétariat du GAFI, 22. Juni 2000. Der Bericht ist auf folgender Internet-Adresse verfügbar : www.oecd.org/fatf.

45 „Massnahmenpaket zur Unterstützung der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei”, Pressemitteilung des Bundes. 29. November 2000.

46 Tribune de Genève, 19. Dezember 2000. Le Temps, 7 November 2000, „La lutte contre le blanchiment donne des signes de malaise chronique”.

47 MROS, Money Laundering Reporting Office Switzerland. Adresse Internet : www.admin.ch/bap.

48 Diesem Verhaltenskodex, der unter dem Namen „Wolfsberg-Principles” bekannt ist, sind insbesondere auch die UBS, die Credit Suisse Group, die Deutsche Bank, die Barclays Bank sowie die Chase Manhattan beigetreten. Der 11 Grundsätze umfassende Verhaltenskodex kann auf folgender Internet-Adresse konsultiert werden : www.wolfsberg-principles.com.

49 Botschaft zum Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Ungarn über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität, 23. August 2000 (Botschaft Nr. 00.069), S. 4927-4936

50 Botschaft des Bundesrates vom 14. Dezember 1998, Bundesblatt 1999, S. 1485 ff.

51 Botschaft des Bundesrates vom 24. November 1999, Bundesblatt 2000, S. 862 ff.

52 Die internationale Zusammenarbeit gegen die organisierte Kriminalität verstärken, Pressemitteilung, Bundesamt für Justiz, 27. November 2000. AGEFI, 11. Dezember, 13. Dezember und 18. Dezember 2000. Neue Zürcher Zeitung, 16./17. Dezember 2000

53 „Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes (Revision des Korruptionsstrafrechts sowie über den Beitritt der Schweiz zum Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr” vom 19. April 1999, Bundesblatt Nr. 31, 10.08.99, S. 5497-5554 (Botschaft Nr. 99.026). Eine detaillierte Analyse der Botschaft und der parlamentarischen Debatte findet sich im Jahrbuch 2000, S. 239-245

54 OCDE, Rapport du CIME : Application de la Convention sur la corruption dans les transactions commerciales internationales et de la recommandation révisée de 1997, OCDE, Comité de l’Investissement international et des entreprises multinationales (CIME), 21. Juni 2000.

55 CAD, Comité d’aide au développement. Examen en matière de coopération pour le développement,Suisse, dossiers du CAD 2000, Volume 1, Nr. 4, S. 52 und 53 „Cohérence et fuite de capitaux”.

56 Aussenpolitischer Bericht 2000. Präsenz und Kooperation : Interessenwahrung in einer zusammenwachsenden Welt, 15. November 2000.

57 Aussenpolitischer Bericht 2000, S. 37.

58 Bundesamt für Flüchtlinge, Asylstatistik 1999, BFF, Januar 2000.

59 Die Rückkehrfrist für diese Personengruppen wurde vom BFF zuerst bis zum 31. August 2000 und anschliessend noch einmal bis zum 31. Mai 2001 verlängert. „Kosovo – Ausreisefrist verlängert für Angehörige ethnischer Minderheiten”, Pressemitteilung, BFF, 17. August 2000.

60 BFF, „Kosovo – positive Bilanz für die Rückkehr-Phase III”, Pressemitteilung, 6. Oktober 2000 ; „Foin de cafouillage, la machine des retours forcés s’est rodée”, Le Courrier, 25. Oktober 2000.

61 „Zwangsrückkehr von Kosovaren steht vor. Schily gibt dem deutschen Asylrecht keine Zukunft”. Frankfurter Rundschau, 29. Oktober 1999 ; „Zwangsausschaffungen ab Juni 2000”, Berner Zeitung, 6. November 1999.

62 „Ausländerbeauftragte Beck gegen rasche Rückkehr von Kosovo-Albaner”, Presse Agentur, 8. März 2000 ; „Appell gegen Zwangsausschaffung”, SonntagsZeitung, 16. April 2000.

