1Entwicklungsländer finanzieren zu neun Zehnteln die in ihren Ländern getätigten Investitionen aus eigenen Quellen. Dennoch hängen die Entwicklungsländer vom Zustrom von Kapital aus dem Ausland ab. Aber wie in den Vorjahren sank auch im Jahr 2002 der Kapitalzustrom in Entwicklungsländer erneut, und zwar sowohl private wie öffentliche Flüsse. Die Bedeutung der Kreditfinanzierung nimmt weiterhin ab. Überweisungen von Migrantinnen und Migranten sind zur zweitwichtigsten Finanzquelle geworden.
- 1 The World Bank (WB), Global Development Finance. Striving for Stability in Development Finance, Vol (...)
2Die langfristigen Kapitalflüsse in Entwicklungs- und Transitionsländer sanken gegenüber dem Vorjahr erneut und erreichten gemäss den Angaben der Weltbank in ihrem Standardwerk Global Development Finance (GDF)1 im Jahr 2002 noch 192 Milliarden Dollar (vgl. Tabelle 28). Das entspricht 3,2 Prozent des nominellen BSP der Entwicklungsländer.
- 2 Vgl. dazu vor allem : IMF, World Economic Outlook, Growth and Institutions, April 2003 http://www.i (...)
- 3 IIF, Capital Flows to Emerging Markets Economies, div. Ausgaben http://www.iif.com.
3Neben der Weltbank weisen auch der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Daten über gleichgerichtete Kapitalflüsse aus2. Zahlen über die Finanzflüsse in die aufstrebenden Märkte publiziert das Institute of International Finance (IIF), der Think Tank der privaten internationalen Banken3.
4Zum rückläufigen Kapitalfluss trugen vor allem die privaten, aber auch die öffentlichen Kapitalgeber bei. Allerdings stiegen seit längerem die öffentlichen konzessionellen Mittel erstmals wieder an. Ersten Schätzungen von IWF und Weltbank zufolge könnte allerdings der rückläufige Trend bei den privaten Mitteln im Jahr 2003 gebremst und im Jahr 2004 gar leicht umgekehrt werden.
5Die Ursachen lagen einerseits im schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld. Zwar wurde der Aufschwung mehrfach vorausgesagt. Doch die Wachstumsprognosen mussten immer wieder reduziert werden und fielen auch regional sehr unterschiedlich aus.
6Anderseits hatten die Entwicklungsländer beträchtliche Schwierigkeiten, mit dem längerfristigen strukturellen Wandel bei den Finanzströmen zurechtzukommen. Im Verlauf der letzten Jahre hat sich die Zusammensetzung der Finanzströme weg von der Kreditfinanzierung (Bankkredite, Bonds) hin zur Finanzierung von Eigenkapital verstärkt. Der Abfluss von Fremdkapital aus den Entwicklungsländern hält an.
Tabelle 28 : Langfristige Kapitalflüsse in Entwicklungsländer, 1997-2003 (in Mrd. $, zu laufenden Preisen)
a Schätzung, provisorisch.
b Voraussage.
Quelle : WB, Global Development Finance 2003, Vol. 1, Tabelle 1.1 und A.22 aaO., sowie IMF/WB, Development Committee, Recent trends, aaO.
7Gemäss Weltbank belaufen sich die privaten Kapitalflüsse in Entwicklungsländer im Jahr 2002 noch auf 143 Milliarden Dollar. Für das Jahr 2003 wird hingegen eine leichte Steigerung projektiert. Die verschiedenen Formen der privaten Flüsse haben unterschiedlich zu diesem Ergebnis beigetragen.
8Der mittelfristige Trend weg von der Kreditfinanzierung (Bankkredite, Bonds) hin zur Eigenkapitalfinanzierung (direkte Auslandsinvestitionen, Portfolioinvestitionen) ist jedoch bestätigt und erklärt sich primär durch verstärkte Risikoüberlegungen der Investoren. Am ausgeprägtesten ist der Rückgang bei den Bankkrediten. Banken gewährten weniger neue Kredite, als sie Rückzahlungen erhielten. Der Nettorückfluss aus den Entwicklungsländern stieg im Jahr 2002 auf 16 Milliarden Dollar. Bankausleihen blieben auch im ersten Halbjahr 2003 schwach.
9Die privaten Banken ziehen es vor, statt selber Kredite zu gewähren, ihre Diens te den Gläubigern und Schuldnern bei der Abwicklung von Obligationenanleihen (Bonds) anzubieten. Doch auch private Anleihensgeber scheuten angesichts der letzten Finanzkrisen zunehmend das Anlagerisiko. Sie bevorzugten kreditwürdige Obligationenanleihen, was die hohen Kursschwankungen bei den Obligationen teilweise erklärt. Im Jahr 2002 konnten etliche Entwicklungsländer leichter Bonds begeben. Diese Tendenz setzte sich im ersten Halbjahr 2003 fort. Davon profitierten vor allem Lateinamerika und Osteuropa, während asiatische Länder weniger Obligationenanleihen auflegten. Insbesondere Brasilien konnte nach mehr als einem Jahr Abwesenheit wieder neue Mittel aufnehmen. Geringe Kreditwürdigkeit wird jedoch mit hohen Zinsaufschlägen bestraft.
- 4 Vgl. unten, Punkt 7.2. Internationale Investitionen.
10Aber auch die direkten Auslandsinvestitionen waren im Jahr 2002 mit 143 Milliarden Dollar geringer als im Vorjahr (172 Mrd.). Erste Zahlen für das Jahr 2003 weisen auf eine weiterhin schwache Entwicklung. Das ist einerseits auf die Schwäche der internationalen Aktienmärkte sowie auf eine abnehmende Zahl von Privatisierungen und Fusionen zurückzuführen. Der Rückgang konzentrierte sich hauptsächlich auf Lateinamerika, während China, Indien und Osteuropa grössere Zuflüsse verzeichnen konnten4.
11Portfolioinvestitionen stiegen hingegen von 6 auf 9 Milliarden Dollar an, mit weiterhin steigender Tendenz für das Jahr 2003, bleiben aber deutlich hinter den hohen Zahlen der frühen 90er Jahre zurück. Der Löwenanteil der Portfolioinvestitionen entfiel auf Ostasien, während der Zustrom nach Lateinamerika rückläufig war.
- 5 WB, GDF, aaO., Tabelle 6.1, S. 126.
12Auch die öffentliche Entwicklungsfinanzierung blieb im Jahr 2002 mit 34,5 Milliarden Dollar insgesamt geringer als im Vorjahr (49 Mrd.). Das ist ausschliesslich auf die deutliche Verminderung von nicht-konzessionellen Krediten multilateraler Institutionen sowie auf hohe Rückzahlung nicht-konzessioneller Kredite an bilaterale Geber zurückzuführen5. Hingegen waren konzessionelle Kredite sowohl multilateraler wie bilateraler Geber und vor allem die öffentliche Entwicklungshilfe in Geschenkform erstmals seit längerem wieder leicht angestiegen. Die Weltbank führt dies auf die Versprechen an der Monterrey-Konferenz von 2002 über die Finanzierung der Entwicklung (FfD) zurück. Die Weltbank wies allerdings darauf hin, dass nicht die gesamte Entwicklungshilfe in die Entwicklungsländer fliesst. Löhne für Experten und Konsulenten sowie die eingerechneten administrativen Kosten verbleiben in den Industrieländern.
- 6 OECD, DAC Countries Begin Recovery in Development Aid : 5 % Increase in 2002, Pressemitteilung vom (...)
13Höhere öffentliche Entwicklungshilfe wird auch durch die OECD bestätigt. Die DAC-Länder leisteten im Jahr 2002 insgesamt 57 Milliarden Dollar an öffentlicher Entwicklungshilfe, 4,9 Prozent mehr als im Vorjahr6. Das entspricht einem Anteil von 0,22 Prozent des BSP (Vorjahr : 0,22 %).
Jahrbuch 2004, Nr. 1, Kap. 2.1., „Volumen der öffentlichen Entwicklungshilfe der DAC-Länder und der Schweiz“, S. 14-19.
14Zwölf der 22 DAC-Mitgliedsländer steigerten ihre Hilfe, darunter auch die USA, die aber mit 0,12 Prozent ihres BSP auf einem nach wie vor tiefen Niveau verbleiben. Zahlreiche Länder haben versprochen, in den nächsten Jahren ihre Hilfe zum Teil deutlich zu steigern. Für die Schweiz weist die OECD zwar in absoluten Zahlen eine geringe Steigerung um 25 Millionen Dollar auf 933 Millionen Dollar aus. Doch der relative Anteil am BSP sank von 0,34 auf 0,32 Prozent, was die OECD (gleich wie bei Grossbritannien) auf die verzögerte Kapitalaufstockung bei der Weltbank-Tochter IDA zurückführt.
