Aufgrund des schnellen Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums vieler Städte im Deutschen Reich waren an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert Stadterweiterungen notwendig. Oft mussten dafür zunächst militärische Festungsanlagen beseitigt werden. Dies wird in Werken zur Stadtgeschichte zwar häufig erwähnt und beschrieben, weniger untersucht wurde hingegen die praktische Umsetzung dieser Beschlüsse und die Konflikte, die sich dabei zwischen den unterschiedlichen beteiligten Akteuren ergaben. Im vorliegenden Beitrag wird der Prozess der zweiten Stadterweiterung in Posen von den Planungen bis zum Ende der Zugehörigkeit der Stadt zu Preußen im Jahr 1918 vor dem Hintergrund anderer Stadterweiterungen im Deutschen Reich beschrieben. Der Beitrag stützt sich dabei vor allem auf die fast vollständig erhaltene, aber kaum ausgewertete Überlieferung der Bauabteilung des Magistrats der Stadt Posen, die sich heute im dortigen Staatsarchiv befindet. Die direkte Überlieferung der seit 1904 mit der praktischen Umsetzung der Stadterweiterung betrauten Königlichen Kommission für die Stadterweiterung zu Posen muss wohl als verloren angesehen werden. Herangezogen wurden zudem Akten aus den involvierten preußischen und Reichsbehörden, die sich heute im Geheimen Staatsarchiv in Berlin und im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde befinden, der Nachlass von Josef Stübben, des Vorsitzenden der Stadterweiterungskommission, der sich im Stadtarchiv Köln befindet, sowie Veröffentlichungen der Lokalpresse. Beantwortet werden zum einen Fragen wie: Welche Akteure waren beteiligt, welche Konflikte gab es zwischen ihnen und welche Versuche zu deren Lösung, wie wurde die Stadterweiterung finanziert und wie wurden die Veränderungen von der Presse beurteilt? Vertreten wird die These, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Magistrat und Stadterweiterungskommission sehr konfliktreich gestaltete, was zu zahlreichen Verzögerungen führte. Zum anderen wird die Frage nach dem Entstehungskontext des Schlossviertels, des sogenannten „Kaiserforums“, und dessen Rezeptionsgeschichte untersucht. Dabei wird auf die Rolle der verschiedenen Akteure, insbesondere des Kaisers, im Planungsprozess eingegangen, auch im Vergleich zur Genese des Repräsentationsviertels um den Metzer Bahnhof.

Due to the rapid population and economic growth of many cities in the German Empire, urban expansions became necessary at the turn of the 19^th to the 20^th century. However, in many cases, this required the initial removal of military fortifications. While this is frequently mentioned and described in works on urban history, less attention has been given to the practical implementation of these decisions and the conflicts that arose among the various stakeholders. This article focuses on the process of the second urban expansion in Poznań, from the planning stages to the end of the city’s affiliation with Prussia in 1918, against the backdrop of other urban expansions in the German Empire. The article relies primarily on the nearly fully preserved but largely unexplored records of the Building Department of the Magistrate of the City of Poznań, which is currently housed in the local State Archives. The direct records of the Royal Commission for the City Expansion of Poznań, responsible for implementing the expansion since 1904, are likely considered lost. Additionally, documents from the involved Prussian and Imperial authorities, now located in the Secret State Archives in Berlin and the Federal Archives in Berlin-Lichterfelde, were consulted. The estate of Josef Stübben, the commission’s chairman, located in the City Archives of Cologne, was also utilized, along with publications from the local press.
The article addresses questions such as: Who were the actors involved? What conflicts arose among them, and what attempts were made to resolve them? How was the urban expansion financed, and how was the change assessed by the press? The thesis put forth is that the collaboration between the Magistrate and the City Expansion Commission was fraught with conflict, leading to numerous delays. Additionally, the article explores the context of the development of the Castle Quarter, known as the Kaiserforum, its history of reception and the role of various actors, including the Emperor, in the planning process, also in comparison to the genesis of the representative quarter around Metz railway station.