63 „Kouchner für verzögerte Rückführung nach Kosovo”, Neue Zürcher Zeitung, 2. Juni 2000.

64 „Pourquoi tant de zèle…”, Le Courrier, 24. Oktober 2000.

65 BFF, „Humanitäre Aktion 2000 – Zwischenbilanz”, Pressemitteilung, 14. Juli 2000.

66 „Humanitäre Lotterie”, Facts, 8. Juni 2000.

67 „Un geste pour les sans-papiers”, Le Courrier, 10. April 2000.

68 Holzer, T., Schneider, G. 2000. Discriminating Décentralisation : Federalism and the Handling of Asylum Applications in Switzerland 1988-1996. Journal of Conflict Resolution 44 : 250-76 ; Rapport de la Commission de gestion du Conseil national, 5. Mai 1994 zitiert in : Parini, L., Gianni, M., La politique d’asile, Genève 2000 (im Druck).

69 Bergier-Bericht ; Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus, Bern, UEK 1999 (360 S.).

70 „Réfugiés : le rapport de la discorde”, Le Temps, 4. Dezember 1999 ; „Von Applaus bis zu harscher Kritik”, Der Bund, 11. Dezeber 1999.

71 „Das Resultat der Verdrängung”, Der Bund, 11. Dezember 1999 ; „Willkommen in der Gegenwart”, Die Weltwoche, 9. Dezember 1999 ; „Fehler eingestehen und sie nicht wiederholen”, Neue Mittelland Zeitung, 11. Dezember 1999.

72 „Le rapport Bergier promet de faire plus de vagues en Suisse qu’à l’étranger”, Le Temps, 4. Dezember 1999 ; „Un nouveau rapport stigmatise la Suisse pour le refoulement des réfugiés juifs”, Le Monde, 11. Dezember 1999.

73 „Die Schweiz und die Flüchtlinge. Keine grundlegende Neubewertung durch die Bergier-Kommission”, Neue Zürcher Zeitung, 11. Dezember 1999.

74 „Den Bericht gerügt – und doch Lehren gezogen”, Tages-Anzeiger, 11. Dezember 1999 ; „Das darf nie mehr passieren”, Blick, 11. Dezember 1999.

75 „Un pays plus ouvert que ses autorités. De 1940 à 1945 la population du Jura a su accueillir les civils et les militaires arrivant aux frontières”, La Liberté, 4. November 1999.

76 „La politique vaudoise envers les réfugiés victimes du nazisme 1933-1945”, Lausanne, 2000 ; Internet-Adresse : http://www.vd.ch.

77 „Réfugiés refoulés : quels sont les vrais chiffres ?”, Le Temps, 10. Oktober 2000.

78 „Berne fait un geste en faveur de la prévention du racisme. Le Conseil fédéral se déclare prêt à soutenir des projets de sensibilisation à hauteur de 10 millions. Une mesure suffisante ?”, „Cours d’histoire à l’ODR”, Le Courrier, 28. Juli 2000 ; „Le Conseil fédéral veut se battre contre l’extrême droite”, Le Courrier, 24. August 2000.

79 „Le racisme alpin frappe la Suisse et l’Autriche”, Le Temps, 9. Oktober 1999.

80 Eckmann, M., Salberg, A.-C, Bolzman, G, Grünberg, K. 2000. Violence raciste en Suisse Romande : de l’expérience des victimes à l’action contre le racisme, Tangram, 9, 55-59.

81 Efionay-Mäder, D. 1999. Sozialhilfe für Asylsuchende im europäischen Vergleich. Neuenburg : Forum suisse pour l’étude des migrations.