- 7 WB, GDF 2003 aaO. Kapitel 7, S. 157ff., wo auch weitere bibliographische Hinweise zu finden sind, u (...)
15Die Weltbank bezeichnet die Überweisungen der Migrantinnen und Migranten an ihre Ursprungsländer mittlerweile als die zweitwichtigste Quelle externer Finanzierung hinter den direkten Auslandsinvestitionen7. Sie erreichten im Jahre 2002 mittlerweile 80 Milliarden Dollar. Sie stiegen in den letzten Jahren kontinuierlich an und weisen trotz Konjunkturschwankungen in den Gastländern eine bemerkenswerte Konstanz auf. Grösste Empfängerländer sind Indien und Mexiko (je 10 Mrd. $), gefolgt von den Philippinen (6 Mrd. $) und Marokko (3 Mrd. $). In Tonga trugen die Überweisungen der Migranten 37 Prozent zum BSP bei, in Lesotho 26,5 Prozent und in Jordanien 22,8 Prozent. Für die meisten Länder bleibt dieser Anteil jedoch deutlich tiefer. Im Durchschnitt tragen die Fremdarbeiterrimessen 1,3 Prozent zum BSP aller Entwicklungsländer bei. In den ärmsten Ländern beträgt der Anteil im Durchschnitt 1,9 Prozent.
16Aus den USA flossen insgesamt 28 Milliarden Dollar an Fremdarbeiterrimessen. Obschon es schwierig sei, diese auf die einzelnen Länder aufzugliedern, veranschlagt die Weltbank den Anteil der Entwicklungsländer auf 18 Milliarden Dollar für das Jahr 2001. Nächstgrösseres Ursprungsland ist Saudiarabien (15 Mrd.). Dahinter folgen gemäss Weltbank Deutschland, Belgien und die Schweiz mit je 8 Milliarden Dollar. Wie viel von der Schweiz aus an Entwicklungs- und Transitionsländer fliesst, weist die Weltbank nicht aus.
- 8 Baker, Dean and Morrissey, Monique, When Rivers Flow Upstream : International Capital Movements in (...)
- 9 UNCTAD, Trade and Development Report, 2003. Capital Accumulation, Growth and Structural Change. UN, (...)
17Weil viele Entwicklungsländer ihre Währungsreserven stark aufgestockt haben, exportiere der Süden, kombiniert mit den Schuldenrückzahlungen, netto Kapital in den Norden, schreibt die Weltbank in der Einleitung des neuen GDF in knappen Worten, führt aber die im Vorjahresbericht begonnene Diskussion über nicht erfasste Kapitalabflüsse nicht weiter. Dafür zeigt eine private Studie, dass auf Grund der Zahlungsbilanzstatistiken der Entwicklungsländer insgesamt mehr Geld vom Süden in den Norden als umgekehrt fliesst. Das sei erstaunlicherweise vor allem auch in Ländern mit starkem Wachstum so, beispielsweise in China, Südkorea und Taiwan8. Auch gemäss der UNCTAD schlägt sich der gesamte Netto-Finanztransfer (Kapitaltransfer einschliesslich Schulden- und Zinsendienst sowie Gewinnrückführungen) mit –192,5 Milliarden Dollar negativ zu Buch9.
- 10 HM Treasury/Department for International Development (UK), International Finance Facility, London, (...)
18Der britische Schatzkanzler Gordon Brown schlug im November 2002 vor, eine neue „Internationale Finanzfazilität“ (IFF) zu schaffen. Dazu sollten sich Geberländer zu jährlichen Zahlungen verpflichten. Dank dieser Sicherheiten könnte die Fazilität auf den internationalen Kapitalmärkten Anleihen zu günstigen Zinssätzen beschaffen. Diese Kapitalien sollten dann den Entwicklungsländern über die bestehenden bilateralen und multilateralen Kanäle zu tieferen Zinsen zur Verfügung gestellt werden, als die Entwicklungsländer bezahlen müssten, wenn sie selber auf den Kapitalmärkten aktiv wären. Auf diese Weise könnten bis ins Jahr 2015 zunehmend grössere Summen aufgenommen werden. Von 2015 bis 2030 müssten diese Anleihensschulden dann wieder beglichen werden10.
19Die internationale Reaktion blieb allerdings bislang verhalten. Auf die Frühjahrstagung 2004 hin sollen die Bretton-Woods-Institute lediglich prüfen, ob eine IIF als Alternative zu den bisherigen Finanzierungsmechanismen dienen könnte. Auch die Schweiz reagierte gemäss mündlichen Aussagen des Eidgenössischen Finanzdepartementes abschlägig. Das Konzept sei faktisch eine Verpfändung künftiger Entwicklungsleistungen. Einer Zunahme des Finanzflusses an die ärmsten Länder bis 2015 stünde eine entsprechende Abnahme nach 2015 gegenüber. Die Schweiz ziehe es vor, zusätzliche Anstrengungen über die bestehenden multilateralen Strukturen zu leisten.
20Der Zustrom der direkten Auslandsinvestitionen schwächte sich weiter ab. Davon waren auch die Entwicklungsländer betroffen. Der Anteil der Auslandsinvestitionen in den ärmsten Ländern bleibt weiterhin gering. Auch die Schweizer Direktinvestitionen im Ausland waren stark rückläufig.
- 11 UNCTAD, World Investment Report 2003. FDI Policies for Development : National and International Per (...)
21Das Expansionstempo der direkten Auslandsinvestitionen (Foreign Direct Investments, FDI) hat sich nach einem annähernd zwei Jahrzehnte dauernden Boom deutlich abgeschwächt. Zum zweiten Mal in der Folge blieb auch im Jahr 2002 der weltweite Zustrom von FDI mit 651 Milliarden Dollar unter den Vorjahreszahlen. Der Gesamtbestand der FDI beträgt mittlerweile weltweit 7123 Milliarden Dollar. Der Zustrom von FDI in alle Entwicklungsländer sank von 209 Milliarden (2001) auf 162 Milliarden Dollar. Per Ende 2002 weist die UNCTAD den Bestand der FDI in den Entwicklungsländern mit 2340 Milliarden Dollar aus11 (Tabelle 29). Den Zufluss an FDI konnten unter den Entwicklungs- und Transitionsländern bloss einige Länder in Osteuropa und im Fernen Osten steigern.
22Die UNCTAD begründet den rückläufigen FDI-Strom mit den bescheidenen konjunkturellen Aussichten sowie mit den verlangsamten Privatisierungen in vielen Entwicklungsländern. Die Zahl der Fusionen und Übernahmen sank beträchtlich.
Tabelle 29 : Ausländische Direktinvestitionen (FDI) , nach Ländern und Regionen, in Mrd. Dollar, Zufliessende FDI (1998-2002) und Bestand (1995, 2002)
Quelle :Unctad, World Investment Report 2003, Tabelle B.1/B.3
23600 der 650 Milliarden Dollar an investierten FDI stammten aus den Industriestaaten. Dazu trugen schweizerische Investoren mit 11,8 Milliarden Dollar bei (Vorjahr : 17,3 Mrd. $; 2000: 44,7 Mrd. $). Aus Entwicklungs- und Transitionsländern stammten lediglich knapp 50 Milliarden Dollar an FDI (Lateinamerika : 5,8 Mrd. $; Asien 37 Mrd. $; Osteuropa 4 Mrd. $; Afrika 0,17 Mrd. $).
24Grösster Empfänger unter den Entwicklungsländern war China, dem im Jahr 2002 mit 50,7 Milliarden Dollar als einem der wenigen Länder mehr FDI zugeflossen sind als im Vorjahr (46,8 Mrd. $). Mittlerweile hat China mit 448 Milliarden Dollar an FDI schon fast gleich viel FDI wie Deutschland und England. Zählt man noch die 433 Milliarden Dollar von Hongkong dazu, so liegt China hinter den USA gar an zweiter Stelle.
25Brasilien sind 16,6 Milliarden Dollar zugeflossen, Hongkong 13,7 Milliarden, Mexiko 13,6 Milliarden, Tschechien 9,3 Milliarden und Singapur 7,7 Milliarden Dollar. Zum Vergleich : alle ärmsten Länder (LDC) haben zusammen lediglich 5,2 Milliarden Dollar erhalten. 90 Prozent der FDI in Entwicklungsländern konzentrieren sich nach wie vor auf nur zehn Länder.
26FDI waren rückläufig, obschon nationale gesetzliche Bestimmungen für die Kapitaleinfuhr weiter gelockert wurden. 70 Länder beschlossen im Jahr 2002 insgesamt 236 Massnahmen zum Abbau von Hindernissen. Weiter schlossen 76 Länder insgesamt 82 neue bilaterale Investitionsabkommen ab. Ende 2002 standen 2181 bilaterale Investitionsabkommen in Kraft. Damit sind 22 Prozent aller FDI in Entwicklungsländern durch bilaterale Investitionsabkommen abgedeckt. 64 Staaten schlossen zudem 68 neue Doppelbesteuerungsabkommen ab, deren Bestand mittlerweile auf 2256 angewachsen ist. Damit sind 57 Prozent aller in Entwicklungsländern getätigten FDI abgedeckt.
27Der Welt-Investitionsbericht 2003 betont, dass es für die Entwicklungsländer darauf ankomme, ein Gleichgewicht zu finden zwischen dem Erhalten eines eigenen Spielraumes bei der Ausarbeitung einer eigenständigen Investitionspolitik und der nötigen Flexibilität, um einen optimalen Nutzen aus Verträgen zu ziehen.
28Die Schweizerische Nationalbank weist die Direktinvestitionen im Ausland im Jahr 2002 noch mit 16 Milliarden Franken aus, halb soviel wie im Vorjahr. Gegenüber dem Jahr 2000, dem bisherigen Höhepunkt, beträgt der Rückgang gar 80 Prozent. Davon waren die Schwellen- und Entwicklungsländer bedeutend stärker betroffen als die Industrieländer (Tabelle 30)12.
29Auch die Direktinvestitionen des Auslands in der Schweiz verminderten sich stark, von insgesamt 32,5 Milliarden Franken im Jahr 2000 (Höchststand) auf nur noch 4,5 Milliarden im Jahr 2002.
30Mehr als im Vorjahr wurde von der Schweizer Wirtschaft nur in einigen Ländern Osteuropas und in Asien investiert. Insbesondere in Singapur stiegen die FDI der Schweiz um über eine Milliarde Franken. In China hingegen desinvestierte die Schweizer Wirtschaft um 28 Millionen Franken. Der Bestand der Schweizer FDI in China bleibt mit 2,1 Milliarden Franken dennoch hoch. Die SNB machte keine Angaben über die Gründe der massiven Desinvestitionen in Mittel- und Südamerika und (weniger krass) in Afrika. Die Ursachen können in tieferen Neukrediten oder in Rückzügen früherer Kredite an Tochtergesellschaften liegen. Auch geringere Reinvestitionen respektive Repatriierung erzielter Gewinne sowie geringere Neuinvestitionen liegen den Desinvestitionen zugrunde.
Tabelle 30 : Schweizerische Direktinvestitionen im Ausland, 2000-2002 (in Mio. Fr.)
a = provisorisch.
Quelle : SNB, Zahlungsbilanz der Schweiz 2002, Zürich, August 2003 http://www.snb.ch/d/publikationen.
31Die Schulden der Entwicklungsländer stiegen im Jahr 2002 leicht an. Die HIPC-Initiative kommt langsamer voran, als geplant. Die Diskussionen über das Problem der Nachhaltigkeit der Schulden hat sich intensiviert.
32Die gesamten Schulden der Entwicklungs- und Transitionsländer stiegen im Jahr 2002 gemäss Weltbank leicht an auf nunmehr 2384 Milliarden Dollar (Tabelle 31). Einzig die privaten, nicht öffentlich garantierten Schulden sowie die kurzfristigen Schulden waren geringer als im Vorjahr.
Tabelle 31 : Die Gesamtverschuldung der Entwicklungs- und Transitionsländer (Mrd. $)
Quelle : WB, Global Development Finance 2003, Vol II, Washington, 2003 http://www.worldbank.org/prospects/gdf2003/.
33Die Schuldenindikatoren (das Verhältnis von Schulden zu den Exporten von Gütern und Dienstleistungen sowie das Verhältnis vom Schuldendienst zu den Exporten) hat sich im Jahr 2002 gegenüber dem Vorjahr fast durchwegs leicht verbessert (Tabelle 32). Einzig für Südamerika sind die Schulden, gemessen an den Exporten, leicht angestiegen. Insgesamt bleiben aber die Schulden, anteilmässig am BSP, mit 39 Prozent unverändert hoch. Insbesondere für Südamerika ist diese Verhältniszahl gegenüber dem Vorjahr von 41,5 auf 48,2 Prozent angestiegen. Eine leichte Steigerung dieses Verhältnis erfuhren auch die Länder des Mittleren Ostens und Nordafrikas, während für alle anderen Regionen diese Verhältniszahl leicht sank.
Tabelle 32 : Schuldenindikatoren, 1990, 2000-2002
a D/EX = Verhältnis Schulden/Exporte von Gütern und Dienstleistungen.
b DS/EX = Verhältnis Schuldendienst/Exporte von Gütern und Dienstleistungen.
Quelle : WB, GDF 2003, aaO. Vol. II.
- 13 IMF/WB, Heavily Indebted Poor Countries (HIPC) Initiative. Status of Implementation. Prepared by th (...)
34Bis September 2003 erreichten 27 der ursprünglich 38 als entschuldungswürdig klassierten Länder den Entscheidungspunkt (DecisionPoint). Neu hinzugekommen ist die Demokratische Republik Kongo. Acht Länder haben den Vollen dungspunkt (Completion Point) erreicht (neu : Mali und Benin)13. Mit der von IWF und Weltbank initiierten internationalen Entschuldungsinitiative sollen den ärmsten und hochverschuldeten Ländern ein Teil der Schulden gegenüber allen Gläubigern erlassen werden, damit ihre Schuldenlast ein tragbares Ausmass nicht mehr übersteigt. Dafür verpflichten sich die begünstigten Länder zu einer ausgeglichenen makroökonomischen Politik.
Jahrbuch 2003, Nr. 1, S. 114ff, 2002, S. 137ff., 2001, S. 170ff., 2000, S. 131ff.
- 14 IMF, Executive Director for Switzerland (and others), Activity Report 2003,Washington, September 20 (...)
35IWF und Weltbank anerkennen, dass der Prozess, um den Completion Point zu erreichen, mehr Zeit benötigt, als ursprünglich vorausgesagt. Für IWF und Weltbank liegen die Gründe darin, dass die betroffenen Länder sich schwer tun, die notwendigen makroökonomischen Stabilitätsprogramme einzuhalten. Auch das Ausarbeiten der Armutsstrategien (PRSP) sei zeitintensiver. Äthiopien, Guyana, Nicaragua, Niger, Ruanda und Senegal werden die nächsten Länder sein, welche den Completion Point erreichen. Grösstes Hindernis für die noch nicht qualifizierten Länder sind interne Konflikte und Zahlungsrückstände gegenüber den multilateralen Institutionen. Die Schweiz plädierte dafür, dass die Anstrengungen für das raschere Umsetzen der HIPC-Initiative nicht zulasten der Qualität des Programms gehen dürfe14.
36Für die Länder, die den Decision Point erreichten, soll per 2002 der Schuldenbestand (in Netto-Gegenwartswerten) um zwei Drittel von 77 Milliarden auf 32 Milliarden Dollar sinken. Das führt zu tieferen Schuldenindikatoren. Für die 27 Länder, die den Decision Point erreicht haben, beläuft sich die Schuldendienstrate durchschnittlich noch auf 9,9 Prozent (verglichen mit 15,7 % 1998/1999). Die Ausgaben für die Armutsbekämpfung in den 27 Ländern waren im Jahr 2002 insgesamt annähernd vier mal so hoch wie der Schuldendienst. Der Mittelzufluss in die betroffenen Ländern stieg weiter an, was IWF und Weltbank zur Interpretation bewegte, die Entschuldungsmassnahmen seien weitgehend additionell zur übrigen Hilfe getroffen worden.
- 15 Vgl. stellvertretend für die umfangreiche Literatur : IMF/WB, Report on Joint Bank-Fund Workshop on (...)
37Deutlich wie noch nie erklären aber IWF und Weltbank, die HIPC-Initiative garantiere allein noch keine Schuldennachhaltigkeit (Debt Sustainability). IWF, Weltbank, Regierungen, Wissenschaft und NGO beschäftigen sich im Laufe des Jahres 2003 mittels Studien und Seminarien verstärkt mit der Problematik der Schuldennachhaltigkeit. Künftig müssten, so der allgemeine Tenor, vermehrt vorausblickende Ansätze angewendet werden. Nötig seien klare Finanzierungsstrategien, ein umfassendes Kredit- und Schuldenmanagement, Risikoanalysen für externe Schocks und vor allem auch eine Prüfung der Auswirkungen auf die Erreichbarkeit der Millenniumsziele15.