82 Dabei ist interessant zu beobachten, wie in der Presse unterschiedliche Aspekte hervorgehoben wurden : Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über diese Studie wurden in einigen Presseorganen die Schlussfolgerungen der Autorin wiedergegeben, während in anderen ein teilweise anderes Bild vermittelt wurde. „Asylfürsorge : Kein Ausnahmefall Schweiz”, Neue Zürcher Zeitung, 26. November 1999 ; „La Suisse se place parmi les pays européens les plus généreux avec les réfugiés”, Le Temps, 4. Dezember 1999.

83 „Zuckerbrot und Peitsche für Asylsuchende”, Berner Zeitung, 10. März 2000 ; „Humanitäre Ökonomie ?”, Neue Zürcher Zeitung, 10. März 2000 ; „Depuis le premier mars, les réfugiés au bénéfice de l’assistance publique doivent vivre avec moins de 15 francs par jour.”, La Liberté, 18. März 2000.

84 Der Schlussbericht der Arbeitsgruppe „Finanzierung Asylwesen” (Bericht Gerber – Fuhrer) kann auf der Website des BFF konsultiert werden. „Des discriminations positives pour rendre l’asile moins couru et moins cher”, Le Temps, 10. März 2000 ; „Punissons les mauvais requérants ! Du coup, récompensons les bons !”, La Liberté, 10. März 2000.

85 „Immer weiter straffen”, Der Bund, 7. Juni 2000.

86 Im September 2000 lehnte der Nationalrat einen im März vom Ständerat verabschiedeten Vorschlag ab, wonach straffällig gewordene Ausländer sowie solche, die sich der Ausschaffung widersetzt haben, interniert werden sollen. Die grosse Kammer vertrat die Ansicht, eine solche Massnahme sei mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskommission nicht vereinbar. „Le Conseil national refuse d’interner les étrangers délinquants ou récalcitrants”, Le Temps, 28. September 2000.

87 „Des fausses économies sur fond de mesures discriminatoires”, Le Courrier, 3. Juni 2000.

88 L’asile en Suisse. Info ou intox ?, Comité Asile.ch, Genf, Mai 2000.

89 Grenzgänger, Beamte internationaler Organisationen sowie Asylsuchende sind in dieser Zahl nicht berücksichtigt.

90 OCDE, Tendances des migrations internationales, Paris, 1999.

91 Ein Beispiel für diese traurige Tatsache ist die Tragödie, die sich im vergangenen Juni in Dover ereignet hat. Damals fanden 58 illegale Einwanderer aus China den Tod.

92 „Le phénomène des clandestins prend de plus en plus d’ampleur à Lausanne”, Le Courrier, 1. Mai 2000.

93 Mahnig, H. „Trente années d’initiatives xénophobes”, Carrefour, 15. Juni 2000. Mitte November 2000 reichte die SVP bei der Bundeskanzlei ihre Initiative „Gegen Asylrechtsmissbrauch” ein. Diese will die Attraktivität der Schweiz für Asylsuchende verringern. Unter anderem sieht die Initiative vor, dass die Behörden auf Asylgesuche von Personen, die aus einem als sicher eingestuften Land in die Schweiz einreisen, künftig nicht mehr eintreten sollen.

94 Piguet, E., „Quelques informations en rapport avec l’Initiative des 18%”, Neuchâtel : Forum suisse pour l’étude des migrations, 2000.

95 „Les Suisses refusent une nouvelle fois de limiter l’immigration des étrangers”, Le Courrier 25. September 2000 ; „Klar gegen eine Ausländerquote”, Tages-Anzeiger, 25. September 2000 ; „Metzler reagiert betont sachlich”, Tages-Anzeiger, 25. September 2000.

96 Arlettaz, G., Arlettaz, S. 2000. La politique suisse d’immigration et de refuge : héritage de guerre et gestion de paix. In Guerres et paix. Mélanges offerts à J.-Cl. Favez. Genève : Georg.

97 „Pour surveiller sa frontiere, Berne s’inspire de Bruxelles”, Le Courrier, 19. August 2000.