38Die Kosten der HIPC-Initiative sind für IWF und Weltbank trotz unsicherer Prog nosen weiterhin finanzierbar, selbst wenn für unvorhergesehene Schwierigkeiten einzelner Länder sog. „topping-up“geleistet würden.Die Schweiz warnte allerdings vor zu grosser Generosität bei diesen Zuschüssen, solange nicht zusätzliche Mittel dafür gesprochen würden. Im Dezember 2002 beschloss der Bundesrat, neben den schon früher bezahlten 90 Millionen Franken weitere 50 Millionen zur Finanzierung des HIPC-Fonds der Weltbank bereitzustellen.
- 16 WB, OED, The Heavily Indebted Poor Countries (HIPC) Initiative. An OED Review. Report No. 25160, Wa (...)
39Die unabhängige Evaluationsabteilung (OED) der Weltbank bezeichnete in einer ihrer Untersuchungen die HIPC-Initiative als wichtigen, aber unzureichenden Schritt zur Lösung der Schuldenprobleme. Die Ziele müssten schärfer gefasst, die Methodologie transparenter gemacht, die Wirkung erhöht und den Armutsansatz gestärkt werden16.
- 17 Greenhill, Romilly, and Sisti, Elena, Real Progress Report on HIPC. NEF/Jubilee, London, September (...)
40Härter ins Gericht mit der HIPC-Initiative gehen die NGO. Ein „Schattenbericht“ kritisiert, die Initiative sei stark im Rückstand auf den Zeitplan. Nicht alle Gläubiger würden gleich viel beitragen, insbesondere sollten die BWI ihre Schulden vollständig streichen. Kritisiert wird die Konditionalität. Die Millenniumsziele könnten so nicht erreicht werden17.
- 18 IMF, World Economic Outlook, Public Debt in Emerging Markets. Washington, September 2003 http://www (...)
41Sind die öffentlichen Schulden gegenüber in- und ausländischen Gläubigern zahlreicher Schwellenländer noch nachhaltig ? IWF und Weltbank zeigten sich zunehmend besorgt über das rasche Anwachsen der Regierungsschulden. Zahlreiche Regierungen hätten sich angesichts tiefer Zinsen auf den Finanzmärkten rascher und tiefer verschuldet, als es ihre Steuerbasis erlauben würde. IWF und Weltbank publizierten noch Ende 2002 Leitlinien für das Management öffentlicher Schulden. Die Septemberausgabe des vom IWF herausgegebenen World Economic Outlook widmet dieser Frage das Hauptkapitel. Hohe Schulden erhöhten das Risiko für Finanzkrisen und limitierten die Flexibilität der Fiskalpolitik. Der IWF plädiert für Korrekturen sowohl in der Einnahmen- wie in der Ausgabenpolitik18.
- 19 WB, GDF 2003 aaO., Vol. I, S. 56.
- 20 Siehe unten, Punkt 7.4.2. Der Internationale Währungsfonds.
42Sechs Regierungen konnten im Jahr 2002 ihren Schuldendienst nicht mehr begleichen, nämlich Argentinien, Gabon, Indonesien, Madagaskar, Moldawien und Nauru. Damit erhöht sich die Zahl der Länder auf 28, so viele, wie seit 1992 nicht mehr19. Im Gegensatz zu früher sind die Regierungen nicht mehr hauptsächlich bei Banken verschuldet, sondern mittels Obligationenaufnahmen direkt an den Finanzmärkten. Obschon die Weltbank anerkennt, dass Pakistan, die Ukraine und Argentinien in den letzten Jahren erfolgreich Bond-Restrukturierungen durchführten, erachtet sie die Gefahr ungeordneter Restrukturierungen als real. Sie plädierte deshalb stark für ein besseres Krisenmanagement (Kollektivklauseln, Insolvenzmechanismus)20.
43Der Pariser Klub schloss im Jahr 2002 multilaterale Umschuldungsabkommen mit zehn Ländern über insgesamt 20 Milliarden Dollar ab. Grösster Schuldner war die Demokratische Republik Kongo (9 Mrd. $). Mit Ausnahme von Jordanien waren sonst nur Länder mit niedrigem Einkommen betroffen. Acht Länder sind HIPC-Länder. Die Schweiz war an drei Umschuldungsverhandlungen mitbeteiligt, nämlich mit Indonesien, Jordanien und der Demokratischen Republik Kongo.
44Im Jahr 2003 waren bis Ende November im Pariser Klub drei weitere multilaterale Umschuldungen zu verzeichnen21. Mali wurden 70 Millionen und Benin 60 Millionen Dollar Schulden gestrichen. Ecuador wurde eine Umschuldung von Fälligkeiten in Höhe von 81 Millionen Dollar auf 15 Jahre, plus drei Jahre Karenzfrist, zugestanden.
45Der Pariser Klub beschloss im Oktober 2003 aufgrund der Beschlüsse des G-8-Gipfels von Evian neue Richtlinien für die Behandlung von Nicht-HIPC-Schuldnern. Grundsätzlich soll verstärkt auf die individuelle Situation der einzelnen Länder Rücksicht genommen werden. Insbesondere sollen jene Länder mit weiter gehenden Entlastungen rechnen können, deren Schulden vom IWF und vom Pariser Klub als nicht nachhaltig bezeichnet werden.
46Dies wurde nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Schulden des Iraks beschlossen, mit denen sich der Pariser Klub mehrfach beschäftigte. Im Juli 2003 veranschlagte der Pariser Klub die Schulden gegenüber seinen Mitgliedsländern auf 21,018 Milliarden Dollar. Der Anteil der Schweiz beträgt 117,5 Millionen. Die gesamten Schulden des Iraks werden auf über 120 Milliarden Dollar geschätzt.
47Die Schweiz schloss auf der Basis der multilateralen Abkommen des Pariser Klubs im Jahr 2002 bilaterale Abkommen mit der (damaligen) Bundesrepublik Jugoslawien (296 Mio. Fr.), mit Kamerun (7 Mio. Fr.), Nigeria (255 Mio. Fr.), Pakistan (119 Mio. Fr.) und Indonesien (143 Mio. Fr.) ab. Die Abkommen mit Nigeria und Pakistan enthalten keine Schuldenreduktionen. Kamerun wurden 90 Prozent und der BR Jugoslawien 60 Prozent der Forderungen erlassen. Mit Kamerun wurde zusätzlich ein Entschuldungsabkommen (10 Mio. Fr.) vereinbart22. Im Jahr 2003 kam bis Ende November lediglich noch eine bilaterale Umschuldung im Umfang von 18 Millionen Franken mit Jordanien hinzu.
48Im Rahmen der HIPC-Initiative nahm die Schweiz im Juni 2003 bei Sierra Leone eine Teilentschuldung in Höhe von 8,8 Millionen Franken vor. Gegenüber der Demokratischen Republik Kongo strich die Schweiz auf Ende 2003 die noch bestehenden Schulden im Umfang von 31 Millionen Franken vollständig. Zudem beteiligte sich die Schweiz mit 5 Millionen Dollar an einer international konzertierten Aktion zur Streichung überfälliger Schulden des Kongos gegenüber der Afrikanischen Entwicklungsbank.
49Im Jahr 2002 konnten drei Länder ihre Schulden gegenüber privaten Gläubigern nicht mehr bedienen (Argentinien, Gabon und Moldawien). Indonesien strukturierte im Londoner Klub Bankkredite im Umfang von 1,5 Milliarden Dollar um. Die Seychellen ihrerseits konnten 70 Millionen Dollar gegenüber kommerziellen Banken umstrukturieren.
50Die Weltbank-Tochter IDA führte im Jahr 2002 keine Schuldenrückkäufe mit ihrer Debt Reduction Facility durch. Im Jahr 2003 konnte Tansania mit Hilfe der Schweiz und Deutschlands die IDA-Fazilität beanspruchen, ebenso wie Kamerun. Verhandlungen mit Mosambik waren Ende 2003 noch nicht abgeschlossen.
- 23 Träger ist Debt Relief International http://www.dri.org.uk.
- 24 Vgl. unter Punkt 7.4.1. „PRSP – setzt sich als Konzept langsam durch“.
51Die Schweiz unterstützt nach wie vor das Debt management capacity building program23 und Programme der UNCTAD. Die Entschuldungsstelle der Arbeitsgemeinschaft führte die Abschlussarbeiten an den letzten Gegenwertfonds weiter. Das Mandat an die Entschuldungsstelle wurde mit spezifischen Aufgaben im Bereich der internationalen Entwicklungspolitik und den PRSP in den HIPC-Ländern ergänzt24.
52Die internationalen Konferenzen der letzten Jahre bestätigten im Hinblick auf die Millenniums-Entwicklungsziele die kollektive Verantwortung aller Partner im Entwicklungsprozess. Insbesondere der Konsens von Monterrey definiert einen Rahmen, in dem Aktionen und Verantwortlichkeiten zugewiesen sind. Das zwingt die Bretton-Woods-Institutionen (BWI) zu Reformen. Sie müssen ihre Rollen klarer definieren, die Arbeitsteilung präziser festlegen und besser mit den andern Partnern zusammenarbeiten.
- 25 Vgl. dazu WB, Executive Director for Azerbaijan, Kyrgyz Republic, Poland, Serbia and Montenegro, Sw (...)
53Die im Verlauf der letzten Jahre neu eingeführten Instrumente wie die Armutsreduktionsstrategien (PRSP) und das Comprehensive Development Framework (CDF) sind zu einer Art neuem Entwicklungsmodell herangewachsen. Der Fokus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit wurde und wird auf die Länderebene verschoben. Die einzelnen Entwicklungsländer sind gehalten, in einer partizipativen Weise nationale Diagnosen ihrer Situation zu machen, Strategien und Politiken zu entwerfen, insbesondere die Armutsreduktionsstrategien (Poverty Reduction Strategy Papers, PRSP)25.
- 26 Rome Declaration on Harmonization : High Level Forum on Harmonization, Rome, February 24/25, 2003 w (...)
54Die multilateralen und bilateralen Geber haben ihre Entwicklungsprogramme auf diese länderspezifischen PRSP auszurichten, müssen für angemessene Finanzierung sorgen und ihre Politiken und Prozeduren untereinander harmonisieren und koordinieren. Dazu fand u.a. im Februar 2003 in Rom ein Treffen auf hoher Ebene statt, an dem VertreterInnen der BWI, der UNO, der regionalen Entwicklungsbanken, der OECD und vieler Regierungen die sog. Römer Erklärung verabschiedeten26. Auch die Schweiz hatte daran teilgenommen.
55IWF und Weltbank präzisierten ihre gegenseitige Arbeitsteilung und die Formen der Zusammenarbeit. Beide Institutionen klärten ihre Politik und Strategie insbesondere gegenüber den ärmeren Ländern und im Hinblick auf die Millenniumsziele.
56Die BWI nahmen an den Fortsetzungsarbeiten im Rahmen der UNO für den Prozess von Monterrey (Finanzierung der Entwicklung, FfD) teil. Gleich im Anschluss an das Frühjahrstreffen fand zum zweiten Mal ein hochrangiges Treffen zwischen dem Wirtschafts- und Sozialrat ECOSOC, den BWI und der WTO statt27. Dabei ging es einerseits um eine verstärkte Kohärenz in der Arbeit der verschiedenen internationalen Organisationen, anderseits um die Methoden, wie nationale und internationale Anstrengungen zur Umsetzung der Beschlüsse von Monterrey im Hinblick auf die Millenniumszielsetzungen besser gemessen werden können. Ende Oktober fand dann im Rahmen der UN-Generalversammlung ein hochrangiger Dialog über die Finanzierung der Entwicklung statt. Seitens der Schweizer NGO nahm auch das Fastenopfer im Rahmen seines Engagements bei seinem internationalen Verband (International Co-operation for Development and Solidarity, CIDSE) teil. Das Fastenopfer hatte vorher die Schweizer Behörden brieflich aufgefordert, dem Begehren internationaler NGO nach einer Arbeitsgruppe für Schuldenfragen in der UNO Unterstützung zu verleihen28.
57Die Forderung nach mehr Demokratie in den BWI ist alt, erhielt aber nach Monterrey neue Kraft. IWF und Weltbank mussten in entsprechenden Berichten Wege und Möglichkeiten aufzeigen, wie Stimme und Mitsprache der Entwicklungs- und Transitionsländer gestärkt werden könnten. Dazu lagen sowohl dem Frühjahrstreffen wie der Jahresversammlung entsprechende Papiere vor29. Grundlegende Reformen bleiben jedoch bislang aus. Die Büros insbesondere der afrikanischen Exekutivdirektoren werden personell und finanziell aufgestockt. Eine Stimmrechtsrevision soll weiter geprüft werden, liegt jedoch angesichts der Weigerung der USA ausserhalb der Möglichkeiten. Die Schweiz unterstützte zwar die weichen Massnahmen, ist aber hinsichtlich der Stimmrechtsrevision lediglich bereit, sich weiter an Abklärungen und Diskussion zu beteiligen.
- 30 Die PRSP-Literatur ist einmal mehr äusserst umfangreich. IWF und Weltbank führen eigene Websites : (...)
58Das partizipative Erarbeiten nationaler Armutsstrategiepapiere hat sich als Konzept durchgesetzt. Doch trotz Fortschritten können nach wie vor weder die Prozesse, noch die Resultate als voller Erfolg bezeichnet werden. Das verdeutlichen einerseits die bereits üblichen halbjährlichen, gemeinsamen Fortschrittsberichte von IWF und Weltbank, anderseits zahlreiche Studien, Konferenzen und Seminarien30.
59Bis zum September 2003 hatten 32 Länder PRSP ausgearbeitet. In weiteren 21 Ländern war ein PRSP in Bearbeitung. Gemäss gemeinsamer Einschätzung von IWF und Weltbank brauchte der Prozess mehr Zeit, als ursprünglich angenommen. Kritisch wird das wirkliche Engagement einzelner Regierungen hinterfragt. Anderen Strategiepapieren sei es nicht gelungen, einen Ausgleich zwischen hohen Erwartungen und realistischer Einschätzung zu erreichen. Unzureichend seien Prioritätensetzung und Umsetzung der Strategien in den Budgetprozess. Und schliesslich hätten vor allem die Geber ihre Hilfe nach wie vor zu wenig auf die nationalen Strategien umgesetzt.
60Von NGO-Seite wird vor allem bemängelt, dass die PRSP keine Abkehr von den Leitsätzen der bisherigen makroökonomischen Stabilitäts- und Strukturanpassungspolitik gebracht hätten. Das Gewicht der BWI in der Erarbeitung der PRSP sei nach wie vor zu gross, die Auswahl der beteiligten Organisationen der Zivilgesellschaft oft selektiv, die Rolle nationaler Parlamente meist gering. Anspruch und Wirklichkeit der PRSP würden weit auseinander fallen. Und schliesslich seien die Strategien nur so gut, wie deren Umsetzung.
- 31 DEZA, SDC’s Bilateral Engagement in the Poverty Reduction Stategy Paper (PRSP) Process. Evaluation (...)
61Seitens der Schweiz unterstützten sowohl die DEZA wie das seco den PRSP-Prozess. Die DEZA liess ihre Beiträge zum PRSP-Prozess in vier Partnerländern von unabhängiger Seite evaluieren. Geprüft wurde auch, wie weit Ausgestaltung und Durchführung des DEZA-Programms beeinflusst wurden31. Der Evaluationsbericht empfahl unter anderem ein energischeres Durchsetzen des Konzeptes innerhalb von DEZA und seco, eine grössere Zusammenarbeit mit anderen Geberstaaten sowie eine tatkräftige Unterstützung des Prozesses in den Partnerländern, namentlich deren Zivilgesellschaft. Das seco bereitete im Rahmen eines Pilotprojektes eine Beteiligung am multilateralen PRS Trust Fund vor und will kleine bilaterale Projekte unterstützen.
- 32 Beide Studien empfehlen, verstärkt die örtliche Zivilgesellschaft in der Partizipation des Prozesse (...)
62Im Rahmen ihres erweiterten Mandates verfasste die Entschuldungsstelle der Arbeitsgemeinschaft im Auftrag von seco und DEZA zwei Studien über die Beteiligung des zivilen Sektors am PRSP-Prozess in Ghana und in Burkina Faso32. Schliesslich befasste sich das DEZA-NGO-Treffen vom Juni 2003 mit der Partizipation bei der Umsetzung von PRSP.
63Sowohl für den IWF wie für die Weltbank war die Frage von Handel und Entwicklung ein Schwergewichtsthema. Beide traten vehement für weitere Handelsliberalisierungen und für die Stärkung des internationalen Handelssystems ein. Gemeinsam richteten Weltbankpräsident Wolfensohn und IWF-Geschäftsführender Direktor Köhler kurz vor der WTO-Ministerrunde in Cancun einen gemeinsamen Brief an die WTO und an deren Mitgliedsländer, worin sie die Bedeutung des Handels für weitere Wohlstandsgewinne hervorstrichen, aber auch die Industrieländer wegen ihrer protektionistischen Haltung kritisierten. Mitte Dezember 2003 forderten Köhler und Wolfensohn die Industrieländer erneut auf, ihre Handelsbarrieren gegenüber den Entwicklungsländern zu senken und handelsverzerrende Exportsubventionen abzuschaffen.