98 EJPD, „Visumbefreiung für Personen mit Schengenvisum oder Aufenthaltstitel”, Pressemitteilung, 6. Juli 2000.

99 Im Begleitbericht zum Gesetzesentwurf wird festgehalten, dass sich „der Begriff Ausländerinnen und Ausländer im Gesetzesentwurf als auch im vorliegenden Begleitbericht […] weitgehend nur auf Personen aus Staaten ausserhalb der EU [bezieht]”. (Begleitbericht zum Entwurf für ein Bundesgesetz für Ausländerinnen und Ausländer. Bern, Juni 2000, S. 8).

100 Diese Daten stammen aus dem Zentralen Ausländerregister (BFA).

101 „L’immigration sera plus dure pour les non-Européens”, Tribune de Genève, 6. Juli 2000.

102 „La Suisse commence-t-elle à Abidjan ?” Planète exil, 11. Oktober 2000 ; „Risques de nouvelles restrictions pour les requérants” Planète exil, 11. Oktober 2000.

103 Auch in der deutschen Schweiz sind gewisse Vorstösse in diese Richtung zu vermelden. Die kleine Gemeinde Wald im Kanton Appenzell-Ausserrhoden beispielsweise hat das aktive und passive Wahlrecht für ausländische Personen eingeführt, die seit mehr als 10 Jahren in der Schweiz leben.

104 „Die Integration der Migrantinnen und Migranten in der Schweiz”, Bern, Oktober 1999, S. 12.

105 „Die Integration der Migrantinnen und Migranten in der Schweiz”, Bern, Oktober 1999, S. 27.

106 „Die Integration der Migrantinnen und Migranten in der Schweiz”, Bern, Oktober 1999, S. 5.

107 „Die Integration der Migrantinnen und Migranten in der Schweiz”. Bern, Oktober 1999, S. 13.

108 „Après neuf mois de crise, les mutins pourraient réintégrer la CFE”, Le Temps, 1. September 2000 ; „Intégration : Ruth Metzler tient ses promesses”,Le Temps, 14. September 2000.

109 In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Aktion zu Gunsten der Integration anerkannter Flüchtlinge und schutzbedürftiger Personen, welche über ein Budget von 6 Millionen Franken verfügt, eine andere gesetzliche Grundlage besitzt, nämlich den Art. 91 des neuen Asylgesetzes, welches am 1. Oktober 1999 in Kraft getreten ist. Diese Aktion fällt in das Ressort der Eidgenössischen Kommission für Flüchtlingsfragen (EKF). Die SFH ist mit der Koordinierung der Integrationsmassnahmen beauftragt worden. BFF, „Partnerschaft bei der Integration anerkannter Flüchtlinge”, Pressemitteilung, 25. Mai 2000.

110 „La copie est à revoir”, Carrefour, 8. September 2000.

111 „Ein Feind findet sich immer. Erst die Deutschen, dann die Italiener, heute die Menschen aus dem Balkan. Und morgen ?”, SonntagsZeitung, 26. März 2000. Die diskriminierende Behandlung bestimmter Ausländergruppen im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens beschränkt sich nicht auf einen Einzelfall. Im Anschluss an einen Rekurs von sechs Personen aus der Türkei beispielsweise hob das Verwaltungsgericht des Kantons Baselland eine Entscheidung der Bürgergemeine Pratteln auf, welche diesen sechs Personen die Einbürgerung verweigert hatte, während aus Italien und Spanien stammende Personen den Schweizerpass zugesprochen erhielten. „Naturalisations refusées : la justice bâloise s’en mêle”, Le Courrier, 30. März 2000.

112 „Le racisme n’épargne pas la Suisse. Conseil de l’Europe : un rapport épingle des comportements jugés préoccupants”, 24 Heures, 21. März 2000.

113 „Le Conseil fédéral est concerné et très déçu par le vote de Emmen”, Le Temps, 21. März 2000.