64Bank und Fonds traten für eine Integration der Handelspolitik in die PRSP ein. Der IWF beschloss, sich im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit vermehrt auf Marktzugangsprobleme der Entwicklungsländer zu fokussieren und die technische Hilfe in diesem Bereich zu stärken. Schliesslich ist der IWF bereit, im Fall von Ausfällen von Staatseinnahmen bei Zollabbau mit daraus folgenden Zahlungsbilanzschwierigkeiten und bei der Umsetzung von WTO-Beschlüssen Überbrückungskredite zu leisten.
- 33 WB, Global Economic Prospects. Realizing the Developing Promise of the Doha Agenda. Washington, 200 (...)
65Die Weltbank unterstützte Reformen im Aussenhandelsbereich in den Entwicklungsländern zur Stärkung ihrer Exportfähigkeiten. Die jährliche Publikation Global Economic Prospects widmete sich in der Ausgabe 2004 der Frage, wie die Versprechen der Doha-Entwicklungsrunde realisiert werden könnten33.
- 34 GPK Ständerat, Die Mitgliedschaft der Schweiz in den Institutionen von Bretton Woods. Bern, 14. Okt (...)
66Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Ständerats untersuchte mit Hilfe externer Experten Ziele, Einfluss, Kosten und Nutzen der schweizerischen Mitgliedschaft in den Bretton-Woods-Institutionen und veröffentlichte im Oktober 2003 einen entsprechenden Bericht34. Der Bericht empfiehlt dem Bundesrat, die Aufgabenteilung zwischen seco und DEZA für die Weltbankgruppe neu zu überprüfen. Die Abstimmungen zwischen den Positionen in der Weltbank und im IWF müssten verbessert werden. Es bedürfe einer transparenteren Information sowohl über die finanziellen Leistungen wie auch über die politische Tätigkeit.
67Die Kredittätigkeit des IWF blieb anhaltend hoch. Der Fonds verstärkte sein Regelwerk für Überwachung und Krisenprävention. Ein internationaler Insolvenzmechanismus konnte hingegen nicht erstellt werden.
- 35 IWF, Jahresbericht 2003, Washington, 2003.
68Der IWF gewährte im Geschäftsjahr 200335, abgeschlossen auf Ende April 2003, insgesamt 22 Kreditzusagen im Umfang von 30,5 Milliarden Sonderziehungsrechten. Die Rekordzusagen des Vorjahrs (41,3 Mrd. SZR) erreichte der Fonds nicht mehr, doch sind die gesamten ausstehenden Kredite mit 73 Milliarden SZR so hoch wie noch nie (Tabelle 33).
69Die Kreditauszahlungen waren höher als die Rückzahlungen, so dass ein Nettotransfer von 15 Milliarden SZR zu verzeichnen war. Brasilien erhielt mit 23 Milliarden SZR den grössten je gewährten Kredit, gefolgt von Argentinien, Kolumbien und Uruguay. Damit konzentrierten sich mehr als drei Viertel aller zugesagten Kredite auf Brasilien, Argentinien und die Türkei. Die Schweiz verfolgte diese Fokussierung mit wachsender Besorgnis.
Tabelle 33 : Kredittätigkeit des IWF, 1999-2003 (in Mrd. SZR, jeweils per 30.4.)
Quelle : IWF, Jahresbericht 2003, Washington, 2003 http://www.imf.org/external/pubs/ft/ar/2003/eng/index.htm.
- 36 IMF, World Economic Outlook. Growth and Institutions. April 2003. WEO. Public Debt in Emerging Coun (...)
70Der IWF setzte seine verstärkte Überwachungstätigkeit auf globaler und regionaler Ebene sowie gegenüber den Mitgliedsländern fort. Die globale Überwachung erfolgte durch regelmässige Diskussionen im Exekutivrat. Wie üblich publizierte der IWF zwei Ausgaben des World Economic Outlook (WEO). Die Ausgabe vom April 2003 beschäftigte sich vor allem mit den Auswirkungen der platzenden Blasen auf den Finanzmärkten, mit dem Zusammenhang zwischen starken Institutionen und dem Wachstum sowie mit Problemen der Beschäftigung und des Arbeitsmarktes. Die Ausgabe vom September 2003 legte ein Schwergewicht auf die stark angestiegenen öffentlichen Schulden (intern und extern) zahlreicher Schwellenländer. Mit Finanzfragen befasst sich auch der quartalsweise publizierte Global Financial Stability Report36.
71Auf der Ebene der Mitgliedsländer wurden im Geschäftsjahr 2003 insgesamt 136 Länderkonsultationen gemäss Art. IV der Fondssatzungen durchgeführt, wobei ein Grossteil der Konsultationsberichte freiwillig veröffentlicht wurden. Zu einer obligatorischen Veröffentlichung konnte sich der Exekutivrat nicht durchringen.
- 37 IMF, Switzerland 2003 Article IV Consultation. Concluding Statement. Bern, February 24, 2003 http:/ (...)
72In der Schweiz fand diese Art. IV-Konsultation im Februar 2003 statt, die im Exekutivrat dann im Mai 2003 diskutiert wurde37. An der Konsultation beteiligte sich auch die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke und sah sich einig mit der IWF-Delegation, dass die Schweiz trotz Budgetschwierigkeiten Raum für eine Steigerung der öffentlichen Entwicklungshilfe hätte.
- 38 Seit Anfang 2003 publiziert das Eidgenössische Finanzdepartement seinen an die Aussenpolitischen Ko (...)
- 39 NZZ vom 25.9.2003.
73Besondere Aufmerksamkeit liess der IWF den lateinamerikanischen Grossschuldnern zukommen. Argentinien erzielte einen gewissen Stabilisierungserfolg und wurde auf Druck der G-7 im Januar 2003 mit einem kurzfristigen IWF-Beistandsprogramm unterstützt, das faktisch einer Verlängerung der überfälligen Schulden gleichkam. Die Schweiz38 enthielt sich der Stimme, kritisierte die schlechte Zusammenarbeit Argentiniens mit dem Fonds und die nach wie vor pendenten Reformen. Auch beim anlässlich der Jahresversammlung vom September neu gewährten dreijährigen Beistandsabkommen mit einem Kredit von 15 Milliarden Dollar enthielt sich der Schweizer Exekutivdirektor zusammen mit drei weiteren seiner Kollegen der Zustimmung. Nationalbankpräsident Roth kommentierte, dass ein Land belohnt worden sei, das keine erkennbaren Reformschritte aufzuweisen habe und sich im Umgang mit dem IWF unkooperativ verhalten hätte39. Ein Umschuldungsabkommen mit den privaten Gläubigern war Ende November 2003 immer noch in Verhandlung.
74Brasilien hingegen erfüllte auch unter dem neuen Präsidenten Silva da Lula die Erwartungen des IWF. Aber angesichts der nach wie vor sehr hohen Verletzlichkeiten, insbesondere durch die hohe Auslandsverschuldung, erneuerte der IWF Anfang November 2003 das Abkommen mit dem bisher grössten IWF-Schuldner. Brasilien erhält neue Kredite von 6 Milliarden SZR sowie vom alten Abkommen noch bisher unbenutzte 8 Milliarden. Die Schweiz trug diese Entscheide mit.
75Die Türkei erfüllte die IWF-Kriterien nur knapp und musste um Fristerstreckung für die Rückzahlungen ersuchen. Die USA gewährt einen bilateralen 5,8 Milliarden Dollar umfassenden Kredit an die Türkei zur Unterstützung der Wirtschaftsreformen und der Abschwächung negativer Auswirkungen des Irakkrieges. Die Schweiz bedauerte die Verzögerungen beim wirtschaftlichen Reformprogramm.
- 40 Zurbrügg, Fritz (Exekutivdirektor der Schweiz beim IWF), Was tun zur Stärkung der Krisenprävention. (...)
76Der IWF verstärkte zudem seine Instrumente für die Überwachung und Krisenprävention weiter. Dazu gehören die Verbesserungen bei der Aufbereitung von Wirtschaftsdaten und deren Publikation sowie die Verstärkung der international anerkannten Standards und Kodices. Die Schweiz unterstützte die Verbesserungen, wollte aber vor allem eine Fokussierung auf makroökonomisch relevante Aspekte. Der IWF verfeinerte im Übrigen seine Instrumente, um die Nachhaltigkeit der Schulden zu überwachen. Hingegen liess der IWF Ende November 2003 die nach den Finanzkrisen Ende der 90er Jahren neu geschaffenen vorsorglichen Kreditlinien Contingent Credit Lines (CCL) ersatzlos auslaufen. Damit hätten Länder mit guter Wirtschaftpolitik zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten im Falle unverschuldeter Finanzkrisen zur Verfügung gehabt. Die CCL wurden jedoch nie benutzt. Die Schweiz wandte sich ebenfalls gegen eine Verlängerung40.
77Der IWF beschloss striktere Regeln für den Zugang von Ländern mit Zahlungsbilanzkrisen zu IWF-Krediten. Voraussetzungen sind unter anderem ein weiterhin nachhaltiges Schuldenniveau, die Fähigkeit, an die privaten Kapitalmärkte zurückkehren zu können sowie der politische Wille und die Fähigkeit, ein IWF-Anpassungsprogramm durchzuführen. Die Schweiz unterstützte dieses Vorhaben, weil dies eine selektivere, transparentere und uniformere Kreditvergabe unterstütze.
- 41 EFD, Bericht der G-10 zu Kollektivklauseln in Anleihensverträgen von Staaten. Medienmitteilung 8.4. (...)
78Bei nicht tragfähiger Staatsverschuldung wäre nach Meinung des IWF-Managements ein internationales Regelwerk zur Umstrukturierung von Staatsschulden (Sovereign Debt Restructuring Mechanism, SDRM) nötig. Die über ein Jahr lang diskutierten Vorschläge wurden am Frühjahrstreffen 2003 jäh auf Eis gelegt, nachdem sich die USA geweigert hatten, den dazu nötigen Änderungen der IWF-Satzungen zuzustimmen. Auch die internationalen privaten Banken, einschliesslich der Schweizer Grossbanken, wandten sich vehement gegen die SDRM. Als Ersatz sollen kollektive Umschuldungsklauseln in die Obligationenverträge eingeschlossen werden. Die Schweiz unterstützte diese Bemühungen, u.a. im Rahmen eines entsprechenden Berichtes der G-1041.
- 42 Weitere alternative Lösungsvorschläge und eine Kritik an der Liberalisierung der internationalen Fi (...)
79Die Schweiz hätte diese SDRM wie die meisten europäischen Länder befürwortet. Vorschläge internationaler NGO für die Schaffung eines Schiedsgerichts fanden nur ansatzweise Beachtung42. Im Rahmen der Fortsetzungsarbeiten zur Konferenz von Monterrey über die Finanzierung der Entwicklung wurde bisher erfolglos versucht, die UNO zur zuständigen Instanz für diese internationalen Insolvenzregeln zu machen.
Jahrbuch 2003, Nr. 1, in Kap. 7.4.1,„Die Reform des internationalen Finanzsystems“, S. 121.
80Das im Jahr 2001 geschaffene unabhängige Evaluationsbüro (IEO) publiziert regelmässig Arbeitsprogramme und Statusberichte. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden dem Exekutivrat drei abgeschlossene Berichte vorgelegt43. Ende 2003 waren zudem die Berichte über die Armutsstrategien (PRSP), über die Rolle des IWF in Argentinien und über die Technische Hilfe noch in Bearbeitung.
81Die Evaluationen beeinflussten die entsprechenden Reformarbeiten des Fonds. Erkenntnisse aus dem ersten Bericht über die verlängerte Nutzung von IWF-Ressourcen führten zur Schlussfolgerung, dass Programme entsprechend verändert werden und bessere Absprachen mit der Weltbank gesucht werden müssten. Die Schweiz legte Nachdruck darauf, dass IWF-Kredite nicht permanente Entwicklungsfinanzierungen sein sollten.
82Der zweite Bericht beschäftigte sich mit den Finanzkrisen in Indonesien, Korea und Brasilien und nannte auch Schwächen der IWF-Politik. Der dritte Bericht überprüfte die fiskalischen Anpassungspolitiken in IWF-finanzierten Programmen. Der Bericht attestiert dem IWF, keineswegs einen für alle Länder gleichen Ansatz zu verfolgen, sondern durchaus lokale Gegebenheiten zu berücksichtigen. Hingegen hätte nur die Hälfte der Programme ihre Ziele erreicht.
- 44 Botschaft über die Verlängerung der Teilnahme der Schweiz an den Allgemeinen Kreditvereinbarungen d (...)
- 45 Botschaft über die internationale Währungshilfe (BBl 2003 4775) und Amtliches Bulletin Ständerat/ N (...)
83Die Eidgenössischen Räte stimmten im März 2003 (Ständerat) und im Juni 2003 (Nationalrat) dem Antrag des Bundesrates zu, die Allgemeinen Kreditvereinbarungen des IWF zu verlängern44. Dem Bundesgesetz über die internationale Währungshilfe stimmte der Ständerat im September, der Nationalrat im Dezember 2003 zu45. Der Nationalrat beschränkte die Geltungsdauer allerdings auf fünf Jahre und schuf damit noch eine Differenz zum Ständerat.
84Die Kredittätigkeit von IBRD und IDA blieb im Geschäftsjahr 2003 knapp unter dem Vorjahr auf anhaltend hohem Niveau. Bei der IBRD waren fast doppelt so viele Kredite zurückbezahlt, wie ausbezahlt wurden, so dass ein Nettofluss zurück zur Bank zu verzeichnen war (Tabelle 34)46.
85Zur Finanzierung ihrer Kredittätigkeit nahm die Weltbank in neun verschiedenen Währungen insgesamt 18,8 Milliarden Dollar auf, hauptsächlich in Dollar, Yen und Euro. Die Weltbank wies die Anleihen in Schweizer Franken nicht gesondert aus.
86Die im Vorjahr beschlossene 13. Wiederauffüllung der IDA trat Ende März 2003 in Kraft, nachdem 22 der 39 Geberstaaten ihre Beiträge definitiv zugesagt hatten. Der Bundesrat bestätigte im Mai 2003 den Schweizer Beitrag von insgesamt 530,7 Millionen Franken, wobei die Überweisungen gestaffelt zwischen 2003 und 2011 erfolgen werden. Der Anteil der Schweiz beträgt weiterhin 2,43 Prozent.
87Die IBRD kaufte im Geschäftsjahr 2003 in den Mitgliedsländern Güter und Dienstleistungen für insgesamt 1355 Millionen Dollar ein, davon für 54 Millionen Dollar (oder 3,97 %) in der Schweiz. Die IDA erstand für insgesamt 1498 Millionen Dollar Güter und Dienstleistungen in den Mitgliedsländern, davon für 12 Millionen Dollar (1,1 %) in der Schweiz.
34 : Ressourcenfluss von IBRD und IDA 1999-2003 (in Mio. $, jeweils per 30.6.)
Quelle : The World Bank, Annual Report 2003, Washington, 2003 http://www.worldbank.org/annualreport/2003.
- 47 WB, Jahresbericht 2003, aaO.
88Die Weltbank bekräftigte ihr oberstes Ziel, die Bekämpfung der Armut. Dazu braucht es gemäss Weltbank einen aktiven Staat mit einer guten Regierungsführung (Governance), eine Ermächtigung (Empowerment) der betroffenen BürgerInnen, wirtschaftliches Wachstum, einen vitalen Privatsektor, einen gesunden Finanzsektor, offene Weltmärkte. Und vor allem müssten die Entwicklungsländer ihre Entwicklungsagenda selber setzen (Ownership).
89Entsprechend legte die Weltbank im Jahr 2003 ihre Prioritäten weiterhin einerseits auf die Schaffung eines guten Investitionsklimas. Das umfasste die Förderung grosser und kleiner Unternehmen, die Errichtung von Arbeitsplätzen und die Steigerung der Produktivität. Sie setzte sich für stabile makroökonomische Bedingungen, für eine gute Regierungsführung, für verbesserte Institutionen und für eine gestärkte physische und finanzielle Infrastruktur ein.
- 48 WB, World Development Report 2004. Making Services Work for Poor People. Washington, 2003 http://ww (...)
90Anderseits forcierte sie „Investitionen in die Armen“. Darunter fallen die Unterstützung zu besserem Informationszugang, stärkere Partizipation am Entscheidungsprozess, Zugang zu Dienstleistungen. Dabei soll dem Staat vor allem die regulierende Funktion zukommen, während die Dienstleistungen von privaten Anbietern oder allenfalls von NGO erbracht werden sollen. Dies postulierte der diesjährige Weltentwicklungsbericht, der allerdings weltweit bei den NGO auf harte Kritik stiess48. NGO befürchten, dass umstrittene Grossprojekte – wie grosse Dämme – Wiederauferstehung feiern könnten. Skeptisch sind sie gegenüber der Idee, mit Hilfsgeldern private Finanzen zu mobilisieren.