114 „Demokratie, aber nicht Grundrechte”, Neue Zürcher Zeitung, 21. März 2000.

115 Der Rechtsprofessor Andreas Auer vertritt die Ansicht, in der neuen Verfassung sei der Schutz gegen die Willkür als eigenständiges Grundrecht verankert, und macht damit einen ersten Schritt hin zur Anerkennung eines eigentlichen Rechts auf nichtdiskriminierende Entscheidungen. Eine rechtlich bindende Entscheidung des Bundesgerichtes in dieser Sache steht noch aus. „Andreas Auer : Le vote d’Emmen est anticonstitutionnel”. Le Temps, 10. April 2000. „Naturalisation : le TF muet sur les soupçons d’arbitraire”, Le Courrier, 15. April 2000.

116 Botschaft betreffend die Verwendung von Goldreserven und ein Bundesgesetz über die Stiftung solidarische Schweiz vom 17. Mai 2000, Bundesblatt Nr. 29, 25. Juli 2000, S. 3979-4022 (Botschaft Nr. 00.042).

117 Eidgenössische Volksinitiative „Überschüssige Goldreserven in den AHV-Fonds (Goldinitiative)”.

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Abbildungsverzeichnis

Titel Das System der Vereinten Nationen und die Mitwirkung der Schweiz
Beschriftung Keine Beteiligung der SchweizBeteiligung der Schweiz
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Titel Tabelle 10 : Listen der bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Steuerflucht nicht kooperativen Ländern.
Abbildungsnachweis Quelle : OECD, G7 (Forum pour la stabilité financière)
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Titel Graphik : Entwicklung der Asylgesuche (1990-1999)
Abbildungsnachweis Quelle : Bundesamt für Flüchtlinge, Asylstatistik 1999, BFF, Januar 2000.
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Titel Tabelle 11 : In der Schweiz eingereichte Asylgesuche 1990-1999 nach Herkunftsland
Beschriftung Bundesamt für Flüchtlinge, Asylstatistik 1999, BFF, Januar 2000 ; die vorliegende Tabelle sammelt die Daten dieser jährlich erscheinenden Publikation des BFF, in der die wichtigsten Herkunftsländer der Asylsuchenden ausdrücklich erwähnt werden. So erscheinen in der Statistik Länder, die zuvor nicht erfasst worden waren (in diesem Jahr Guinea-Bissau und die Mongolei) ; analog dazu verzichtet das BFF auf die Nennung gewisser Länder, sofern der Zustrom von Asylbewerbern aus diesen Ländern versiegt (Bulgarien, Chile, Ghana, Libaon, Tschechoslowakei). In der vorliegenden Tabelle sind alle in der Veröffentlichung des BFF genannten. Länder aufgeführt, um die Veränderungen bei der Herkunft des Asylsuchenden zu veranschaulichen.
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Titel Tabelle 12 : Personen im Asylbereich (Stand Ende Dezember 1999)
Beschriftung Bundesamt für Flüchtlinge, Asylstatistik 1999, BFF, Januar 2000. Die Daten bezüglich der anerkannten Flüchtlinge sind per 30. November 1999 zu verstehen.
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Zitierempfehlung

Papierversionen:

Rosita Fibbi und Catherine Schümperli Younossian, „5. Innenpolitik/Aussenpolitik“Schweizerisches Jahrbuch für Entwicklungspolitik, 20 | 2001, 263-325.

Online-Version

Rosita Fibbi und Catherine Schümperli Younossian, „5. Innenpolitik/Aussenpolitik“Schweizerisches Jahrbuch für Entwicklungspolitik [Online], 20 | 2001, Online erschienen am: 03 September 2012, abgerufen am 21 März 2025. URL: http://0-journals-openedition-org.catalogue.libraries.london.ac.uk/sjep/860; DOI: https://0-doi-org.catalogue.libraries.london.ac.uk/10.4000/sjep.860

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