91An ihrem Hauptziel und an den Aktionslinien entlang verstärkte die Weltbank ihre Partnerschaften. Neben der Zusammenarbeit mit den anderen internationalen Entwicklungsinstitutionen setzte die Weltbank den Dialog mit der Zivilgesellschaft fort, so unter anderen mit den religiösen Organisationen, den NGO und den Gewerkschaften. Mit letzteren vereinbarte die Weltbank trotz harter Auseinandersetzungen gemeinsame Forschungsprojekte und den Austausch von MitarbeiterInnen. Erneut fand gemeinsam mit dem IWF ein Treffen mit Mitgliedern nationaler Parlamente statt, dieses Mal in Athen. Aus der Schweiz waren drei Mitglieder vertreten, nämlich Nationalrätin Rosmarie Zapfl sowie die Nationalräte Claude Frey und Remo Gysin.
92Auf Länderebene setzte die Weltbank vor allem die vor Jahresfrist erarbeiteten Leitlinien für Länder mit tiefem Einkommen um, die sich in besonderen Schwierigkeiten befinden (LICUS)49.Die Bank erarbeitete ebenfalls neue Leitlinien für den Umgang mit Ländern mit mittlerem Einkommen.
93Die Bank setzte die Anstrengungen für eine verbesserte Effektivität der Entwicklung fort, sowohl mit internen wie externen Massnahmen, z.B. mit vereinfachten Prozeduren im Kreditwesen, in der Beschaffung, in den eigenen politischen Leitlinien. Die Weltbank besetzte auf internationaler Ebene weitgehend auch die Überwachung der Millenniumsziele, wobei hier ein Methodenstreit zwischen UNO und Weltbank schwelt.
94Die Schweiz setzte ihre bilaterale Zusammenarbeit mit der Weltbank fort. So trug die DEZA 3,5 Millionen Franken zu einem Programm des World Bank Institute über Kapazitätsbildung in verschiedenen Bereichen bei. Weiter laufen zwischen der DEZA und dem Operation Evaluation Department (OED) der Weltbank gemeinsame Evaluationen, so u.a. über die Hilfe der Bank an Transitionsländer.
95IWF und Weltbank publizieren auf ihren Websites Traktandenlisten, Hintergrundpapiere, Abschriften von Medienkonferenzen, Reden und Abschlusskommuniqués ihrer halbjährlichen Treffen50.
- 51 Zu den verschiedenen Gruppen vgl. IMF, A Guide to Committees, Groups and Clubs. A Factsheet, April (...)
96Die Frühjahrstagung fand Mitte April in Washington statt. Erstmals führte die G-1051 keine eigene Sitzung durch. Die Schweiz widersetzte sich zusammen mit Belgien, den Niederlanden und Schweden (in der informellen G-4) dem Anliegen der G-7, die Aktivitäten der G-10 noch weiter einzuschränken.
97IWF und Weltbank setzten eine Irak-Task Force ein. Gestritten wurde über Aufgaben und Kompetenzen der BWI beim Wiederaufbau und bei der Entschuldung des Iraks. Die Irak-Debatte verdrängte die Diskussion um entwicklungspolitische Themen weitgehend, obschon beiden Ausschüssen gewichtige Papiere vorlagen.
98Der Entwicklungsausschuss diskutierte einerseits einen Aktionsplan zum Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele52. Anderseits wurden Möglichkeiten ausgelotet, wie den Entwicklungsländern ein grösseres Gewicht in den BWI zugestanden werden könnte. Beschlüsse wurden mit Hinweis auf weiterführende Studien auf die Jahrestagung verschoben.
99Der Internationaler Währungs- und Finanzausschuss (IMFC) setzte sich mit dem schleppenden Weltwirtschafsgang auseinander und diskutierte das Vorgehen für Krisenprävention und Krisenmanagement. Die Vorschläge für internationale Insolvenzregeln fanden keine Unterstützung seitens der USA. Eine notwendige Veränderung der IWF-Satzungen kann demzufolge nicht erreicht werden. Praktisch sind die Bemühungen des IWF damit kaltgestellt.
100Die Jahrestagung von IWF und Weltbank fand im Jahr 2003 zum ersten Mal in der arabischen Welt statt, und zwar im September in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate). Traditionsgemäss findet die Jahresversammlung alle drei Jahre ausserhalb Washingtons statt. Demzufolge legten die Bretton-Woods-Institutionen ein besonderes Gewicht auf die Probleme des Mittleren Ostens und der Mittelmeerregion, einschliesslich Nordafrikas. Im Vordergrund stand einerseits der Wiederaufbau im Irak, in Afghanistan und Palästina, dann aber auch wirtschaftliche Probleme der gesamten Region : Arbeitslosigkeit, Armut, schwaches Wachstum, ungenügende Entwicklung des Finanzsektors und des Aussenhandels, vermehrter Einbezug der Frauen in die Entwicklung. Sowohl IWF wie Weltbank publizierten umfangreiche Materialien53.
101Die Jahresversammlung des Gouverneursrates präsidierte erstmals ein Schweizer : Bundesrat Kaspar Villiger fiel diese die Ehre zu. Er hielt die Eröffnungsrede und präsidierte ebenfalls die Abschluss-Medienkonferenz54.
- 55 Statement of G7 Finance Ministers and Central Bank Governors, Dubai, September 20, 2003. http://www (...)
102Die Jahresversammlung stand ganz im Zeichen der gescheiterten WTO-Ministertagung von Cancun mit den Auseinandersetzungen zwischen Nord und Süd, den Jahrtausend-Entwicklungszielen und der Armutsbekämpfung, sowie der schleppenden Weltwirtschaftsentwicklung. Im Zentrum des Interesses stand auch der Wiederaufbau im Irak, die Probleme Argentiniens sowie die Ungleichgewichte im internationalen Finanzsystem. Insbesondere die Finanzminister der G-7 plädierten für flexiblere Wechselkurse. Dahinter stand die Kritik der USA an China, dessen Währung an den Dollar gebunden ist. Der Kurs der chinesischen Währung werde künstlich tief gehalten. Die G-7- forderte im Übrigen alle Länder auf, im Kampf gegen Geldwäscherei und Steuerhinterziehung den Zugang zu Bankinformationen zu ermöglichen, ein Ansinnen, das u.a. gegen die Schweiz gerichtet ist55.
103Der Internationaler Währungs- und Finanzausschuss diskutierte wie üblich die weltwirtschaftliche Lage und überprüfte die IWF-Instrumente der Überwachung, der Krisenprävention, des Krisenmanagements und der Förderung der internationalen Finanzmarktstabilität. Bundesrat Villiger kritisierte insbesondere, dass der IWF zu viele Mittel in wenigen grossen Staaten gebunden habe, die dann für andere Länder nicht zur Verfügung stünden56.
104Der Entwicklungsausschuss (IMFC) behandelte insbesondere drei Themen57. Erstens appellierten IWF und Weltbank an die reichen Länder, die Länder mit guten makroökonomischen Politiken finanziell angemessen und im Rahmen der PRSP zu unterstützen, damit die Millenniumsziele erreicht werden könnten. Zur Finanzierung der Entwicklung sind nach Weltbankpräsident Wolfensohn bis zum Jahr 2206 jährlich 16 Milliarden Dollar zusätzliche öffentliche Hilfe nötig.
105Zweitens beschäftigte sich der Entwicklungsausschuss mit der Frage, wie das Gewicht und die Mitsprache der Entwicklungsländer in Bank und Fonds verstärkt werden könnten. Die Stimmrechtsverteilung bleibt unangetastet. Es wurden lediglich administrative und finanzielle unterstützende Massnahmen beschlossen. Die Schweiz will diese mittragen, wäre aber auch bereit, die Erhöhung des Basisstimmrechtes zu prüfen. Schliesslich diskutierte der Entwicklungsausschuss eingehend die Situation nach der gescheiterten WTO-Ministerkonferenz.
106Demonstrationen gab es in Dubai keine. Hingegen fanden zahlreiche Treffen zwischen NGO und den BWI statt58.
- 59 Vgl. oben unter Punkt 7.4.1. PRSP – setzt sich als Konzept langsam durch.
107Vorgängig zur Jahresversammlung fand ebenfalls in Dubai ein Treffen der von der Schweiz angeführten Stimmrechtsgruppe statt. Die Gruppe erörterte insbesondere Erfahrungen der einzelnen Länder mit den Armutsreduktionsstrategien (PRSP). Tadschikistan, Aserbeidschan und Kirgistan verfügen bereits über ein PRSP, Serbien und Montenegro sowie Usbekistan erarbeiten derzeit ein Strategiepapier. Die DEZA stellte ihre Studie über die Anwendung der PRSP in vier Schwerpunktländern (darunter Kirgistan) vor59.